MondSilberTraum (MondLichtSaga) (German Edition)
Salbe einzureiben. Ich steckte meine Nase in den Tiegel, den Calum mir hinhielt.
»Es riecht blumig«, befand ich und reichte ihm das Töpfchen zurück. »Der Heiler meint, dass du kleinere Spaziergänge machen solltest, damit du nicht einrostest.«
Calum griff nach seinem T-Shirt.
»Dann wollen wir dich nicht weiter auf die Folter spannen. Eine schönere Stadt als Leylin hast du noch nicht gesehen.«
Er musste sich auf mich stützen, um die Treppe herunterzukommen. In der Küche stand Amelie. Sie stand an der Spüle und wusch das Frühstücksgeschirr ab. Neben ihr, mit einem Trockentuch bewaffnet, stand Joel und grinste uns entgegen. Er musste gerade angekommen sein und trotzdem hatte Amelie ihn schon in Beschlag genommen.
»Ich wollte längst kommen und euch begrüßen«, entschuldigte er sich. »Aber ich musste Calum im Rat vertreten, solange er krank ist.« Er sah seinen Freund prüfend an. »Zum Glück sieht es so aus, als würdest du in den nächsten Tagen deinen Job wieder selbst übernehmen können.«
Ich umarmte ihn und flüsterte ihm ein »Danke. Das vergesse ich dir nie« ins Ohr.
»Keine Ursache«, flüsterte er zurück. »Ich konnte ihn ja schlecht da drin lassen.«
»Wir gehen in die Stadt«, verkündete Calum den beiden. »Es wird Zeit, dass Emma sieht, wohin es sie verschlagen hat.«
Er legte einen Arm um meine Schulter. »Habt ihr zwei Lust mitzukommen?«
»Warum nicht.« Amelie zog den Stöpsel aus dem Spülbecken und das Wasser bahnte sich blubbernd seinen Weg nach draußen.
Sie drückte Joel die letzte nasse Tasse in die Hand und verschwand mit einem: »Bin sofort wieder da.«
»Dann können wir beruhigt noch einen Tee trinken. Das wird dauern«, prophezeite ich.
Ich durchsuchte die offenen Küchenregale, die sich über zwei Wände zogen. In einer kleinen Steingutschüssel mit Deckel wurde ich fündig. Das braune Pulver erinnerte an schwarzen Tee und auch der Geruch war ähnlich. Ich war sicher, dass Bree gestern aus eben diesem Pulver Tee für uns gezaubert hatte. Ich füllte großzügig ein Tee-Ei, hängte es in eine bauchige blassblaue Kanne und goss heißes Wasser darüber.
»Hast du etwas von deinem Vater gehört, Joel?«, fragte ich, nachdem wir es uns am Tisch gemütlich gemacht hatten.
»Nein, leider nicht. Ich hoffe, dass er bald kommt und am Rat teilnimmt.«
Joel rührte in seiner Teetasse. Der Löffel klirrte laut an den Tassenrand.
Amelie kam die Treppe herunter gesprungen. Bei ihrem Anblick verschluckte ich mich an dem Tee, den ich gerade getrunken hatte. Sie hatte gestern erwähnt, dass sie auf dem Markt etwas zum Anziehen erstanden hatte und dass ich mir ebenfalls unbedingt etwas kaufen müsste, aber das, was sie da trug, war kaum dazu geeignet, damit auf die Straße zu gehen. Jetzt wusste ich auch, woher Raven ihre merkwürdigen Vorstellungen von Klamotten hatte.
Calum lächelte, während es Joel die Sprache verschlagen hatte. Zu allem Überfluss drehte Amelie sich in diesem engen, feinen Nichts vor ihm, wohl in der Hoffnung auf ein Kompliment.
Joel brummte etwas Unverständliches und stapfte an ihr vorbei in Richtung Ausgang. Amelie grinste und lief ihm hinterher. Joel war noch nicht an der Haustür angekommen, da hatte sie sich schon bei ihm untergehakt.
Calum legte einen Arm um mich und langsam folgten wir den beiden. Ich vermutete, dass Calum beim Laufen noch Schmerzen hatte, denn er war ungewöhnlich schweigsam.
8. Kapitel
So sehr ich versuchte, all das Neue und Wunderbare, das Leylin bereithielt, zu erfassen, so war ich sicher, dass mir das in hundert Jahren nicht gelingen würde.
Wir liefen an bunten, dicht aneinandergedrängten Häusern vorbei. Erst bei Tageslicht konnte ich die vielen unterschiedlichen Farben erkennen. Kinderlärm drang aus den Gärten, die neben oder hinter den Häusern lagen. Überall grünte und blühte es. Selbst an den Hauswänden wuchsen wunderschöne Blumen und ringelten sich über die gepflasterten Straßen. Überall gab es kleine Springbrunnen. Vor vielen Häusern standen Bänke aus Holz, auf denen entweder ergraute Elfen saßen oder Töpfe mit Blumen und Kräutern platziert waren. Wir liefen an schmalen Bächen vorbei, die zwischen den Häusern dahinplätscherten. Holzbrücken spannten sich darüber, deren Geländer mit Duftwicken und Efeu zugerankt waren. Ein Duft von süßem Honig lag in der Luft. Holztreppen führten uns einige Stufen hoch oder hinunter und halfen die Höhenunterschiede zwischen den Gassen zu
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