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Mondscheintarif

Mondscheintarif

Titel: Mondscheintarif Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ildikó von Kürthy
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mindestens dreimal gedacht, ich sei schwanger. Kann mich noch gut an meine Panik erinnern und dass ich durch die regelmäßigen Einkäufe von Schwangerschaftstests, Schrundencreme und entspannenden Badezusätzen ein geradezu freundschaftliches Verhältnis zu meiner Apothekerin aufbaute.
    In der Zeit mit Sascha habe ich einige interessante und, wie ich fürchte, absolut typische männliche Eigenschaften kennengelernt. Denn Sascha ist, obschon außerordentlich klug, in vielen wesentlichen Teilen ein typischer Mann.
    Es ist zum Beispiel so, und ich gehe jede Wette ein, dass sich diese Beobachtung verallgemeinern lässt, dass Sascha niemals rannte. Ich fange an, um mein Leben zu laufen, wenn ich einen Feldweg überquere und in fünf Kilometern Entfernung einen Traktor herannahen sehe. Ich brauche grundsätzlich sehr lange,bevor ich mich entscheide, die Straßenseite zu wechseln. Und vor jedem Überholmanöver auf einer Landstraße würde ich mir am liebsten Mut antrinken.
    Sascha hingegen latschte in provozierender Seelenruhe über vollbefahrene, vierspurige Ausfallstraßen. Ich glaube, Männer würden sich lieber überfahren lassen, lieber den Bus verpassen, lieber aus der Ferne mitansehen, wie gerade ihr Auto abgeschleppt wird, als sich dazu herabzulassen, ihren Schritt in unwürdiger Weise zu beschleunigen. Es ist sehr eigentümlich.
    Ebenso erwähnenswert ist die Tatsache, dass Sascha in Anwesenheit von seinen Kumpels Max und Friedhelm zum Raubein mutierte. Es ist so, dass ein Mann unter seinesgleichen zum Männchen wird. Und dann wird er nur ungern durch seine Freundin daran erinnert, dass er noch am Tag zuvor ein anschmiegsamer Puschel war, der sich auf dem Sofa den Bauch kraulen und sich ‹Spatzi› nennen ließ, sich zum dritten Mal ‹Schweinchen Babe› auf Video angeschaut hat und ebenso zum dritten Mal ganz plötzlich was im Auge hatte an der Stelle, wo das Schweinchen krank ist und der Bauer für seinen kleinen Liebling im Wohnzimmer tanzt.
    Ich meine, ich mag das irgendwie. Es ist niedlich. Als Frau ist man immer die einzige Zeugin seiner rührendsten Eigenschaften und kann Drohungen ausstoßen wie: «Wenn du heute nicht mit mir ‹Harry und Sally› guckst, dann sage ich deinem besten Freund, dass du mich manchmal Mausebäckchen nennst.»
     
    Auf mein erstes Treffen mit Dr. med. Daniel Hofmann war ich perfekt vorbereitet. Ich betrat das Restaurant, als wäre ich Madonna, die dort mit einem Journalisten von ‹Vanity Fair› verabredet ist.
    Leider war Dr. med. Daniel Hofmann noch nicht da, um meinen Auftritt würdigen zu können. Mist. Dabei war ich extra zehn Minuten zu spät. Nun konnte ich wohl schlecht meinen bodenlangen Lackledermantel, mit dem ich bei Dr.   Hofmann Aufsehen erregen wollte,anlassen. Wehmütig sah ich ihm nach, als ihn der Ober zur Garderobe schleppte.
    Ich hatte um einen intimen Tisch an einem der hinteren Fenster gebeten. Und einen kleinen Tisch ganz vorne am Eingang bekommen. Da, wo man Frostbeulen an den Waden bekommt, sobald die Tür aufgeht. So ist das Personal in In-Läden. Wenn sie deinen Namen nicht aus der Zeitung kennen, behandeln sie dich, als wolltest du in ihren Räumlichkeiten Feuerzeuge aus Taiwan verkaufen.
    Gerade, als ich mich missmutig niederlassen wollte, trat Dr. med. Daniel Hofmann ein. Bevor er mich begrüßte, begrüßte er den Besitzer des Restaurants.
    «Salvatore! Come sta?»
    «Bene, bene. Grazie, Dottore! Ihre Tisch ist selbstverrrständlich frrrai.»
    «Danke. Ich bin hier verabredet. Die Dame wartet schon.»
    Er nickte in meine Richtung. Salvatore eilte auf mich zu. Ich versuchte, unbeteiligt zu gucken.
    «Signora! Verrzaiung! Warrum aben Sie denn nichtse gesagte? Kommen Sie bitte. Kommen Sie irr entlang zu diese Tische.»
    Er führte uns zu einem intimen Tisch an einem der hinteren Fenster. Mit einer Serviette wedelte er nicht vorhandene Krümel von der Tischdecke und entfernte gleichzeitig diskret das Schild mit der Aufschrift ‹Riservato›.
    «Grazie, Salvatore», sagte ich gönnerhaft. Ich musste mein Gesicht wahren.
    Dr.   Hofmann sah umwerfend aus. Ich sah auch umwerfend aus. Ich hatte die letzten Tage so gut wie nichts gegessen. Aus zwei Gründen:
    1.) Ich wollte an diesem wichtigen Abend Hunger haben. Wenn ich eins gelernt habe, dann ist es, dassMänner Frauen mögen, die richtig zulangen. Das zeugt von Sinnlichkeit und Genussfreude. Wichtig ist natürlich, dass die Frau, obwohl sie gerne isst, dennoch schlank ist. Sonst wirkt sie

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