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Mondtaenzerin

Mondtaenzerin

Titel: Mondtaenzerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederica de Cesco
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und das Vertrauen, das ich ihm schenkte, war ein Urvertrauen, so zwingend und stark, wie das Neugeborene es empfinden muss, wenn es das Licht der Welt entdeckt und die Arme der Mutter, die es schützend umgeben, bis in die Dunkelheit des Schlafes, der alle Verlassenheit tilgt und Geborgenheit schenkt. Wir schenkten uns Seele und Leib, wälzten uns im zerwühlten Bett, die Laken waren ebenso heiß wie unsere Körper. Ich kroch auf Giovanni, bog seinen Rücken zurück, ich hielt seinen Kopf in meinen Händen, ich drang in seinen Mund ein, hielt ihn mit meinen Lippen ebenso fest, wie ich ihn in der Dunkelheit meines Leibes festhielt. Brennen und Beben in mir lösten einander ab, als überfielen mich Wellen. Die Sonne, die in unserem Fleisch kreiste, war die Sonne des Paradieses; und doch zerfiel sie unaufhörlich, von Seligkeit zu Seligkeit, schrumpfte zusammen mit langsamem Pulsschlag. Meine Ellbogen gaben nach, ich fiel auf Giovannis nasse Brust, meine klebrige Wange an seiner, die Wellen waren noch in meinem Körper, eine innere Wasserkugel, die lebte und atmete, bevor sie allmählich zur Ruhe kam. Danach empfanden wir nur noch Mattigkeit, unsere Haut kühlte ab. Ich stellte eine verschwommene Berechnung auf, um zu sehen, wie viel Uhr es sein mochte; noch blieb uns Zeit, aber die Nacht würde weichen, die Zeit uns durch die Finger rinnen,
ohne dass wir etwas anderes empfinden konnten als das Unausweichliche dieses Verrinnens. Lautlos erhob ich mich, ging in die Küche, trank Wasser in langen Zügen. Dann trat ich wieder ans Bett, reichte ihm das Glas Wasser. Er schlug die Augen auf, setzte sich hoch. Er trank in durstigen Zügen, bevor er mich anlächelte.
    »Denk nicht, dass ich geschlafen habe…«
    Ich erwiderte sein Lächeln.
    »Du hast geschlafen.«
    Er schüttelte leicht den Kopf, widersprach nicht.
    »Oder vielleicht doch, ein paar Minuten. Es tut mir leid.«
    »Du bist müde.«
    Es war eine Feststellung, keine Frage. Er nickte.
    »Ja, sehr. Aber Schlaf kann ich mir eigentlich nicht leisten. Ich versuche mich zu konzentrieren. Die Typen sind wahrhaftig zum Kotzen.«
    »Deine Brüder?«
    Er nickte.
    »Zur Hölle mit ihnen!«
    »Machen sie Schwierigkeiten?«
    »Für sie bin ich es, der Schwierigkeiten macht. Wo ich sie seit meiner Geburt nicht ertragen kann, weder ihren Anblick noch ihre Sprache noch ihren Geruch! Wenn ich an all die Lügen denke, die sie mir auftischen! Und ich muss etwas vortäuschen oder behaupten, was ich nicht fühle und was mir zuwider ist. Zum Beispiel muss ich so tun, als ob ich noch irgendetwas für sie übrighätte. Verdammt, wie mich das langweilt! Ich sitze da und höre mir ihr dämliches Geschwätz an.«
    »Was treiben sie?«
    »Immer dasselbe. Neuerdings mischen sie sich auch in die Politik ein. Sie wollen nicht diskutieren, sie wollen – wie sie sagen – ›aktiv‹ werden. Sie nehmen das Wort ›Freiheit‹ in den Mund, als ob es etwas Heiliges sei, dabei schleusen sie haufenweise Afrikaner ins Land, arme Teufel, die sie vor der Küste
ausladen. Wer nicht schwimmen kann, ersäuft. Aber sie haben Probleme, seitdem die Küstenwache schärfer durchgreift. Der Zigarettenschmuggel läuft auch nicht mehr wie früher. Und dann das Vogelschutzgesetz, die Jagdeinschränkung. Das macht ihnen am meisten zu schaffen. Sie wollen beweisen, dass sie sich von den Behörden nicht einschüchtern lassen.«
    Giovanni sprach wie zu sich selbst, mit einer Art erstickter Wut, ich nahm betroffen die emotionalen Strömungen wahr, die er in Gang setzte.
    »Die Schmierereien auf den Tempelsteinen, was bringt das? Alles ist so überflüssig und albern. Keine Ehre im Bauch! Sie können ja nicht einmal fehlerfreie Drohbriefe schreiben.«
    »Ach so, die Drohbriefe«, murmelte ich und erinnerte mich an das, was mir Adriana erzählte. »Muss man die ernst nehmen?«
    »Sie sind Feiglinge, und deshalb unberechenbar. Daneben wollen sie mich reinlegen. Sie haben einen Teil der Ländereien verkauft und das Geld unter sich aufgeteilt. ›Mir steht ein Anteil zu‹, sagte ich. Sie spielten zuerst die Dummen. Ich sagte: ›Na los, reden wir darüber!‹ Sie antworteten daraufhin: ›Nicht jetzt, später! Wir haben dir geholfen, erinnere dich. Wir nehmen nicht an, dass du in einem Kloster warst. Und jetzt brauchen wir dich.‹ Ich sagte: ›Bei mir ist Know-how nicht gratis.‹ Das macht sie natürlich sauer.«
    »Warum sagen sie, dass sie dich brauchen?«
    »Eben darum, weil sie sich in Politik einmischen. Aber warum

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