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Moni träumt vom großen Glück

Moni träumt vom großen Glück

Titel: Moni träumt vom großen Glück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
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der Bezeichnung des Verwandten-Verhältnisses, wenn du willst. Ich habe nie einen Menschen Mutter oder Vater genannt. Nun ist es doch sehr schön, endlich, nachdem man dreiundzwanzig Jahre alt geworden ist, einen Menschen Opa nennen zu können. Aber Moni, Menschenskind, was ist mit dir los?“
    Ja, Marc mochte wohl fragen, saß ich doch da und weinte dicke Tränen. Schrecklich, so dicht am Wasser gebaut zu haben.
    „Ich kann nichts dafür, Marc“, stammelte ich und wischte mir die Augen ab. „Kümmere dich nicht drum. Erzähl bitte weiter.“
    „Da gibt es nichts weiter zu erzählen, Moni. Ich bin eben beim Großvater. Ich bin glücklich über jeden Tag, den ich mit ihm zusammen sein kann. Wir haben uns gegenseitig noch so viel zu erzählen von unserem Leben.“
    „Aber sag mal, Marc“, unterbrach ich ihn, „wie in aller Welt kam es, daß er nicht wußte, daß du auf der Welt bist?“
    „Ach, das ist schon erklärlich. Er wußte ja, daß sein Sohn geheiratet hatte, aber er wußte nicht, daß ein Kind unterwegs war. Wir beide, Monika, haben jene Zeit nicht erlebt, aber frage deine Mutter.“ Er nickte Mutti mit einem kleinen Lächeln zu. „Sie wird es dir erzählen können, wie es damals war: Schwierig mit der Post, unmöglich zu reisen, die Familiennachrichten kamen spärlich. Es war alles ein Durcheinander. Großvater bekam zuletzt zu wissen, daß sein einziger Sohn gefallen sei. Er wußte nicht, wo seine Schwiegertochter geblieben war. Er kannte sie nicht einmal. Sie saß ja in Berlin und er in diesem kleinen abgelegenen Nestchen hier. Erst viel später erfuhr er, daß sie damals in Berlin ums Leben gekommen war. Und – wie gesagt – von dem Baby wußte er überhaupt nichts.“ Wieder trat eine Pause ein. Dann sagte Mutti:
    „Aber, Herr Becker, ich hoffe doch, daß Sie später Gelegenheit haben werden, Ihr Studium zu vollenden.“
    „Ja, das hoffe ich auch“, sagte Marc. Er warf mir einen lächelnden Seitenblick zu. „Das ist es nämlich, wofür ich Geld in das Sparschwein stecke.“ Er richtete wieder die Augen auf Mutti. „Aber vorläufig habe ich das mit dem Studieren auf die lange Bank geschoben. Ich hoffe sogar, daß die Bank sich als länger erweisen wird, als es jetzt aussieht. Ich meine nämlich: Solange Opa noch lebt, bleibe ich bei ihm, und nachher werde ich mal sehen, wie es wird. Es klingt ja schrecklich, wenn ich es sage, aber so wie ich jetzt lebe, ist es tatsächlich ein Wettrennen mit dem Tode – mit Opas Tod. Solange Opa lebt, habe ich eine Wohnung, habe ich mein Essen, und vor allem: ich habe einen Menschen, der zu mir gehört. – Wenn Opa eines Tages nicht mehr da ist, nun ja, dann hoffe ich, daß ich recht viel Geld zusammengespart habe. Wahrscheinlich kriege ich auch eine Studienhilfe – damit kann ich wohl rechnen – , und dann muß man eben sehen. So, und nun wird nicht mehr von mir gesprochen. Jetzt soll Moni lieber erzählen, wie es in der Schule geht. Verstehst du nun etwas von ,en’ und ,ye im Französischen?“
    „Ja“, rief ich, „das verstehe ich jetzt ohne Schwierigkeit. Ich kann nur nicht begreifen, daß du so gut Französisch kannst. Du wirst gewiß das Abitur gemacht haben, soviel verstehe ich, und dann, nach ein paar Monaten in Paris als Kellner kannst du so gut Französisch?“ Marc lächelte.
    „Na, so sehr gut kann ich es gar nicht, aber ich komme eben zurecht, und die Grammatik, nun ja, in der Schule machte es mir merkwürdigerweise Spaß.“
    „Ach richtig, Moni“, sagte Mutti und kramte in ihrer Tasche. „Das habe ich vergessen dir zu zeigen. Hier… wir haben eine Karte von Opa!“ Ich nahm die Karte.
    „Weißt du“, erklärte ich Marc. „Ich habe nämlich auch einen Opa. Der ist aber sehr rüstig. Der ist augenblicklich in Afrika. – Ach nee, guck, was für eine hübsche Briefmarke!“
    Ich reichte ihm die Karte, mit der Rückseite nach oben. Er betrachtete erst die Briefmarke und dann Opas Schrift.
    „Ach, dein Opa schreibt noch die deutschen Buchstaben“, sagte er.
    „Ja, das macht er. Deswegen oder seinetwegen habe ich die deutschen Buchstaben lernen müssen.“ Marc guckte mich plötzlich an:
    „Sag mal, sind die deutschen Buchstaben dir ganz geläufig?“
    „Ich denke schon. Warum fragst du?“
    „Ich denke über etwas nach. Es ist möglich, daß ich dir einen Job verschaffen könnte, etwas, das du hier zu Hause machen könntest. Du brauchtest nicht bis fünf Uhr morgens auf Schreikinder aufzupassen.“ Das letzte sagte er mit

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