Mondscheinzauber - Jones, C: Mondscheinzauber - Moonshine
hoffte Cleo dennoch, als sie die drei wackeligen Stufen erklomm und ihre Eingangstür aufschloss, dass keiner der Nachbarn ihr Kommen bemerkt hatte. Sie hatte niemandem, außer ihrer besten Freundin Doll und Elvi Reynolds von dem Bewerbungsgespräch in Lovelady Hall erzählt – denn es hätte ja sein können, dass sie den Job nicht bekam. Ihr kürzlich erwachtes Bestreben um Selbstschutz machte Überstunden. Wenn die anderen Caravanparkbewohner erspähten, dass sie sich »in Schale geworfen« hatte, hielten sie es für ihr gottgegebenes Recht, bis in alle Einzelheiten darüber informiert zu werden, wo sie gewesen war und weshalb.
Nachdem sie es geschafft hatte, die Tür ungesehen hinter sich zu schließen, streifte Cleo ihre eine gute Jacke ab, kickte ihr eines verbliebenes Paar hochhackiger Schuhe von den Füßen und stieß einen Seufzer der Erleichterung aus. Sie brauchte jetzt einfach erst mal ein bisschen Zeit, um ungestört und ohne massenhafte Kreuzverhöre in Ruhe eine Tasse Kaffee zu trinken und ihre spärliche Garderobe nach passender Bekleidung für eine Privatassistentin durchzusehen.
Wenn ihre Nachbarn diesen Neuigkeitsleckerbissen erst einmal zwischen die kollektiven Zähne bekämen, würden sie die spanische Inquisition in den Schatten stellen.
Mit flinken sparsamen Bewegungen lief Cleo durch die winzigen Räume, wechselte am einen Ende des Wohnwagens in dem hübschen hellgrün-weißen Schlafzimmer, bei dem sie immer an Frühlingsmorgen denken musste, in Jeans und Pullover, überprüfte in dem zwergenhaften, aber vollständig eingerichteten neutralen Wohnzimmer am anderen Ende den Anrufbeantworter – keine neuen Nachrichten – und machte sich Kaffee in der mittig dazwischen liegenden Küche, die wahrscheinlich nicht größer war als eine Schiffskombüse.
Und dies bildete, zusammen mit dem kleinsten Badezimmer der Menschheit, ihre gesamte Behausung.
Einen Vorteil hatte es, wenn man in einem Wohnwagen wohnte, dachte sie, als sie sich nach dem ersten dringend benötigten Mund voll Koffein an das Abtropfgitter gelehnt entspannte, es hatte sie von ihrer angeborenen Unordentlichkeit kuriert. Für Durcheinander war einfach nicht genug Platz. Und als eingefleischte Sammlerin hatte Cleo ihren Lebensstil in einigen Punkten gewaltig ändern müssen: Im Wohnwagen hatte jedes Ding seinen festen Platz, und so lange sie darauf achtete, alles an seinem Ort zu verwahren, war es wunderbar gemütlich und kuschelig.
Da sie das Mobilheim voll möbliert gekauft hatte, hatte Cleo die meisten Sachen aus ihrer Vergangenheit bei Dave und ihrer Nachfolgerin in der Doppelhaushälfte in Winterbrook gelassen; hatte ihre Garderobe auf die Grundausstattung reduziert, ihre Besitztümer in zwei Kisten mit Dingen sortiert, von denen sie sich unmöglich trennen konnte; und gewöhnte sich allmählich daran, dass sie innerhalb von Sekunden von einem Ende ihres neuen Zuhauses bis zum anderen gehen konnte.
»Cleo? Bist du da?«
Cleo stöhnte, doch als sie durch das Milchglas die große schlanke Gestalt Elvi Reynolds’ von nebenan erkannte, lächelte sie. »Ja. Komm rein … das Wasser hat eben gekocht.« Sie löste sich von der Spüle und griff nach einem weiteren Becher. »Pass nur auf, dass dich sonst niemand sieht – einem Massenverhör dritten Grades bin ich noch nicht ganz gewachsen.«
Elvi zog die Tür hinter sich zu und strahlte übers ganze Gesicht. »Und – hast du den Job gekriegt?«
»Hab ich.«
»Ich wusste es. Herzlichen Glückwunsch! Mimi ist natürlich eine ätzende Zicke, aber du wirst schon mit ihr klarkommen. Oh, danke – Kaffee. Genau, was ich brauche, nach drei Stunden Französisch und einem echt fiesen Test über Chaucer.« Elvi grinste und ließ auf dem Weg ins Wohnzimmer Ordner, Taschen und einen Rucksack fallen. »Und gibt es vielleicht auch einen von deinen wahnsinnsleckeren Kuchen?«
»In der Dose«, sagte Cleo und sah die knapp eins achtzig große Elvi mit ihrem schnurgeraden kastanienfarbenen Pagenkopf, dem hochgezogenen Schuluniformrock und den endlos langen Beinen in blickdichten schwarzen Strumpfhosen liebevoll an. »Wie du es allerdings schaffst, eine Figur zu halten wie ein Supermodel, wissen nur die Götter. Ich kannte noch nie jemanden, der so viel isst wie du.«
»Adrenalin, Gene und Stoffwechsel.« Elvi machte es sich mit der Kuchendose auf dem Sofa gemütlich. »Und du machst die besten Kuchen der Welt – es ist also deine Schuld, wenn ich in absehbarer Zeit mein jugendliches gutes
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