MondSilberLicht
Eltern. Ich beneidete ihn nicht um diesen Gang.
13. Kapitel
Ich saß an meinem Tisch und starrte vor mich hin. Die Stimme von Dr. Byrd nahm ich kaum wahr. Seine Worte rauschten an mir vorbei.
Die Wochen nach unserem Ausflug zum Loch Ness waren grausam gewesen. Calum sah mich nicht einmal mehr an. Es war, als wäre ich Luft für ihn.
Ich wollte eine Erklärung, was mit Maria passiert war. Es mussten Shellycoats gewesen sein. Weshalb hatte er das nicht verhindert? Hatte er schon einmal ein Mädchen ins Wasser gelockt und ertrinken lassen? Was wusste ich schon von ihm? Wie gefährlich war er? Wie gefährlich hätte er mir werden können?
In der Schule war für Maria eine Gedenkfeier organisiert worden. Wir waren alle dorthin gegangen. Ich wollte nicht, aber Ethan hatte darauf bestanden. Er machte sich große Vorwürfe, nicht genug aufgepasst zu haben, aber er sprach nicht darüber. Jedenfalls nicht mit uns. Marias Eltern und ihre Geschwister dort zu sehen, brach mir fast das Herz. Es erinnerte mich an den Tod meiner Mutter. Obwohl ich Maria nicht gut gekannt hatte, weinte ich wie alle meine Freundinnen. Aber ich weinte um meine Mutter, um Calum, um mich.
Es dauerte, bis wieder Normalität in der Schule und zu Hause einzog. Die Zeit und der gewohnte Alltag sorgten dafür, dass der Vorfall seinen Schrecken für uns verlor.
Tim hatte aufgegeben und hing mir nicht mehr ständig am Rockzipfel. Amelie bestürmte mich regelmäßig mit dem Vorschlag, mich mit diesem oder jenem Jungen zu verabreden. Aber ich wollte davon nichts hören, mein Bedarf war vorerst gedeckt.
Mittlerweile wurde es draußen Herbst, die Tage wurden kälter und nebeliger. Den anderen machte dieses feuchte Wetter nicht so viel aus wie mir. Doch es war nicht nur die Kälte draußen, die mir zu schaffen machte. Die echte Kälte war in meinem Inneren und diese ließ sich nicht mit einem warmen Kaminfeuer vertreiben.
Das Feuer im Haus brannte den ganzen Tag und es gab nichts Schöneres für mich, als mich in einen Sessel zu kuscheln und in die Flammen zu starren. Dieses untätige Herumsitzen hatte allerdings den Nachteil, dass meine Gedanken ständig um Calum kreisten.
Die Sehnsucht nach ihm wurde von Tag zu Tag schlimmer. Mittlerweile war ich sicher, dass er mir nie etwas angetan hätte. Hätte er sonst in dieser Nacht am See vor meinem Zelt gesessen, um mich zu beschützen? Doch was konnte ich tun? Meine Ablehnung war überdeutlich gewesen. Ich hatte auf sein Geständnis, was er wirklich war, genauso reagiert, wie er befürchtet hatte. Ich hatte ihn weggestoßen.
Ich musste versuchen mich abzulenken, um die Tage ohne ihn zu überstehen. Ich begann wieder mit Peter zu zeichnen und hockte trotz der beißenden Kälte stundenlang dick eingemummelt mit ihm auf den Klippen, um das tosende Meer auf mein weißes Papier zu bannen, und je deprimierter ich wurde, umso besser wurden meine Bilder. Abends kochte ich mit Bree zusammen oder spielte mit Hannah und Amber Karten. Am Wochenende schleppte Amelie mich regelmäßig mit in den Pub, um mich auf andere Gedanken zu bringen. Calum kam nie.
Das Training mit dem Schwimmteam war jedes Mal eine Folter für mich. Ich wagte es nicht, ihn anzusehen, und er ignorierte mich. Wie leicht es ihm fiel, dachte ich, wenn ich ihn plaudernd mit Valerie oder einem anderen Mädchen des Teams am Beckenrand stehen sah.
Wir hatten mittlerweile zwei Wettkämpfe absolviert. Calum und ich hatten beide gewonnen. Aber das Schwimmen hatte seinen Reiz für mich verloren, so dass ich mich nicht darüber freuen konnte. Allerdings wollte ich das Team nicht verlassen, aus Angst, ihn noch weniger zu sehen.
Wenn ich ihm zufällig in der Schule begegnete, war nur Eiseskälte in seinem Blick.
Ich beobachtete ihn, wenn er es nicht bemerkte. Er hatte sich verändert. Seine Augen hatten nicht mehr die Farbe eines warmen Sees, sondern die von kaltem blauen Eis. Auch wurde er immer blasser, was sicher daran lag, dass es unablässig regnete.
Sollte ich versuchen, noch einmal mit ihm zu reden? Ich traute mich nicht. Sein Blick verursachte mir Unbehagen, so distanziert und fremd war er.
„Emma, ist alles in Ordnung mit dir?“ Die Worte von Dr. Byrd drangen nur langsam in mein Bewusstsein. Ich war mit meinen Gedanken ganz woanders gewesen.
„Du bist blass. Ist dir nicht gut?“
„Doch, doch“, stammelte ich verlegen und sah, dass alle mich neugierig anstarrten.
„Gut, dann kannst du uns sicherlich sagen, wann Schottland und England den Act of
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