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Mondtaenzerin

Mondtaenzerin

Titel: Mondtaenzerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederica de Cesco
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konnte wie für mich. Selbstverständlich war ich nicht so naiv, das zu tun. Aber das Unheil war geschehen. Da Giovanni zuverlässig gefährlich war, wurde Peter sich mit Schrecken bewusst, dass er sich vor ihm fürchtete. Das alles brauchte er mir nicht zu erklären. Und auch nicht, dass die Liebe zu Giovanni nach wie vor unser Leben erfüllte. Aber das war eine Sache der Mystik. Als wir Kinder waren, hatten wir in die Rinde eines Olivenbaums ein Herz geschnitten; darin hatten wir unsere vier Namen geritzt: Peter, Alessa, Vivi, Giovanni. »Vielleicht gab uns die Erinnerung Kraft. Wenn nicht, dann nicht.
    Er schob den Teller zurück.
    »Wie sind jetzt deine Pläne?«
    »Ich habe keine. Ich warte.«
    »Auf ihn?«
    »Er wird wiederkommen.«
    Uns beiden war der Appetit vergangen. Eine ähnliche Unruhe hatten wir bereits früher empfunden. Jetzt aber wurde es bewusster erlebt und zerrte auch viel stärker an den Nerven.
    »Ich dachte, dass du und ich …« Peter sprach den Satz nicht zu Ende, formte jedes Worte mit Mühe. »Wir hatten es doch schön zusammen …«
    Ich beugte mich vor, legte meine Hand auf die seine.
    »Sei mir nicht böse. Denk nicht mehr daran.«
    Er schüttelte heftig den Kopf.
    »Ich bin dir nicht böse. Aber nicht daran denken … ist ganz und gar unmöglich.«
    Ich spürte, wie seine Hand leicht zitterte, und drückte sie fester.

    »Peter, sei ruhig. Er bleibt nicht lange hier. Und soll ich dir etwas sagen? Es ist sehr klug, dass er wieder geht. Er hat sich da draußen in der Welt ein eigenes Leben gemacht. Zwischen dir und mir ändert sich nichts, das verspreche ich dir.«
    Ein schwaches Lächeln flog über sein Gesicht, ein bisschen verschämt, ein bisschen schuldbewusst.
    »Mir war es ja von vornherein klar. Und ich will weiter nicht viel, ihn nur wiedersehen. Weil …weil das jetzt alles vorbei ist.«
    Er war dabei, mir etwas zu sagen, was er eigentlich nicht sagen wollte. Da waren wir wieder, jeder für sich, immer anders und unheimlich in unseren Gedanken. Eine homoerotische Neigung, hatte Viviane damals festgestellt. Ich sagte leise: »Er ist kaum wiederzuerkennen.«
    Peter befreite seine Hand, tastete fahrig nach dem Glas.
    »Aber das ist es ja gerade, warum ich ihn sehen will. Es geht mir nur darum …«
    Sein Gesicht war dunkelrot geworden. Er lehrte das Glas in einem Zug.
    »Mir ist etwas übel.«
    »Warum? Mir kannst du es doch sagen.«
    Er holte tief Atem.
    »Verstehst du, ich muss ihn aus meiner Erinnerung löschen. Sonst nämlich…« Er schwieg abermals, ballte die Fäuste.
    Ich entsann mich an das gemeinsame Leuchten in Peters und Giovannis Augen. Und ich erinnerte mich auch daran, wie warm, vertrauensvoll und offen Giovannis Blick früher gewesen war. Aber das Leuchten in Giovannis Augen war in einem Anderswo erloschen. Und vielleicht war es sinnvoll, dass Peter es sah, dieses Dunkel in Giovannis Blick. Damit er die Veränderung erkannte und nichts mehr zu beweinen hatte. Ich nickte Peter zu.
    »Ich werde ihm sagen, dass du ihn sehen willst.«
    Die Frage war: wann? Peter hatte Kurse und abends die Pizzeria.
Blieb die Notte Bianca , ein paar Stunden nur; aber das genügte. Und Viviane würde auch da sein.
    Und am Ende war es Peter, der den Gedanken aussprach, den ich weder wahrhaben noch zulassen wollte.
    »Vielleicht ist es das letzte Mal, dass wir uns zu viert treffen.«
    Spätabends kam ich in meine Wohnung zurück, fütterte Kenza, die ziemlich ungeduldig maunzte. Auf Giovanni zu warten nützte nicht viel. Er kam – oder er kam nicht, ich musste es darauf ankommen lassen. Außerdem war ich todmüde. Doch bevor ich mich zu Bett legte, brauchte ich ein Orakel. Ich schaltete meinen Computer an und schickte Viviane eine E-Mail. Ich erzählte, dass Giovanni wieder da war und welche Eindrücke ich von ihm hatte. Was nun die Frage betraf, wer er heute war, im Unterschied zu damals …
    Ich formulierte sie in einem kurzen Satz:
    »Glaubst du, er hat einen Mord auf dem Gewissen?«
    Ich übergab die Frage dem Netz, oder dem System, oder dem Äther, im Extremfall war mir das egal. Kalte Kommunikation ist besser als überhaupt keine.
    Ich schaltete den Computer aus, duschte und legte mich schlafen. Ich schlief traumlos und tief und erwachte, als die Morgensonne in den Raum schien und Kenza in ihrem Sandkasten kratzte. Gähnend ging ich ins Badezimmer und stellte die Kaffeemaschine an. Meine Gruppe erwartete mich um neun, ich musste mich beeilen. Als ich gefrühstückt hatte, ging ich

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