Mondsplitter
eigenen.«
Sie drehte die Vergrößerung hoch. »Kein nennenswerter Schweif.« Er war hauchzart. Kaum zu erkennen.
Windy schüttelte den Kopf. »Ich frage mich, ob wir ihn schon mal gesehen haben.«
Tory rief das Verzeichnis regelmäßig wiederkehrender Kometen auf und leitete eine Suche ein.
»Negativ«, sagte sie nach einer Weile. »Den kennen wir noch nicht.«
Kapitel Zwei
Mondbasis
Dienstag, 9. April
1.
Mondbasis, Speiseraum des Direktors, 7 Uhr 15
Charlie erfuhr beim Frühstück von dem Kometen. Er saß mit etwa einem Dutzend weiteren speziellen Gästen zusammen, als Slade Elliott das Thema zur Sprache brachte. Der Kommentar klang lässig dahingesagt und wirkte nicht besonders wichtig. Für Charlie und die meisten übrigen VIPs war ein Komet ein Licht am Himmel, auf das man mal einen Blick werfen konnte, wenn man sich zufällig auf einem dunklen Straßenabschnitt befand. Es erschien ihm jedoch passend, daß die Information von einem Mann stammte, der sein Vermögen verdient hatte, indem er den draufgängerischen Captain eines fiktiven Sternenschiffs spielte.
Evelyn nutzte das Frühstück, um Jack Chandler vorzustellen, der erster Direktor der Mondbasis werden sollte. Chandler war stämmig, ernsthaft, reserviert. Er schien sich nicht ganz wohl dabei zu fühlen, die Hände prominenter Persönlichkeiten zu schütteln, aber er strahlte ruhige Kompetenz aus. Als Politiker wäre er keinen Pfifferling wert gewesen, aber der Vizepräsident spürte, daß er sich als Administrator gut schlagen würde. Was Chandler allerdings gebrauchen konnte, fand Charlie, war ein guter Berater für öffentliche Angelegenheiten. Jemanden wie Rick. Der Direktor der Mondbasis würde sich zum politischen Wesen mausern müssen, ob ihm das nun gefiel oder nicht.
Als sie die Tafel aufhoben, brachte Charlie Evelyn in Verlegenheit. »Sie könnten mir einen Gefallen tun«, sagte er.
»Nennen Sie ihn.«
»Ich möchte nach draußen.«
Sam Anderson verlor den größten Teil seiner Farbe und schüttelte heftig den Kopf. Charlie hatte für die Reaktion des Senioragenten nur einen verständnislosen Blick übrig.
»Auf die Oberfläche?« fragte Evelyn.
»Natürlich. Auf die Oberfläche.«
Sie zögerte. »Haben Sie Erfahrungen mit Druckanzügen?«
Sam sah aus, als würde er gleich explodieren.
»Ihre Leute können es mir zeigen«, sagte Charlie.
»Herr Vizepräsident, wir erlauben niemandem hinauszugehen, der mit der Ausrüstung nicht gründlich vertraut ist.«
»Wie lange braucht man, um sich damit gründlich vertraut zu machen?«
»Normalerweise einige Tage. Wir führen eine Ausbildung durch und nehmen eine schriftliche und eine praktische Prüfung ab. Und eine körperliche.«
Charlie seufzte. »So lange bleibe ich nicht hier.«
Evelyn lächelte mitfühlend. »Was, denken Sie, würde man mit mir machen, wenn ich den Tod eines Vizepräsidenten zu verantworten hätte?«
»Ihnen einen Orden verleihen.«
Sie blendete ihn mit einem strahlenden Lächeln. »Das denke ich nicht.«
Ein Mitarbeiter suchte schon seit einiger Zeit ihre Aufmerksamkeit. Sie wandte sich kurz ab, setzte ihre Unterschrift auf ein Klemmbrett und sah dann wieder Charlie an. Ihre Miene war jetzt sehr ernst. »Es ist ein Risiko«, stellte sie fest, »das ich lieber nicht eingehe. Darf ich fragen, warum Sie hinausgehen möchten?«
Weil ich das schon immer tun wollte und hier vielleicht die letzte Gelegenheit dazu habe. »Ich komme vielleicht nie wieder hierher zurück«, sagte er.
Sie musterte ihn ausgiebig. »Wann möchten Sie diese Torheit durchziehen?«
Charlie fühlte sich wie ein Schuljunge vor einer Lehrerin, die sein Ansinnen mißbilligte. Wie schwierig war es wohl, sich an das Herumspazieren in einem Druckanzug zu gewöhnen? »Wann es Ihnen paßt«, antwortete er.
Sie seufzte. »Ihnen ist hoffentlich klar, daß ich das für keine gute Idee halte.« Sie sah kurz Sam an und versicherte sich so eines Zeugen für die künftige gerichtliche Untersuchung. »Allerdings«, ergänzte sie, »würde ich an Ihrer Stelle auch gern diesen Ausflug machen.« Sie ergriff seine Hand, und es wirkte auf ihn seltsam elektrisierend. »Wir können es gleich machen, wenn Sie möchten.«
Ja, entschied Charlie, das wollte er sehr gern. Er rief Rick an und befahl ihm, die Vormittagstermine abzusagen. Rick war natürlich entsetzt.
Auch Sam war unzufrieden. »Tut mir leid, Sir, ich kann das nicht zulassen. Es wäre ein Verstoß gegen das
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