MondSilberTraum (MondLichtSaga) (German Edition)
gehörte er den Undinen. Und die Undinen hatten nicht verlernt, sich seiner Macht zu bedienen.
Ich wandte mich Amelie zu. Gedankenverloren blätterte sie in dem Buch. Ich ging zum Tisch zurück und setzte mich ihr gegenüber.
»Warum kannst du nicht schlafen?« Vorsichtig zog ich das Buch aus ihren Händen und legte es neben mich.
»Ich mache mir Sorgen.«
Erstaunt sah ich Amelie an. Meine immer gut gelaunte Cousine machte sich Sorgen. Ausgerechnet an einem Ort, an dem sie umgeben war von bildschönen Elfen. Womöglich war sie krank?
»Sorgen?«, fragte ich. »Denkst du, dass es hier nicht sicher ist? Ich glaube nicht, dass Elin uns hierher folgen kann.«
»Eigentlich mache ich mir Sorgen um Joel.«
»Weshalb?« Jetzt machte ich mir Sorgen.
»Raven hat uns doch erzählt, dass sie hier einen Kriegsrat abhalten.«
»Und?«
»Emma, Kriegsrat kommt von Krieg. Sag bloß, du hast keine Angst um Calum?«
Jetzt verstand ich und sah Amelie erschrocken an. »Du meinst, sie haben vor, gegen Elin und seine Männer zu kämpfen?«
Bisher hatte ich bei dem Wort Kriegsrat eher an endlose Debatten gedacht. Wie naiv von mir.
Amelie verdrehte ihre Augen. »Na, was denkst du denn, was die da planen? Ein Murmelspiel?«
Ich ließ meinen Kopf auf die Tischplatte fallen. Wie hatte ich bloß so begriffsstutzig sein können.
»Solange Calum verletzt ist, brauchst du dir um ihn ja keine Sorgen zu machen«, versuchte Amelie mich zu beruhigen. Erfolglos.
»Denkst du, er lässt sein Volk allein in einen Krieg ziehen? Wohl kaum«, erwiderte ich mit Panik in der Stimme.
»Wir müssen das verhindern, Amelie. Diesen Krieg können sie nicht gewinnen.«
»Sie werden nicht auf uns hören. Und was für eine Wahl haben sie schon? Ich will mir nicht vorstellen, was in so einem Kampf alles passieren kann.«
»Du magst ihn sehr, oder?«, fragte ich.
»Joel? Klar mag ich ihn, aber nicht so, wie du denkst. Ich kann mich doch unmöglich in einen Shellycoat verlieben.«
Ich zog meine Augenbrauen nach oben.
Amelie grinste mich an. »Du darfst das nicht falsch verstehen, Emma. Ich mag Wasser. Ehrlich. Zum Trinken und zum Baden. Aber das war es dann auch. Auf eine dermaßen aussichtslose Beziehung kann ich mich nicht einlassen. Trotzdem mache ich mir Sorgen um ihn. Er wird sich in diesen Kampf stürzen, ohne über die Konsequenzen nachzudenken.«
Ich nickte. Genau das würde Joel tun.
Ich stand auf und stellte die Gläser in die Spüle. Amelie reichte mir mein Buch.
»Hast du eigentlich etwas Interessantes darin entdeckt?«, fegte sie.
Ich schüttelte den Kopf, froh, dass sie nicht nachhakte.
Gemeinsam gingen wir die Treppe zu den Schlafzimmern hinauf.
»Schlaf gut«, sagte ich zu Amelie.
»Du auch.« Sie versuchte zu lächeln, aber es fiel kläglich aus.
Calum schlief tief und fest. Ich verstaute das Buch zwischen meinen Sachen. Morgen würde ich die Geschichte noch einmal lesen. Ich hatte etwas übersehen, dessen war ich sicher. Ich kuschelte mich an Calum unter die warme Decke. Das Einschlafen fiel mir, mit den düsteren Gedanken, die Amelie in meinen Kopf gepflanzt hatte, schwer.
Nach dem Frühstück trafen ein Mann in mittleren Jahren und eine junge Frau ein. Es stellte sich heraus, dass es sich um einen der Heiler der Elfen mit seiner Gehilfin handelte. Ehrfürchtig begrüßten wir den Mann. Amber kicherte, als sie ihn sah, und flüsterte Hannah etwas ins Ohr. Ich konnte mir denken, was sie lustig fand. Der Heiler hatte dunkelgrünes, halblanges Haar. Auch ihm war Ambers Kichern nicht entgangen und er zwinkerte ihr freundlich zu. Ich führte ihn zu Calum ins Zimmer und ließ die drei allein.
Nachdem er Calums Wunde behandelt hatte, kam er zu uns in die Küche. Bree bot ihm einen Platz und einen Becher Wasser an.
»Die Wunde ist gut verheilt. Calum muss sich noch etwas schonen, damit die Narbe nicht wieder aufreißt. Trotzdem wäre es gut, wenn er kleinere Spaziergänge unternehmen würde. Es ist ungesund, die Muskeln solange zu schonen. Sicher wird er euch heute Abend in den Palast begleiten können.«
Ich brachte ihn und seine Begleiterin zur Tür und lief die Treppe nach oben. Calum stand vor dem Spiegel, der im Zimmer hing, und begutachtete die schmale, noch rote Narbe, die sich über seinen Bauch zog. Die dünnen Fäden, mit denen die Wunde genäht worden war, waren deutlich zu erkennen. Offenbar hatte der Heiler auf einen neuen Verband verzichtet. Stattdessen hatte er Calum aufgetragen, die Narbe täglich mit einer
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