Moni träumt vom großen Glück
einem Lächeln.
„Was für eine Arbeit denn, Marc?“
„Eine Abschreibarbeit, aber es ist noch nicht sicher. Ich werde mal sehen. Hast du eine Schreibmaschine im Hause?“
„Ja“, nickte Mutti. „Ich besitze eine. Und mir wäre es schon lieb. Daß Moni Geld verdienen will, das weiß ich, und ich sehe ein, daß ich das nicht ändern kann. Aber wenn sie es in den eigenen vier Wänden verdienen könnte, wäre mir das sehr recht.“
„Also gut!“ sagte Marc. „Ich werde einen… kurz, ich werde eben einen Brief schreiben, und ich gebe Bescheid, sowie ich die Antwort habe. Versprechen kann ich nichts, aber möglich ist es.“
Er guckte auf die Uhr. „Ach, du liebe Zeit… bald zehn Uhr! Dann muß ich mich beeilen. Ich muß nach Opa gucken, bevor ich zu meinen Eisenbahnwagen gehe, und außerdem muß ich mich umziehen.“
Marc stand auf und verabschiedete sich. Ich war recht traurig, als die Tür hinter ihm ins Schloß fiel. Mutti hatte ihn aber gebeten, recht bald wiederzukommen.
Ich räumte ab, tief in Gedanken versunken. Wie hatte nun Marc sein Leben verbracht? Wo hatte er gewohnt? Wieso hatte er Abitur machen können? Woher in aller Welt hatte er so tadellos gute Manieren? Warum hatte er Volkswirtschaft studiert? Warum interessierte sie ihn ganz besonders? Wer hatte diesem mageren, schäbig angezogenen Mann beigebracht, daß man einer Dame die Hand küßt?
Marc ging jetzt zu seinen schmutzigen Eisenbahnwagen, und bei mir hinterließ er eine ganz lange Reihe unbeantworteter Fragen.
Der große Auftrag
Mein Leben war allmählich in einen neuen Rhythmus gekommen, und ich hatte mich damit abgefunden. Es schien meinen Klassenkameradinnen klargeworden zu sein, daß es keinen Zweck hatte, mich zu diesem oder jenem aufzufordern. In der Schule waren sie alle nett und freundlich zu mir, mehr aber nicht. Die einzige, die manchmal nachmittags noch auf einen Sprung bei mir vorbeikam, war meine beste Freundin Inge. Aber auch sie kam immer seltener. Sie hatte schließlich stets allerlei vor, genau wie ich, bevor mein großes Sparprogramm anfing.
An einem Sonnabend ging ich nach Schulschluß zufällig neben Jutta aus dem Schultor. Jutta schaute nach rechts und links und sagte:
„Ich gucke nur nach Walter. Er hat heute schon um zwei Uhr frei und wollte mich abholen. Ach, da kommt er ja!“ Das blaue Moped, das ich in so trauriger Erinnerung hatte – mein Regenmantel war nämlich noch nicht tadellos sauber geworden – , rollte vor das Tor. „Nanu!“ sagte ich. „Hat dein Bruder ein Moped?“
„Ja“, strahlte Jutta. „Weißt du, er hat jetzt eine ganz gute Anstellung, und da konnte er sich endlich das heißersehnte Moped leisten. Na, tschüß, Moni, ich muß sehen, daß ich nach Hause komme.“
Ich nickte Walter nur ganz kurz zu. Ich hatte beileibe keine Lust, mich mit ihm zu unterhalten. Ich habe ihn nie ausstehen können. Dann setzte Jutta sich stolz und glücklich lächelnd hinten auf das Moped, und sie brausten los. Ich sah ihnen nach, ein bißchen in Gedanken versunken. Jutta war zugänglicher geworden in der letzten Zeit. Ich war sehr froh, ihr nicht verraten zu haben, daß Walter es war, der damals meinen Popelinemantel bespritzt hatte.
Die beiden Geschwister schienen sich ganz gut zu verstehen. Komisch, Jutta war im Grunde ein nettes Mädchen, aber Walter war überall wenig beliebt. Er war frech und vorlaut, und immer, wenn Jugendliche etwas ausgefressen hatten, hieß es: „Ja, natürlich, der freche Walter Brander war selbstverständlich dabei.“ Jutta war auch nicht immer die allerfreundlichste, aber Frechheit hatte ihr noch nie jemand nachgesagt.
„Sag mal, Moni“, fragte Mutti am Mittagstisch. „Warum hast du eigentlich nicht erzählt, daß du dich mit Jutta Brander so gut befreundet hast?“
„Jutta Brander?“ fragte ich. „Habe ich das?“
„Hast du nicht? Das hat ihre Mutter mir jedenfalls erzählt. Die Jutta hat so lieb von dir gesprochen.“ Ich fiel aus allen Wolken.
„Das ahnte ich nicht, Mutti, daß Jutta mir freundlich gesonnen ist. Es stimmt schon: In der letzten Zeit ist sie netter geworden. Wir haben auch in der Pause geplaudert. Aber wieso hat sie von mir zu Hause gesprochen, und wieso bist du bei Frau Brander gewesen?“
„Ja, ich habe ihr heute vormittag die alte blaue Wolle gebracht und sie gebeten, mir einen Pullover zu stricken. Sie hat eine Tasse Tee aufgegossen und wir beiden Mütter haben ein gemütliches Plauderstündchen gehabt.
Wir verstehen uns
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