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Mondtaenzerin

Mondtaenzerin

Titel: Mondtaenzerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederica de Cesco
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noch mehr als ich«, erklärte Giovanni. »Ich lese ihm oft aus meinem Buch vor. Er wurde am Bauch operiert. Das ist schon das fünfte Mal, dass sie eine Infusion anlegen. Beide Arme sind ganz angeschwollen. Zeig mal her, Steve! Da, siehst du? Schwester Maria sagt, heute muss die Spritze in den Fuß.«
    Steve krümmte sich unter der Decke.
    »Wenn die Schwester nicht gleich richtig trifft, tut es mehr weh als im Arm.«
    »Er hat einen ganz dicken Bauch«, sagte Giovanni. »Und nachts kann er nicht schlafen.«
    »Dann klingele ich nach der Schwester«, sagte Steve, »und die holt mir eine Spritze. Danach schlafe ich.«

    Wie traurig sieht dieser kleine Junge aus, dachte ich, völlig übermüdet und so krank! Ich hatte so viel Mitleid mit ihm und wusste gar nicht, was ich zu ihm sagen sollte. Er hatte eine gelbliche Gesichtsfarbe und kaum noch Haare auf dem Kopf, nur ein wenig Flaum. Ich wandte den Blick von ihm ab und sprach weiter mit Giovanni. Ich hatte ihm noch vieles zu sagen.
    »Hör zu, wir können nicht mehr in die Grabkammern. Meine Eltern sagten, ihr geht nicht mehr da rein. Und mein Vater hat Arbeiter kommen lassen, und jetzt ist alles verschlossen.«
    »Ich hatte eigentlich nie Angst«, murmelte Giovanni.
    »Ich auch nicht. Und jetzt bin ich wütend.«
    »Und Vivi? Und Peter?«
    »Vivi war wirklich böse. Peter sagte, er macht sich nichts draus. Aber das sagt er nur so. Er ist trotzdem wütend.«
    »Ich bin auch wütend«, sagte Giovanni. »Aber was liegt den Erwachsenen schon dran?«
    Aus seinen Worten sprach viel Fatalismus. Wenn die Zeit so dahinrann, spürte man, was sie eigentlich war. Giovanni hatte es lange vor uns begriffen; die Zeit war gnadenlos, sie trug uns vorwärts wie der Strom den Schwemmsand. Da war etwas Unheimliches am Werk. Es gibt Augenblicke, in denen man es fühlt; es ist was da, mit dem man nicht fertig wird. Aber ich wusste nicht, was es denn eigentlich war, und ich wollte es auch gar nicht wissen. Ich hatte Angst davor.
    »Ich gehe nicht mehr nach Hause«, sagte Giovanni plötzlich.
    »Ja, dein Onkel hat gesagt, dass du bei ihm wohnen kannst.«
    »Er hat ein Zimmer, das leer steht. Er sagt, er kauft mir ein Bett und einen Schrank, und ich kann auch bei ihm essen. Und dann wohne ich auch noch in der Stadt und habe keinen langen Schulweg mehr.«
    »Freust du dich?« Er nickte und starrte vor sich hin. Seine Augen waren groß, dunkel und verschwollen.

    »Mein Vater war hier und … und hat die Schwestern bedroht. Dr. Micalef hat ihm die Arztrechnung geschickt, und das Krankenhaus will er auch nicht bezahlen. Zum Glück war Steve gerade in der Therapie, so hat er das alles nicht mitgekriegt. Die Schwestern hatten wirklich Angst vor ihm. Er hat gesagt, alles ist meine Schuld, und wenn ich nach Hause komme, wird er mich grün und blau schlagen, und er schert sich einen Dreck darum, ob ich noch einen Gips trage.«
    »Was ist denn das für einer?«, fragte ich fassungslos.
    »Wer?«
    »Na, dein Vater!«
    Giovanni schüttelte den Kopf.
    »Er ist niemals nett.«
    »Wieso denn nicht?«
    »Einfach so, da kann keiner was machen. Aber es ist mir ganz gleich. Ich habe ja meinen Onkel.«
    »Ja, da kannst du von Glück sagen!«
    Das Wesentliche wusste er noch nicht; ich teilte es ihm mit. Unabänderliche Dinge nahm Giovanni stets mit ruhiger Ergebung auf. Aber dieser Angelegenheit fühlte er sich nicht gewachsen. Fra Beato war eine Respektsperson der höheren Kategorie, und Fort St. Angelo, über dem Hafen von Valletta, sah im schwarzen Dämmerlicht aus, als wäre es hinter Wolken verborgen. Die unbekannte Welt da oben lag nahe am Himmel und war nichts für uns. Dass man uns jetzt geheißen hatte, diesen Himmel zu betreten, war ein bisschen happig für uns alle und für Giovanni ein Schock. Seine Empfindungen erinnerten ihn an einiges, was ihm widerfahren war. Er hatte ein schlechtes Gewissen.
    »Ich will da nicht hin!«
    »Es geht um die Figur, die du gefunden hast.«
    Das hätte ich nicht sagen sollen. Giovanni sog scharf den Atem ein. Er duckte sich wie in Erwartung einer Ohrfeige.

    »Fra Beato wird böse auf mich sein! Vielleicht steckt er mich ins Gefängnis.«
    »Wie kommst du darauf?«, fragte ich und spürte ein unangenehmes Kribbeln im Magen.
    Giovanni blickte mit gehetztem Ausdruck umher.
    »Weil er denkt, dass ich sie gestohlen habe.«
    Giovanni fühlte sich immer schuldig, in irgendeiner Hinsicht, auf irgendeine Weise. Das färbte allmählich auch auf mich ab. Aber ich sagte: »Er

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