Mondsplitter
und die Bürger schmissen eine stadtumspannende Party, die bis weit in den Abend dauerte. Bis dahin war der Schatten schon lange weitergezogen, zuerst auf den Nordatlantik hinaus und dann ganz vom Planeten fort.
Inzwischen hatte Wesley Feinberg Tomiko Harringtons Entdeckung bestätigt, daß tatsächlich etwas Neues am Himmel aufgetaucht war.
»Empfehle Maßnahmen, um das Objekt genau zu bestimmen«, lautete sein Bericht.
Wahrscheinlich ein Komet mit geringem Perihelabstand, erklärte er Windy Cross am Telefon.
Unglücklicherweise hatte sich das Ding wieder ins grelle Licht der Sonne zurückgezogen. Kein optisches Teleskop vor Ort war da im Moment von Nutzen. Aber Windy hatte noch andere Möglichkeiten.
Mondbasis, Main Plaza, 13 Uhr 11
Tische waren auf dem freien Platz aufgestellt und mit Speisen beladen worden. Evelyn ergriff die Gelegenheit und bedankte sich bei denen, die von so weit her gekommen waren, um dieses Ereignis mit den Menschen der Mondbasis zu teilen. Sie überreichte dem Vizepräsidenten und vielen der übrigen Gäste Erinnerungsplaketten. Als die Zeremonie vorbei war, gingen die Teilnehmer in etwa ein halbes Dutzend Läden und Bistros davon, die anläßlich der Feierlichkeiten ihre Tore geöffnet hatten.
Eine Straßenbahn fuhr durch einen der Parks. Rick sah ihr zu, erinnerte sich dabei an die Sommerbusse, mit denen er als Junge am Lake Michigan gefahren war, und blickte zum Hauptquartier der Mondbasis hinauf. Ein Fahrstuhl kam herunter. Ein paar Arbeiter legten letzte Hand an einen Laternenmast. Ein weiterer Arbeiter installierte eine Fahrstuhltür, und zwei Kollegen untersuchten das Gitternetz über der Zentralschlucht.
Rick fühlte sich besser als jemals in den letzten dreißig Jahren. Die Mondschwerkraft brachte Wohlbefinden mit sich, ein schieres Überschäumen des Temperaments. Wer dieses Gefühl in Flaschen füllen könnte, erklärte Rick dem Vizepräsidenten, könnte damit ein Vermögen machen.
Danach gesellte er sich zu den Journalisten, spendierte ihnen Drinks, unterhielt sich mit ihnen beiläufig über die Zukunftspläne des Vizepräsidenten, erklärte ihnen, warum die Nation von dessen Führung profitieren würde, und tat, kurz gesagt, sein Bestes, um sich ihrer Unterstützung im kommenden Wahlkampf zu versichern. Das war eine durch und durch erfreuliche Aufgabe. Rick war für Geselligkeit geboren. Er mochte die Journalisten wirklich; sie wußten es und neigten deshalb ganz von selbst dazu, Dinge in seinem Sinne darzustellen. Natürlich nicht bewußt, aber trotzdem geschah es. Rick Hailey war ein Typ, den jeder von ihnen gern zum Abendessen eingeladen hätte, selbst wenn er keine Quelle aus Regierungskreisen gewesen wäre. Vor allem diese Kameradschaft mit den Medien machte Rick für einen Kandidaten so wertvoll.
Sorgfältig achtete er auch darauf, offizielle Pressesprecher nicht zu vernachlässigen. Zum gegenwärtigen Anlaß würde der Medienrepräsentant der Mondbasis Interviews geben, und Rick wollte Einfluß auf das nehmen, was dabei gesagt wurde. Deshalb legte er Wert darauf, sich im Büro für Öffentlichkeitsarbeit vorzustellen und Interesse an der dort geleisteten Arbeit vorzugeben. Möchten Sie gern unseren kleinen Winkel der Mondbasis besichtigen, Mr. Hailey?
Natürlich wollte er das. Hier haben wir die Abteilung für Videoproduktionen, und das ist die VIP-Koordinierungsgruppe. Während sie durch die Ausbildungseinrichtung spazierten (von derselben Person geleitet, die dem Pressebüro vorstand), erblickte Hailey eine bemerkenswerte junge Frau. Sie hatte grüngefleckte graue Augen und blondes Haar, und sie betrachtete ihn mit einer Neugier, an die sich Vertraute des Vizepräsidenten längst gewöhnt hatten.
»Wer ist das?« fragte er seine Begleitung unschuldig.
»Oh, nur eine der Kommunikationstechnikerinnen.«
Damit ließ er es bewenden. Es wäre unschicklich gewesen, weiter zu insistieren.
Dann war sie weg, mit einem Stoß Papiere in einer Hand zur Tür hinaus verschwunden.
Richard Daley Hailey genoß das prickelnde Blendwerk der Politik, in der Schönreden mehr Macht hatte als Geld. Deshalb hatte er auch in seinem PR-Job freigenommen und war Wahlkampfleiter geworden, als ein Onkel von ihm für den Stadtrat kandidierte und Rick um Hilfe gebeten hatte.
Er entschied, welche Themen sie in den Vordergrund stellten (Müllabfuhr und Straßenreparaturen), welche Aspekte der Verdorbenheit ihrer Gegner sie herausstrichen (Vetternwirtschaft und Rachsucht), um
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