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Mondtaenzerin

Mondtaenzerin

Titel: Mondtaenzerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederica de Cesco
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geheimnisvolle Weise verändert; wir waren Fremde, die sich entdeckten. Ich hielt lange die Augen geschlossen. Peters heiße, harte Nähe, sein beschleunigter Atem machten mich leicht benommen. Er legte ein Knie zwischen meine Schenkel, schob meine Beine auseinander. Ich sperrte mich aus irgendeinem Grund, mein Körper war steif, ich vibrierte nicht, bevor ich endlich nachgab. Die tastenden, packenden Bewegungen seiner Hände und Lippen
erregten mich. Ich schlang die Beine um seinen Rücken, öffnete mich tief, wurde feucht. Als er in mich eindrang, leistete ich keinen Widerstand mehr, rieb mich an ihm, und mein Becken war breit und warm, nachgiebig wie Wasser. Es war ein miteinander Verschmelzen, ein gemeinsames Versinken in warme, weiche, dunkle Gewässer. Wir schaukelten und wiegten uns endlos, wie auf dem Meer. Ich spürte ihn so nahe, so stark, unsere Vereinigung war so schwindelerregend, neu und trotzdem vertraut, dass mir war, als ob sich vor meinen Augen, meinen Armen, eine Traumgestalt formte. Auch Peters Blicke waren in der Ferne entrückt, auf einen Punkt gerichtet, irgendwo ganz nahe oder weit weg, in einer anderen Dimension. Und ohne dass wir es aussprachen, hatten er und ich nur Giovanni im Kopf.
    Jahre später würde ich zu ihm sagen: »Du weißt, dass ich mit Giovanni geschlafen hatte. Du wolltest Giovanni übertreffen, ihn aus meinem Körper vertreiben. Das war es doch, oder?«
    Und er würde antworten, mit großer Offenheit und Wärme: »Für Giovanni hatte ich Empfindungen, die ein Junge für einen anderen nicht haben sollte. Ich litt sehr darunter und empfand es als Strafe für etwas, das nicht sein sollte.«
    »Das ist doch Unsinn«, würde ich sagen. »Du konntest ja nichts dafür. Es war nicht deine Schuld.«
    »Nein, natürlich nicht. Und Giovannis Schuld schon gar nicht.« Peter würde geistesabwesend sprechen, tonlos und mit einer Stimme, die sich selbst erbittert geißelte. »Ich glaube, er wusste überhaupt nicht, was für Gefühle er in einem Menschen weckte. Und ich schäme mich sehr, dass ich es auch nicht wusste.«
    Ja, es waren harte, aufrichtige Worte, die er aussprechen würde – Worte, die für einen Atemzug in der Luft hingen, bevor sie im Wind verwehten.

27. Kapitel
    B is heut e beschäftigt mich die Frage, wie sich unsere Freundschaft so lange halten konnte. Die Erfahrung sagt mir, dass Gefühle, und seien sie noch so intensiv, vergänglich sind. Es wäre unklug zu glauben, irgendetwas auf dieser Welt sei von Dauer. Das macht mich nachdenklich, traurig kaum noch, wozu auch? Zu Anfang – und auch später, in London – materialisierte sich Giovanni oft in meinen Träumen. Ein Scheinbild, für mich aber vollkommen präsent. Das Scheinbild sah mich mit dunklen Augen an, ich berührte seine linke Braue, den kleinen weißen Flaum, und er nahm meine Hand und legte sie auf seinen warmen Bauch. Aber nur einen Augenblick lang. Dann gesellte sich das Scheinbild wieder zu den Geistern, und ich war nicht Viviane und konnte sie nicht herbeiholen. Sie kamen freiwillig oder überhaupt nicht.
    Als ich zum Studium nach London kam, fand ich die Stadt bunt, lärmend, hektisch und trübselig. Ich war ganz auf mich selbst gestellt, fühlte mich gleichermaßen verloren und gefangen. In den ersten Tagen balancierte ich auf den Straßen, von einem Bürgersteig zum anderen, langsam, schwankend und vorsichtig wie im Zirkus, bis ich mich eingewöhnt hatte und das Ganze mechanisch ablief. Belinda, der das Wohnheim gehörte, das wie eine WG funktionierte, war eine freundliche Frau, die stets geblümte Hauskleider und falsche Perlenschnüre um den Hals trug. Sie hatte ein liebenswertes weiches Gesicht, das in der Kinnpartie schlaff wie rosa Stoff herabhing. Ihre Lippen waren stets geranienrot geschminkt, ihr Lächeln
herzerwärmend. Sie hatte das Haus geerbt, es umbauen lassen und die zehn Zimmer an Studenten und Künstler vermietet. Drei Stockwerke, und auf jeder Etage nur ein Badezimmer, grün gestrichen. Geheizt wurde mit einem Boiler, den ich selbst anstecken musste. Wenn die Gasflamme nicht sofort zündete, gab es einen Knall, und der Boiler zitterte, dass ich jedes Mal dachte, gleich explodiert alles! Jeder Mieter musste sein eigenes Toilettenpapier mitbringen, sein Handtuch und seine eigene Seife. Jeder hatte einen kleinen Ofen im Zimmer, aber die Küche wurde gemeinsam benutzt. Sie war das pulsierende Herz der WG, Durchgangs-, Gemeinschafts- und Partyraum in einem. Zum Glück war sie sehr

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