Mondsplitter
Gesellschaft, die sich immer mehr über persönliche Moral sorgte, während nur noch eine von sechs Ehen Bestand hatte.
Der Boden war grau und bröckelig. Die Reiseführer behaupteten, der Mond hätte sich seit etwa drei Milliarden Jahren kaum verändert. Auf dem Mond gab es weder Vulkanismus noch ein Klima, noch Wind, um Dinge hin und her zu bewegen. Es war eine Welt, auf der nie etwas geschah, außer daß gelegentlich ein Felsbrocken einschlug.
Charlie stieg wieder auf die Fußgängerbrücke hinauf und sah sich auf der flachen Ebene um. »Ich dachte, die Mondbasis läge in einem Krater«, sagte er.
Evelyn stand hinter ihm, so daß er eine ungestörte Aussicht hatte. »Das ist auch so. Aber es ist ein großer Krater auf einem kleinen Mond. Alphonsus durchmißt hundertsiebzehn Kilometer. Wir sind hier im Zentrum des Kraters, und die Wände liegen alle hinter dem Horizont. Sie sind jedoch da. Falls Sie möchten, können wir hinüberfahren.«
»Ja«, sagte Charlie. Er musterte Evelyn lange und wünschte sich, er hätte ihr Gesicht sehen können. »Sie würden es gern machen, nicht wahr?«
Sie lachte in sich hinein. »Ich denke, Sie haben mich ertappt«, sagte sie. »Aber ja. Mit der Erlaubnis des Vizepräsidenten können wir daraus eine Spritztour machen.«
»Unbedingt«, sagte Charlie. Er blickte zum Horizont hinüber. »Ich frage mich, ob wir den Kometen von hier aus sehen können.«
Evelyn schwieg, und die Stimme des Technikers ertönte im Funkgerät. »Nein, Sir, er ist von der Mondbasis aus nicht sichtbar.«
»Schade«, meinte Charlie.
2.
Beaver-Meadow-Observatorium, 9 Uhr 30
Wesley Feinberg stornierte seinen Rückflug und blieb im Beaver Meadow. Hoxon stellte ihm ein Büro und einen Computer zur Verfügung, und Feinberg nahm mit Kitt Peak, der NASA, Zelenchukskaya und zwanzig weiteren Institutionen Kontakt auf. Inzwischen war natürlich die ganze astronomische Gemeinde aufmerksam geworden und bemühte sich, den Kometen festzunageln. War er mit irgendeinem bereits verzeichneten Himmelskörper identisch? Wie groß war er? Welchem Kurs folgte er?
Am schnellsten kam man dem Objekt auf die Spur, wenn man herausfinden konnte, wo es zum Beispiel im Januar oder Februar gewesen war. Dann könnte man die Flugbahn bestimmen. Der Komet mußte eigentlich schon zu Beginn des Jahres sichtbar gewesen sein. Es ging also nur um eine gründliche Suche.
Bislang reichten die verfügbaren Daten nicht einmal für eine intelligente Vermutung darüber aus, wo der Komet am Winterhimmel vielleicht aufgetaucht war. Feinberg arbeitete methodisch; er rief im Computer Himmelsabschnitte ab und verglich sie mit der Datenbank. Dabei hoffte er, ein Objekt zu finden, daß nicht dorthingehörte. Die Bilder waren von ACCDs erstellt worden, von Advanced Charge-Coupled Devices, alle in großen Teleskopen rings um die Welt und im Orbit montiert. Die Bilder waren viel schärfer als die Fotos, mit denen Feinberg zu Beginn seiner Karriere, Ende des vergangenen Jahrhunderts, gearbeitet hatte.
Er wußte, daß eine Armee von Profis und talentierten Amateuren das gleiche tat wie er, aber er war nicht daran interessiert, auf anderer Leute Ergebnisse zu warten. Obwohl er es abgestritten hätte, sah er die Angelegenheit als Wettkampf und wollte sehr gern der erste im Ziel sein. Er ließ sich immerhin nicht so leicht von jedem Lichtpunkt ablenken, der nicht in den Katalog paßte. Nachdem Feinberg jedoch die ganze Nacht gearbeitet hatte, stand er mit leeren Händen da. Das war verständlich. Was er jedoch nicht verstand, war, daß auch niemand sonst etwas herausgefunden hatte.
Feinberg arbeitete bis sechs Uhr früh an der Sache, bis er an der Tastatur einzudösen begann. Schließlich gab er auf, requirierte eine Couch in einem Allzweckraum und schlief dort bis zum Mittag. Inzwischen hatten mehrere Forschungsstellen positive Ergebnisse gemeldet. Nach kurzem Hinsehen verwarf Feinberg diese ›Entdeckungen‹ jedoch als Überreste verschrotteter Erdsatelliten, als zwei bekannte Asteroiden und in einem Fall als stellaren Nebel.
Am späten Nachmittag lag immer noch nichts vor.
Merkwürdig. »Das ist sehr schwer zu verstehen«, erklärte er Hoxon, der selbst ein wenig symbolisch nachgeforscht hatte.
Der Direktor pflichtete ihm bei. Er war ein schwatzhafter, hakennasiger Typ, der die meiste Zeit damit zubrachte, öffentliche Touren zu organisieren, und an echter Astronomie bemerkenswert wenig Interesse zeigte. Hartnäckig führte er
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