Mondsplitter
und blickte durch die Bäume nach oben. Wo vorher der Mond gestanden hatte, zeigte sich jetzt eine blutrote Wolke, von inneren Flammen erhellt. Sie wurde größer und warf ein rötliches Licht über den Wald.
Das AstroLab war überlaufen von Menschen aus Küstengebieten und auch von einigen Einheimischen, die fanden, daß es für den heutigen Abend der richtige Platz war. Feinberg hatte sich mit mehreren unterhalten. Niemand gab zu, an ernste Gefahren für die Welt zu glauben; und doch waren sie jetzt hier, ein gutes Stück im Binnenland. Lieber in Sicherheit, als später etwas bedauern, sagten sie ihm. Das amerikanische Motto: Sicherheit zuerst.
Er sah Taschenlampen auf dem Parkplatz. Menschen drängten sich zusammen, verfolgten das Ereignis, machten »oh« und »ah«. Rufe wie »Sieh dir das an!« und »Es ist schön!« drangen durch die Nachtluft. Lagerfeuer brannten auf den Bergen der Umgebung und weiter unten auf den Picknickplätzen. Gelegentlich wurden Blitzlichter sichtbar, wo Leute versuchten, Aufnahmen vom Ereignis zu machen.
Einstufen-Raumfähre Rom, Passagierkabine, 143.000 Kilometer von Luna, 22 Uhr 38
Tashi Yomiuri hatte sich überlegt, ob sie die gleiche Nummer durchziehen sollte wie Keith Morley, aber letztlich folgte sie dem gesunden Menschenverstand. Als sie jetzt auf ihrem Monitor die Eruption betrachtete, wußte sie, daß es die richtige Entscheidung gewesen war, ordentlich auf Distanz zu diesem Inferno zu gehen. Morleys Sendung war soeben an der Quelle abgebrochen worden, und während Bruce Kendrick daherredete, als könne man die Verbindung jeden Augenblick wiederherstellen, glaubte Tashi, daß ihr Kollege umgekommen war. Posthum ein Pulitzerpreis? Möglich. Wahrscheinlich. Aber diesen Preis wollte sie nicht zahlen.
Die Sender hatten eine Vereinbarung getroffen und allesamt die Morley-Reportage übernommen. Tashis Produzent in New York hatte sie angewiesen, sich bereitzuhalten, da Morley nicht mehr im Spiel war. »Wir möchten detailliert hören, was passiert«, sagte er. »Du bist so dicht dran wie nur jemand.« Er klang freudig erregt. »Was siehst du? Wie reagieren die Passagiere? Verliert irgend jemand die Nerven?«
Sie wußte eigentlich nicht, was passierte. Von den Ereignissen wußte sie nur, was die Sender zeigten.
Wenige Minuten zuvor hatte sie einen Blitz draußen vor dem Fenster gesehen, wie bei einem Sommergewitter, aber jetzt sah sie nichts weiter als ein Leuchten auf ihrem hochgeklappten Tablett. Eben hatte sie Rick Hailey interviewt, den Presseberater des Vizepräsidenten, der vorn in der Maschine saß. Es war jedoch relativ uninteressant gewesen. Hailey war zu erfahren für leichtfertige Äußerungen. Die Regierung würde angemessen reagieren, versicherte er ihr, und die Nation könnte sich glücklich schätzen, zu diesem kritischen Zeitpunkt eine starke Führung zu haben. So was in der Art.
Das Interview mit Slade Elliott war viel besser verlaufen. Er hatte sie überrascht und zugegeben, daß er, klar doch, Angst hätte; gälte das nicht für jeden? Er hätte jedoch mit dem Piloten John Verrano gesprochen, und dieser hätte einen sowohl kompetenten wie zuversichtlichen Eindruck erweckt.
Ob er jetzt gern die Shadow dabei gehabt hätte? Die Shadow war das mit Bewußtsein begabte Fernsehsternenschiff, mit dem Captain Pierce und seine komische Besatzung durch die Galaxis streiften. »Sicher«, lächelte er. »Ein Flug wie dieser wäre für die Shadow ein Klacks.«
Tashi entdeckte auch zwei Secret-Service-Agenten aus der Gruppe des Vizepräsidenten, den großen Typen, der Sam hieß, und eine attraktive junge Frau, die wie die personifizierte Unschuld aussah.
Einige Plätze in der Maschine waren frei geblieben, so daß Yomiuri Zugang zum Zwischengang hatte. Sie hatte eine Kamera dabei, und falls das Raumschiff ins Schaukeln geriet, konnte sie ein paar tolle Aufnahmen machen und vielleicht recht erfolgreich aus der Sache hervorgehen.
Nur Minuten, nachdem Morleys Signal verlorenging, tauchte sie live im Pacific News Network auf. Sie schilderte die Stimmung an Bord und erfand dabei viel, denn die Stimmung war nicht einheitlich. Einige Leute nahmen die Gefahr bloß nicht zur Kenntnis, während andere entsetzt reagierten. Tashi malte jedoch ein Bild von Passagieren, die entschlossen durchhielten, weil das im Fernsehen gut herüberkam und weil es ohnehin nicht allzuweit von der Wahrheit entfernt blieb, falls man einen Durchschnitt bildete.
Die Bordsprechanlage
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