Mondsplitter
passiert.«
»Können Sie schon irgendwas sehen, Keith?«
»Nein. Der Horizont ist in Licht getaucht. In allen Richtungen. Ich wünschte, ich hätte eine Kamera, um es Ihnen zu zeigen. Aber soweit ich sehen kann, hat sich da draußen nichts verändert.«
»Wie hoch sind Sie?«
»Ich weiß es nicht. Sehr hoch. Vielleicht sechstausend Meter.«
Sie waren eher an fünftausend Meter, als einen Augenblick später das Licht explodierte.
Der Einschlag erfolgte um 22:35:17 Uhr Ostküsten-Sommerzeit.
Die Welt sah durch ihr Arsenal aus Orbitalteleskopen zu. Was sie sah, ähnelte weniger einem großen Meteoreinschlag als einem Blitzschlag. Tomiko hatte den Himmel ausgefüllt, die Linsen, hatte im Blickfeld geschwebt, bis es einfach nichts mehr gab außer dem Kometen. Und dann sank er lautlos herab, keinesfalls als riesiger Brocken aus Gestein und Eis oder als Sternschnuppe von gigantischen Proportionen. Vielmehr war es ein Blitz, der in der Mondlandschaft explodierte, den Verwitterungsboden und das Gestein darunter schmolz, den Mantel zermalmte und auf Hunderte von Kilometern rings um die Aufschlagstelle alles verdampfte.
Der Mond krümmte sich.
Der Kometenkern drang tief in den Boden ein, ehe er in einem gewaltigen Feuerball detonierte, der den Mondmantel auf eine Tiefe von über sechshundert Kilometern schmolz und den äußeren Kern freilegte. Schockwellen zuckten mit Tausenden von Stundenkilometern durch das Mondinnere. Der Feuerball breitete sich über der aufbrechenden Oberfläche aus, bewegte sich scheinbar in Zeitlupe, bis er den ganzen Mond umfaßte, in sich barg, verschlang. Tony sah ihn kommen. Von seiner Position aus war es eine Feuerwand, die aus dem Norden heranbrauste. Er spürte die plötzliche Stille in der Passagierkabine, sah die Mondlandschaft unter sich aufbrechen, sah Alphonsus im Boden verschwinden. Ein Staubvorhang rollte über die schäumende Szenerie, und das abgedunkelte Flugdeck wurde von rotem Licht erhellt.
Der Mikrobus floh vor dem Feuer, kämpfte sich mit konstanter Beschleunigung von einem g durch den Raum. Die Sensoren explodierten in einem Wirbelsturm aus Ping- und Pieplauten. Trümmer prasselten an den Rumpf. Der Mikrobus schaukelte und sackte ab und brach aus, ein Blatt, das von einem ungeheuren Wind mitgerissen wurde. Ein Rad löste sich, und eine Warnlampe leuchtete auf.
Feuer füllte den Himmel aus.
Es versengte Tonys Augen und leckte über die Blase, die das Flugdeck enthielt.
Saber schaltete das Warnsignal aus. »Die Außentemperatur steigt«, sagte sie.
Tony nickte und verzichtete auf eine sarkastische Bemerkung.
Etwas traf sie an der Unterseite und schleuderte sie hoch, so daß Tony der Kopf in den Nacken flog. Schotte und Decks knarrten.
»Eine Wasserleitung«, sagte Saber. »Im Frachtraum.«
Das bedeutete, daß Bigfoot naß wurde. »Schalte sie ab«, sagte Tony.
»Erledigt.«
Die Feinsteuerdüsen zündeten in hektischen Sequenzen, versuchten die Fluglage zu stabilisieren.
Tony wurde in die Gurte gerissen und in den Sitz zurückgeschleudert. Der Mikrobus schlingerte und stürzte und stieg wieder. Der Sturm riß ihn mit sich, eine Stahlblase in einem Meer aus Feuer.
Morleys laufende Reportage ging vom Mikrobus an einen Satelliten und von dort ins New Yorker Studio, wo man sie mit dem Sendersignal kombinierte und an Tonys Konsole zurücksendete. Das Signal war jetzt jedoch ausgefallen, was nicht überraschen konnte. Der Monitor, auf dem die Transglobal-Sendung lief, war ein Blizzard aus Störimpulsen. Tony überlegte, den Journalisten zu informieren, daß er nicht mehr durchkam und genausogut aufhören konnte, entschied sich aber dagegen. Die Reportage hielt Morley beschäftigt und diente den anderen vielleicht als Sicherheitsanker.
»Triebwerk überhitzt«, meldete Saber.
»Roger.« Sollte es doch überhitzen. Sie hatten Glück, wenn nichts Schlimmeres passierte.
Irgendwas in der Maschine gab mit einem Knall den Geist auf.
»Passagierkabine«, informierte ihn Saber. »Der KV.« Das war der Kühlmittelverteiler. Kein Grund zur Sorge.
Ein Tentakel aus geschmolzenem Gestein klatschte auf die Pilotenkanzel. Das Glas bildete Blasen. Tony öffnete seinen Kanal zum Laderaum. »Bigfoot, bist du okay?«
»Toller Flug, Tony.«
»Ich tue, was ich kann. Wir sind fast draußen.«
Saber blickte zu ihm herüber. Die Welt draußen war reines Feuer. »Was macht dich so optimistisch?«
»Wir müssen einfach, so oder so. Viel mehr können wir nicht einstecken.«
»Triebwerk
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