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Mondsplitter

Mondsplitter

Titel: Mondsplitter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack McDevitt
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legte eine wahre Grabesstimmung an den Tag. Auf keinen Fall darf dieser blöde Mistkerl mit den Medien reden, überlegte sich Henry. Wer hat den nur angeschleppt? Er fand jedoch, daß die Angehörigen seines Kabinetts und seine Berater ebenfalls düster dreinschauten.
    »Bevor wir fortfahren«, sagte Henry, »gestatten Sie mir ein Wort der Warnung. Wir müssen darauf achten, was wir außerhalb dieses Zimmers sagen. Die Mondstory ist bereits bekannt, aber die öffentliche Reaktion wird in hohem Maße von dem Ergebnis unserer Konferenz abhängen.« Das stimmte natürlich nicht. Henry wußte, daß die Medien den entscheidenden Einfluß ausübten, daß sie darüber entscheiden würden, was sie mit dieser Story anfingen. Aber er war darauf angewiesen, daß seine Leute ihren Teil beisteuerten. Und besonders den Außenstehenden wollte er verdeutlichen, welche Vorsicht sie bei ihren Äußerungen walten lassen sollten. »Wenn wir hinausgehen und vor Kameras reden, dann sollten wir daran denken, welche Wirkung unsere Worte haben. Die Lage wird über die nächsten Tage ohnehin schon schwierig genug; da wollen wir doch nicht auch noch mit einer Panik konfrontiert werden, falls wir es vermeiden können.« Er sah, wie der Außenminister das Wort Panik mit seinen dünnen Lippen formte, als wäre ihm dieser Gedanke bislang gar nicht gekommen. Henry schob sich auf seinem Stuhl zurück und zog einen goldenen Füller aus einer Innentasche der Jacke. »So, Al. Warum stellen Sie uns Ihre Gäste nicht vor?«
    Kerr nickte. »Professor Alice Finizio vom Forschungslabor für Düsentriebwerke.« Eine Afroamerikanerin mit einer Bifokalbrille, die mit einer Silberkette am Revers befestigt war. Der orangefarbene Blazer der Wissenschaftlerin erschien dem Präsidenten etwas knallig; Henry fand, daß die inneren Werte und nicht die Kleidung Aufmerksamkeit wecken sollten. Finizio war eine schlanke Frau mit silbernem Haar, wahrscheinlich an die siebzig. Sie erinnerte ihn recht nachdrücklich an seine verstorbene Großmutter. Kerr bezeichnete sie als Astronomin.
    »Und Professor Wesley Feinberg vom AstroLab.« Das erklärte, warum ihm das Gesicht vertraut vorgekommen war. Feinberg war einer der führenden Wissenschaftler, hatte wenigstens einen Nobelpreis erhalten und war kürzlich auf dem Titelblatt von Time oder Newsweek aufgetaucht. Er war auch einmal Gast bei einem Abendessen im Weißen Haus gewesen, obwohl sich Henry nicht erinnerte, daß er mit ihm gesprochen hätte.
    Feinberg war dünn und klein und wirkte verschlafen. Das kurze graue Haar war auf dem schon teilweise kahlen Schädel zurückgekämmt. Feinbergs Gesicht schien anzudeuten, daß er Wichtigeres zu tun hatte.
    »Ich möchte Sie beide begrüßen«, sagte der Präsident. »Wir danken Ihnen, daß Sie sich die Zeit genommen haben, um heute mit uns zu reden. Ich bin sicher, daß Sie den Personen am Tisch bereits vorgestellt wurden.« Er wußte, daß das nicht zutraf, aber es war egal. »Mercedes«, sagte er, »wie weit sind wir?«
    »Wir berechnen die Chance, daß Tomiko den Mond trifft, inzwischen auf siebenundneunzig Prozent.«
    »Irgendwelche Einwände?« Das galt den Gesichtern auf dem Wandmonitor.
    Finizios Augen waren nur noch Schlitze. »Ich denke, es sind eher neunundneunzig Komma sechs Prozent. Soweit ich es überblicke, steht das nicht mehr in Frage.«
    »Okay.« Henry holte tief Luft. »Er schlägt also ein. Was bedeutet das?«
    »Falls er so herankommt, wie wir erwarten«, sagte Feinberg, »zerklatscht er den Mond.«
    Finizio bestätigte die Einschätzung, indem sie schwieg.
    »Tut mir leid«, sagte Jessica McDermott, die Verteidigungsministerin. »Das habe ich nicht verstanden. Was meinen Sie mit zerklatschen?« McDermott war Generaldirektorin von Rockwell gewesen, ehe sie ins Pentagon wechselte. Sie war in den Sechzigern.
    »Es bedeutet, daß es nach Samstagabend wahrscheinlich keinen Mond mehr gibt.«
    Die Männer und Frauen am Tisch rutschten unbehaglich hin und her. Stühle knarrten, und Leute räusperten sich. Harold Boatmann, der Verkehrsminister, blickte zu einem Portrait des lächelnden Harry Truman hinauf. »Ich schätze, wir kommen auch ohne Mond klar«, meinte er. »Treten noch andere Konsequenzen ein?«
    »Der Mond«, antwortete Feinberg, »verwandelt sich wahrscheinlich in eine Masse aus losem Geröll, Plasma, Staub und Gas. Wir können damit rechnen, daß ein Teil der Trümmer auf uns stürzt.«
    Alle Augen richteten sich auf den Präsidenten. Henry spürte, wie

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