Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Mondscheinjammer

Mondscheinjammer

Titel: Mondscheinjammer Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marie Hoehne
Vom Netzwerk:
woran erkannte man überhaupt einen Vampir? Vielleicht lebten ja viele direkt unter uns. Der Gedanke war irgendwie alles andere als beruhigend.
    "Und dann? Was passierte dann?", fragte ich schnell weiter.
    "Er biss nicht gleich zu. Eigentlich redete er sogar ziemlich viel. Ich hörte ihm gar nicht richtig zu, ich wollte nur nach Hause. Ich dachte, er hätte irgendwie zu viel getrunken, so wie ich, weil er ständig wiederholte, dass ich meine Heimatstadt niemals hätte verlassen dürfen und so. Ich hatte ja keine Ahnung, wie Recht er damit hatte." Er kickte ungehalten einen kleinen Stein vor sich her. "Ich habe früher nie gut zugehört, niemandem, auch meinem Großvater nicht." Seine Hände ballten sich zu Fäusten. "Doch es ist wichtig, seinen Mitmenschen die Aufmerksamkeit zu schenken, die sie verdienen. Es ist so verdammt wichtig!"
    "Dass du dich jetzt deswegen geißelst, ist aber auch nicht gerade hilfreich."
    Er nickte zustimmend, dann fuhr er fort: "Das Gift ist schmerzhaft, und es wirkt schnell. Verdammt schnell. Sobald sich seine Zähne in dich bohren, bist du wie gelähmt. Es tötet dich binnen von Minuten, es sei denn, du wirst verwandelt. Doch die Vampire - wir Vampire", verbesserte er sich zähneknirschend. "Wir verlieren die Kontrolle über unsere Sinne, wenn wir erst einmal mit dem Trinken angefangen haben. Es ist fast wie eine Art Trance. Es ist sozusagen die einzige Schwäche dieser…" Er sah an sich hinunter. "Die einzige Schwächer dieser sonst so perfekten Waffe."
    "Und wie wird man verwandelt?" Ich war mir nicht sicher, ob ich es wirklich wissen wollte.
    "Blut. Du musst das Blut eines Vampirs trinken."
    "Du hast sein Blut getrunken?" Angewidert verzog ich das Gesicht.
    Xander zuckte die Achseln. "Das einzige, an was ich mich noch erinnere, ist sein Lachen. Er lachte wie ein Verrückter. Es hat ihm so viel Freude bereitet. Er hat dabei immer wieder den Namen meines Großvaters gerufen. Völlig absurd war das."
    "Und was passierte dann?", fragte ich atemlos.
    "Ich wachte in dieser Gasse auf. Es war immer noch dunkel und alles tat irgendwie weh. Meine Muskeln brannten, doch weißt du, was das Schlimmste war?"
    Ich schüttelte den Kopf.
    "Das Schlimmste war der Durst." Er seufzte schwer, und ich tastete unwillkürlich nach meinem Hals.
    Er lächelte freudlos. "Du solltest langsam wissen, dass ich dir nie etwas tun würde. Ich hatte damals nicht die geringste Ahnung, was da eigentlich gerade mit mir passiert war. Ich wollte nur heiß duschen und schlafen. Doch als ich den Campus erreichte, ging die Sonne langsam auf. Meine Haut fing sofort an zu rauchen. Ich wäre dabei fast drauf gegangen. Ich habe es gerade so geschafft. Mein Mitbewohner schlief noch. Ich…" Er brach ab. "Du solltest ins Haus gehen, es ist spät."
    "Hast du ihn etwa?" Mein Mund war ganz trocken vor Aufregung.
    "Nein!" Energisch schüttelte er den Kopf. "Ich wäre dazu viel zu schwach gewesen. Die Sonne und die Verwandlung… Sie war noch nicht ganz abgeschlossen. Das geht nicht so schnell. Normalerweise wird man dabei auch nicht wach. Ich habe bis heute keine Ahnung, warum ich überhaupt wieder zu mir gekommen bin."
    "Was soll das heißen?"
    "Das soll heißen, dass ich, als ich das nächste Mal die Augen aufschlug, in einer Leichenhalle lag. Mein Mitbewohner hatte mich ohne Herzschlag und blutüberströmt auf dem Teppich vor seinem Bett gefunden und Alarm geschlagen."
    "Das ist ein Scherz." Ich wusste nicht, ob ich lachen oder weinen sollte.
    "Leider nein. Sie verständigten meine Familie, und ich wurde noch am selben Tag nach Nebraska überführt und hier begraben."
    Ungläubig sah ich ihn an. "Das ist nicht dein Ernst!"
    "Glaubst du mir nicht? Wollen wir nachsehen? Mein Großvater hat von da an jede Nacht auf dem Friedhof auf mich gewartet. Er war der einzige, der wusste, dass ich zurückkommen würde. Meine Mutter erlitt einen Nervenzusammenbruch, als ich tatsächlich eines Nachts auf einmal wieder vor ihr stand. Ja, und seitdem verstecken sie mich hier in Parkerville. Als ob das etwas bringen würde."
    "Gab es keine Autopsie?"
    Er schüttelte den Kopf. "Mein Großvater überredete meine Eltern dazu, die Beerdigung möglichst schnell zu veranlassen. Die Todesursache war ja ganz eindeutig Blutverlust." Er zog eine Grimasse.
    "Hattest du nie…das Verlangen, dich wie ein richtiger Vampir zu verhalten?" Wollte ich ernsthaft eine Antwort auf diese Frage? Wir standen allein mitten in der Nacht auf dem Hof meiner Eltern. Natürlich,

Weitere Kostenlose Bücher