Mondscheinzauber - Jones, C: Mondscheinzauber - Moonshine
heißgeliebten Kleinwagen durch die hochaufragenden kunstvoll verzierten Tore von Lovelady Hall und steuerte auf einer von hohen Böschungen gesäumten einspurigen Straße auf ihr drei Kilometer entferntes Zuhause zu.
Zuhause …
Genau genommen, dachte Cleo beim kurzen Halt an der zugewachsenen Kreuzung mit dem windschiefen Wegweiser, der jedem, der so fehlgeleitet war, es wissen zu wollen, zeigte, dass man im Umkreis weniger Kilometer nach Fiddlesticks, Bagley-cum-Russet und Hazy Hassocks gelangen konnte, wurde Lovers Knot tatsächlich langsam zu ihrem Zuhause.
Zuhause – dieses Wort hatte zehn Jahre lang stets Dave und die Doppelhaushälfte in Winterbrook heraufbeschworen – wurde nun seltsamerweise gleichbedeutend mit einem von Berkshires kleinsten Weilern.
Einen Kilometer Luftlinie von Fiddlesticks entfernt bestand Lovers Knot aus einer einspurigen Durchgangsstraße, zu beiden Seiten gesäumt von einem Haufen bunt zusammengewürfelter Sozialbauten mit Schieferdächern und Fensterläden, einem Wirrwarr von Cottages rund um einen üppigen grünen Dorfanger, auf dem die Leute plauderten, die Kinder spielten und im Sommer Cricketmatches stattfanden, die Scharen von picknickenden Zuschauern anzogen, und außerdem gab es noch eine Ansammlung an hinter gewundenen Zufahrten versteckten, großen Backsteinvillen sowie einen kleinen Gemischtwarenladen.
An drei Seiten von den Hügeln der Downs schützend umgeben und auf der vierten von dem dichten Gestrüpp des Wäldchens Lovers Spinney war Lovers Knot entweder eines von Englands verborgenen ländlichen Kleinoden oder der letzte Ort auf Erden, an dem ein vernünftiger Mensch würde leben wollen, je nachdem, wie man es sah.
Cleo, die sich allmählich immer mehr dem erstgenannten Standpunkt näherte, fuhr lächelnd auf den Wohnwagenpark von Lovers Knot zu.
»Wohnwagengesocks?«, hatte Cleos Mutter gekreischt, als ihr der Umzug nach Lovers Knot verkündet wurde. »Du willst Wohnwagengesocks werden?«
Und Cleo hatte gelacht und eingewandt, da die gesamte Familie Moon in einem zweistöckigen Sozialbau an der Bath-Road-Siedlung in Hazy Hassocks aufgewachsen war, fände sie es keineswegs angemessen, dass ihre Mutter sich so abfällig über Wohnwagen ausließ.
»Aber dein Vater und ich haben unser Haus inzwischen gekauft «, hatte Mrs Moon sich aufgeplustert. »Du hättest es doch sicher genauso machen können? Du hattest ein hübsches kleines Fleckchen in Winterbrook. Du brauchst deine eigenen vier Wände, Cleo, und nicht eine Blechschachtel auf einer Wiese bei, also, vermutlich dem letzten Abschaum.«
Und Cleo, die mit dem Statusdenken ihrer Mutter sowie der kapitalistischen Haltung ihrer sozial schrecklich ehrgeizigen Brüder noch nie ganz auf einer Linie gewesen war, hatte nur die Schultern gezuckt und gar nichts gesagt. Und seit sie in den Wohnwagenpark gezogen war, hatte sie keinerlei Kontakt mehr zu ihrer Familie.
Und nun, dachte sie, als sie vorsichtig über die tiefen Spurrillen der engen Zufahrt des Wohnmobilplatzes manövrierte, war Lovers Knot ihr Zuhause, und wenn sie überleben wollte, mussten sämtliche Anwandlungen von Sehnsucht nach Dave und der Doppelhaushälfte in Winterbrook oder nach ihrer Familie in Hazy Hassocks und ihrem früheren Leben eisern in die Vergangenheit verbannt werden.
Der Ort mit dem hochtrabenden Namen »Lovers Knot Caravan-Park«, der für Cleo ursprünglich Bilder ausgedehnten waldigen Ackerlands, taufrischer Wiesen, sprudelnder klarer Bäche und Zeltlagerromantik wie in den Romanen von Enid Blyton heraufbeschworen hatte, bestand in Wirklichkeit aus einer kleinen und eher trostlosen zementierten Fläche am Rande des Dörfchens.
Er beherbergte zwei Dutzend Mobilheime, eine Mischung aus Einzel- oder Doppelwohneinheiten, aufgestellt in vier Reihen je sechs, jedes umgeben von einem kleinen umzäunten Garten mit Autostellplatz samt einem Schuppen für die Gasflaschen.
Die Gasflaschen hatten Cleo bei ihrem neuen Projekt am meisten Angst gemacht. Bei der Aussicht, riesige LPG-Behälter herumzuwuchten und an geheimnisvolle Rohrleitungen mit selbst Einstein verwirrenden Messgeräten anzuschließen, um ihre Heizung und ihren Herd zu betreiben, war ihr ganz schön mulmig gewesen.
Aber sie hätte sich keine Sorgen zu machen brauchen.
Beglückt über einen Vorwand, die neue Nachbarin zu besuchen und die intimsten Details ihres persönlichen Hintergrunds auszukundschaften, waren die Bewohner des Wohnwagenparks in Scharen herbeigeströmt
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