MondSilberLicht
Union schlossen?“ Auffordernd sah er mich an.
Krampfhaft versuchte ich mich an die Jahreszahl zu erinnern, doch mein Kopf war vollständig leer.
„1707“, flüsterte Bryan mir zu.
„Danke, Bryan“, sagte Dr. Byrd und wandte sich ab. Leises Kichern klang durch die Reihen.
Ich versank wieder in meinen Gedanken. Ethan hatte das Calum-Thema nicht wieder angeschnitten und war zur Tagesordnung übergegangen. Amelie hatte einige Male versucht, mich auszuquetschen, aber da ich nicht sehr mitteilsam gewesen war, vermied sie das Thema nun. Alle versuchten so zu tun, als wäre nie etwas gewesen. Nur mir tat die Erinnerung so weh, dass ich nachts nur schlecht einschlief. Außerdem hatte ich seit den Geschehnissen am Loch Ness Albträume. Es war immer der gleiche. Ich kannte ihn schon. In der Nacht, in der meine Mutter gestorben war, hatte ich ihn zum ersten Mal geträumt.
Ich schwamm in einem dunklen See und silbern schimmernde Hände griffen nach mir. Algen wickelten sich um meine Beine. Ich wurde unter Wasser gezogen und bekam keine Luft mehr. Ich hielt den Atem an, so gut ich konnte. In dem Augenblick, in dem ich merkte, dass ich das Bewusstsein verlieren würde, wachte ich regelmäßig auf.
Es war eine Warnung. Marias Tod sollte Bestätigung genug sein. Ich war sicher, dass ein Shellycoat dafür verantwortlich war. Es war richtig, Calum zu fürchten, aber es gelang mir von Tag zu Tag weniger.
Das Schulklingeln riss mich endgültig aus meinen Gedanken.
„Sport“, rief Jamie mir zu. „Komm, wir müssen uns beeilen.“ Sie gab Bryan einen Kuss und lief los. Ich stöhnte und verdrehte die Augen. So viel fremdes Glück war schwer zu ertragen. Bryan lächelte mich schief an.
Langsam trottete ich zu meinem Spind, um meine Sportsachen einzuschließen. Ich war fix und fertig. Trotz meiner Bemühungen hatte Amelie mich zweimal beim Badminton geschlagen.
Schon von Weitem hörte ich Valeries zickige Stimme durch den Schulflur hallen.
„Sie will nichts mehr von dir wissen. Aber ich sehe, wie du sie anstarrst.“
Ich war so mit mir beschäftigt, dass ich nicht mitbekam, über wen sie sprach, geschweige denn mit wem. Da war ich schon um die Ecke.
Calum stand da und schaute in seinen Spind, während er ihr antwortete: „Red dir doch nichts ein, Valerie. Das war nichts Ernstes zwischen Emma und mir, ich hab ihr ein paar Gitarrenstunden gegeben. Sonst nichts. Außerdem geht es dich nichts an, wen ich anschaue.“ Er schwieg und setzte nach einer kurzen Pause hinzu: „Sie interessiert mich nicht, hat mich nie interessiert. Ich war nur nett zu ihr.“
Ich blieb wie angewurzelt stehen und starrte ihn an. Meine Bücher entglitten mir und fielen auf den Boden. Ich drehte mich um und lief weg.
„Emma, Em“, hörte ich seine Stimme hinter mir.
Ich lief zum Wagen. Wo zum Teufel steckte Amelie, sie hatte die Schlüssel.
Da war er bei mir, drehte mich zu sich herum, zog mich an seine Brust und vergrub sein Gesicht in meinem Haar. Er stammelte atemlos, aber eindringlich: „Du darfst kein Wort glauben, du weißt, dass es nicht wahr ist. Du musst es wissen.“
Ich erstarrte. Ihn so nah bei mir zu fühlen, verwirrte mich. Tausend kleine Schauer durchströmten meinen Körper. Sein vertrauter Duft raubte mir den Atem. Ich wich einen Schritt zurück und drückte mich gegen den Wagen. Offensichtlich überrascht über seine unbedachte Reaktion ließ er mich langsam los. Amelie kam auf uns zugelaufen, mit meinen Büchern im Arm.
„Was ist los?“ Sie schaute von mir zu Calum.
„Lass uns fahren“, sagte ich hastig und hielt meinen Blick gesenkt. Auf keinen Fall durfte ich ihn jetzt anschauen. Weshalb hatte ich so überreagiert? Er hatte recht, da war nie etwas Ernstes zwischen uns gewesen. Ich versuchte mich zu beruhigen. Ich kletterte auf die Beifahrerseite. Amelie fuhr los und im Rückspiegel sah ich Valerie mit wütendem Blick an der Schultür stehen. Calum stand mit zusammengeballten Händen und finsterem Blick auf dem Parkplatz und rührte sich nicht.
Meine Hände zitterten noch, als wir zu Hause ankamen. Amelie hatte die ganze Zeit keinen Ton gesagt.
„Geht’s?“, fragte sie, nachdem sie eingeparkt hatte. Ich nickte. Sie legte tröstend ihre Hand auf meine.
Ohne in die Küche zu gehen und Hallo zu sagen, lief ich in mein Zimmer. Ich musste allein sein.
Ich lag auf meinem Bett und starrte an die Decke. Amelie klopfte draußen an die Tür.
„Emma, mach schon auf.“
„Komm rein“, rief ich. „Es ist offen.“
„Valerie ist so
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