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Mondtaenzerin

Mondtaenzerin

Titel: Mondtaenzerin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Frederica de Cesco
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denkt überhaupt nicht so.«
    Ich log, aber das wusste Giovanni nicht. Er entspannte sich ein wenig.
    »Komm«, sagte ich und wollte nichts anderes, als dass er sich beruhigte. »Fra Beato kennt sich gut in den Dingen von früher aus, sagt mein Vater. Ich glaube, er will nur herausfinden, wo wir die Figur gefunden haben.«
    Giovanni atmete etwas freier.
    »Bringt er sie dann ins Museum?«
    Ich nickte.
    »Vater hat gesagt, dass er das jetzt entscheiden wird.«
    Vater hatte nichts dergleichen gesagt. Aber einstweilen war Giovanni abgelenkt. Von Anfang an hatte ihm viel daran gelegen, dass die Figur in ein Museum kam. Er war auf Schlimmes gefasst gewesen und fühlte sich nun erleichtert.
    Unsere Eltern regten sich bei der ganzen Angelegenheit unvergleichlich mehr auf als wir, die wir ziemlich ahnungslos waren. Peter erzählte, dass sein Vater einen Anruf vom Ministerium erhalten hatte und am Telefon fast strammstand. Seine Mutter bekam rote Flecken auf den Wangen. »Eine solche Ehre«, wiederholte sie ständig. »Oh Gott, Peter, dass du dich bloß nicht blamierst.« Worauf Peter verzweifelt gedacht hatte, dass er im unpassendsten Moment garantiert aufs Klo müsste. Sogar Miranda sah sich in einer Art widerwilliger Fügung verpflichtet, die Form zu wahren. Der Montag kam, und Vivi erschien in ihrem marineblauen Sonntagskleid. Ihr langer
Hals steckte schön gerade und artig in einem weißen Kragen, ihre Socken waren weiß, und natürlich trug sie Lackschuhe. Es war nicht die richtige Vivi, so kam es mir vor: Die richtige Vivi war weg, als ob es sie nie gegeben hätte. Zurück blieb ein kleines Mädchen mit einem verschlafenen und mürrischen Ausdruck im Gesicht und mit einem Schlendergang wie ein junger Hund. Auch ich trug ein Kleid, hellblau mit rosa Blüten, igitt, und Mutter hatte mir die Haare so straff hinter die Ohren gekämmt, dass ich Kopfschmerzen hatte. Und Peter, der Unglücksrabe, hatte den Anzug an, den er bei der Erstkommunion getragen hatte und der bereits zu kurz und zu eng für ihn war. Dazu eine Krawatte, und der Knoten saß schief. Sogar Giovanni erschien in einem neuen Pullover, schon für den Herbst gedacht und viel zu warm für die Jahreszeit. Man hatte sein Haar mit Pomade geglättet. Wir alle, sonntäglich ausstaffiert, fühlten uns scheußlich.
    Noch heute sehe ich die Szene ganz genau vor mir. Unser eingeschüchterter Haufen pferchte sich in Vaters Wagen. Mutter sah uns nach und winkte mit einem komischen Ausdruck im Gesicht, nicht eigentlich betroffen, eher gespannt. Und dann ging es los. Wir fuhren zum Fort St. Angelo. Geoffrey war angewiesen worden, nicht den offiziellen Eingang zu benutzen, der über die Steinbrücke zu dem gewaltigen Portal führte, sondern vor dem Privateingang nahe beim Hafen zu warten. Wir fuhren an einer Mauer aus Sandstein vorbei, die uns wuchtig und endlos vorkam. Schließlich hielt Vater den Wagen an und ließ uns aussteigen. Wir befanden uns unterhalb der Festung, vor einem geschlossenen Tor. Hier begann der Hafen, ein paar Fischerboote lagen auf dem undurchsichtigen, öligen Wasser. Das Tor, mit Haken und Riegel versehen, ragte auf der anderen Straßenseite vor uns auf. Die Sonne brannte, Katzen dösten. Es roch nach Staub, nach Meer, nach faulem Fisch. Aus den Mauern schien die Hitze zu tropfen. Das sirrende Geräusch der Trockenheit kam aus den alten
Steinen, aus der sandigen Erde. Eine Art zermürbendes Knistern. Und kein Schatten weit und breit. Vater, rot im Gesicht, klopfte sich den Staub von seinem dunklen Anzug, wischte sich mit einem nicht mehr blütenweißen Taschentuch den Schweiß von der Stirn. Wir würden gleich abgeholt werden, meinte er. Der Wind wehte einen Wolkenflaum aus Süden herbei, kleine Sandböen wirbelten auf. Der Staub durchzog alles, Wäsche, Kleider und Haar, mischte sich mit dem Schweiß und kratzte wie verrückt. Wir warteten.

15. Kapitel
    M altas Vergangenheit ist überall präsent. An jedem Platz erinnern Denkmäler an das, was einmal war, und die alten Kanonen erzählen düstere Geschichten. Wie oft sollte ich später als Reiseführerin diese Geschichten erzählen müssen! Die Touristen wollten sie hören, wieder und wieder. Sie kamen ja nicht nur nach Malta, um Badeferien zu machen, sondern auch, um Denkmäler anzusehen. Zeitweise wurde es mir sogar zu viel, weil mir patriotische Intensität nicht lag. Dazu war ich viel zu skeptisch und unabhängig. Dennoch, in mir war die Überzeugung, die Verpflichtung, etwas übermitteln zu

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