Mondspiel: Novelle (German Edition)
mit gewohnter Beredsamkeit die Achseln. »Ich kann doch nicht zulassen, dass dir etwas zustößt. Dann hätte ich die Kinder am Hals.« Sie zwinkerte Tara zu, während sie sich von ihrem Mann umarmen ließ. In seinen Armen wirkte sie, als gehöre sie dorthin.
Tara grinste sie an. »Du beginnst uns zu mögen.«
»Hüte dich bloß«, warf Jessica ein, »sie rauben dir Jahre deines Lebens. Meiner Meinung nach siehst du das ganz richtig, Brenda, keine Kinder und keine Tiere.« Ihr Blick blieb auf Trevor geheftet, während sie ihn langsam befreiten. Jetzt streckte er vorsichtig die Beine. Sie konnte ihn mit Dillon reden hören. Seine Stimme zitterte immer noch, aber er hielt sich tapfer und lachte leise über eine Bemerkung seines Vaters.
»Brenda, würde es dir etwas ausmachen,Tara zum Haus zurückzubringen? Es ist schon so dunkel. Sie sollte ein Bad nehmen, und wenn ich zurückkomme, gibt es heiße Schokolade. Sie ist nass und voller Schlamm, und sie zittert, ob sie es weiß oder nicht«, sagte Jessica.
»Du auch«, wandte Brenda unerwartet sanft ein.
»Ich komme gleich nach«, versprach Jessica. Sie drückte Taras Hand. »Danke, dass du uns alle so schnell geholt hast, Schätzchen, du warst wunderbar.«
»Wir bringen sie heil nach Hause«, beteuerte Robert und setzte sich, einen Arm um Brenda und den anderen um Tara geschlungen, in Bewegung.
Jessica stieg zu Dillon hinunter, der neben Trevor kniete und den Jungen von Kopf bis Fuß nach gebrochenen Knochen, Kratzern und blauen Flecken abtastete. Seine Hände glitten unglaublich sanft über seinen Sohn.
Trevor war schmutzig, aber er grinste die beiden an. »Gut, dass ich dünn bin«, scherzte er und tätschelte Jessicas Schulter, weil er wusste, dass sie vor den Augen aller in Tränen ausbrechen würde, wenn er sie umarmte, und dann bekäme er wirklich Ärger.
»Ihm fehlt nichts, bis auf ein paar blaue Flecken und Beulen. Morgen wird ihm jeder Knochen wehtun«, teilte Dillon den anderen mit. »Danke für eure Hilfe.« Er lehnte sich zurück und wischte sich mit einer zitternden Hand den Schweiß von der Stirn. »Du hast mein Leben um ein paar Jahre verkürzt, mein Sohn. Das kann ich mir nicht leisten.«
Paul sammelte die Schaufeln auf. »Das kann sich keiner von uns leisten.«
»Fühlt euch nicht allein«, sagte Trevor. »Es kam mir vor, als sei der ganze Hügel auf mich gerutscht, und in den ersten Minuten war mein einziger Gedanke, dass ich lebend begraben bin. Und das ist keine angenehme Vorstellung.«
Jessica trat zurück, um Paul Platz zu machen. Dillon und Paul zogen Trevor auf die Füße. Der Junge wankte ein wenig, doch er stand aufrecht da und grinste wie gewohnt. »Jess, mir fehlt wirklich nichts, begreif es doch.«
Dillon beobachtete, wie ihr Mienenspiel und ihre Fassung aus den Fugen gerieten, als sie Trevor ihre schmalen Arme um den Hals schlang und den Jungen an sich zog. Dieser wirkte in keiner Weise verlegen, als er sie umarmte und sein Gesicht an ihrer Schulter begrub. Ihr Umgang miteinander war locker, natürlich und liebevoll. Dillon verspürte bei diesem Anblick ein Brennen in seiner Brust und hinter seinen Augen. Eine entsetzliche Sehnsucht brach aus heiterem Himmel über ihn herein, riss seine Schutzmauern ein, entblößte sein Herz und ließ ihn verwundbar zurück.
Ein Teil von ihm wollte auf die beiden losgehen wie ein verwundetes Tier. Ein anderer Teil von ihm wollte beide umarmen und sie schützend an sich drücken, damit sie in Sicherheit waren. In Sicherheit. Die Worte hatten einen bitteren Nachgeschmack. Einen Moment lang starrte er die zwei an, während sein Herz klopfte und das Adrenalin strömte. In seinen blauen Augen funkelte die Gewalttätigkeit, die immer dicht unter der Oberfläche zu brodeln schien.
Ehe Dillon sich von ihnen abwenden konnte, hob Jessica den Kopf, und ihre Blicke trafen sich. Er verlor sich sofort in der Freude auf ihrem Gesicht. Ihr Lächeln war so strahlend wie die Sonne, wenn sie durch die Wolken bricht. Sie hielt ihm ihre Hand hin. Er starrte auf ihre zarten, kleinen Finger hinunter. Eine Brücke, die ins Leben zurückführte.
Später schwor Dillon, dass er sich nicht von der Stelle gerührt hatte, aber da stand er jetzt und nahm ihre Hand in seine. Seine Handschuhe waren schmutzig, aber das schien sie nicht zu merken, als sich ihre Finger um seine schlossen. Als er sie berührte, war er in ihrem Zauber
gefangen und verlor jeden Realitätsbezug. Er fühlte sich magnetisch von ihrem Körper
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