MondSilberLicht
deshalb bleibt immer ein Rest der Fantasie überlassen.“
„Also mein Vater meint, dass ungewöhnliche Fische wie der Stör für diese Verwechslungen sorgen oder einfach auf dem Wasser treibende Holzstücke“, mischte sich Jamie in das Gespräch ein.
Amelie stieß hörbar verächtlich den Atem aus.
Immer heftiger wurde das Für und Wider diskutiert, ob das Seeungeheuer Mythos oder Wahrheit war. Es bildeten sich zwei Parteien, die untereinander ihre Standpunkte diskutierten. Aidan und einige andere Jungs holten ihre Gitarren aus den Zelten und begannen zu spielen. Calum ließ sich nicht mehr blicken. Wehmütig beobachtete ich, wie die Paare sich zusammenkuschelten und der Musik lauschten.
Das Knistern des Feuers, das leise Gemurmel und die Musik schläferten mich ein. Ich sah ins Feuer und langsam fielen mir die Augen zu.
Mit wackligen Beinen stand ich auf und ging zu unserem Zelt. Ich schaffte es noch, in den Schlafsack zu schlüpfen, da schlief ich auch schon.
Mitten in der Nacht wachte ich auf. Ich rieb mir die Augen. Hatte ich einen Schrei gehört oder hatte ich geträumt? Es war stockfinster im Zelt. Ich tastete nach meinem Handy und hatte Mühe, es in der Dunkelheit zu finden. Als ich es anknipste, sah ich, dass Amelie nicht neben mir lag. Ich stöhnte und konnte mir denken, wo sie war. Aber wo war dann Calum? Das wiederum wollte ich mir lieber nicht vorstellen.
Ich versuchte wieder einzuschlafen und wälzte mich auf meiner Luftmatratze hin und her. Doch der Schlaf kam nicht wieder. Also schälte ich mich aus meinem Schlafsack und zog den Reißverschluss des Zeltes auf. Leise kroch ich hinaus. Die Feuer glühten noch ein bisschen, so dass ich einigermaßen sehen konnte. Ich richtete mich auf und sah mich um. Dann lief ich auf die Feuer zu. Wie aus dem Nichts stand Calum vor mir.
Ich erschrak so sehr, dass ich nach Luft schnappte und einige Schritte zurücktaumelte. Ein besorgter Ausdruck huschte über seine Züge. Im Nu hatte er sich wieder im Griff und funkelte mich böse an.
„Emma, was tust du um diese Zeit hier draußen? Geh wieder ins Zelt“, befahl er in einem Ton, der keinen Widerspruch duldete.
„Du hast mir gar nichts zu sagen“, entgegnete ich aufgebracht. Was bildete er sich ein? Er trat ein paar Schritte an mich heran, so dass nur wenige Zentimeter uns trennten. In seinem Zorn erschien er mir schöner als sonst. Mein Herz fing wie wild an zu pochen.
„Du wirst tun, was ich sage. Ich werde auf keinen Fall dulden, dass du heute Nacht durch das Lager schleichst. Wo wolltest du eigentlich hin?“ Seine Augen verengten sich zu schmalen Schlitzen.
Doch so einfach wollte ich es ihm nicht machen. Wo kam er wohl her?
„Calum, ich kann tun und lassen, was ich möchte. Ich kann nicht schlafen und wollte ein Stückchen laufen.“
„Du wolltest zu Tim?!“ Seine Stimme klang anklagend.
Empört sah ich ihn an. Eine zornige Erwiderung lag mir auf den Lippen. Wie kam er auf so einen verrückten Gedanken?
Unwillig schüttelte ich den Kopf, doch ein Blick in seine Augen hielt mich davon ab, allzu unhöflich zu werden.
„Du wirst auf der Stelle zurück in dein Zelt gehen. Wenn du es nicht freiwillig tust, werde ich dich zur Not da drinnen anbinden. Und du kannst mir glauben, Em, das ist keine leere Drohung.“
Seine Worte klangen mit einem Mal gar nicht mehr wütend, die Farbe seiner Augen wechselte innerhalb von Sekunden von Eisblau zu einem warmen Himmelblau. Mein Widerstand schmolz unter diesem Blick dahin.
Ich drehte mich um, um zurück in mein Zelt zu kriechen, doch einen Rest von Würde wollte ich mir auf jeden Fall bewahren. So stolzierte ich mit hoch erhobenem Kopf zurück und stolperte prompt über den erstbesten Hering, der im Boden steckte. Bevor ich der Länge nach hinschlug, war Calum neben mir und fing mich auf. Er hielt mich fest, zu fest. Mein Herz schlug Purzelbäume und ich war sicher, dass er die viel zu lauten Schläge spüren konnte. Im selben Augenblick ließ er mich wieder los. Benommen kroch ich in mein Zelt und vergrub mein Gesicht in meinem Schlafsack. Würde das nie aufhören? Am liebsten wäre ich wieder rausgelaufen und hätte mich in seine Arme geworfen. Wahrscheinlich hätte er mich für völlig übergeschnappt gehalten.
Bevor ich wieder einschlief, kam mir ein völlig absurder Gedanke. Wie war er darauf gekommen, dass ich mitten in der Nacht zu Tim wollte? Und sein Blick, als er mir das vorwarf. Konnte es sein, dass er eifersüchtig war? Die Schmetterlinge in meinem Bauch
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