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Moni träumt vom großen Glück

Moni träumt vom großen Glück

Titel: Moni träumt vom großen Glück Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Berte Bratt
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versprochen zu klopfen, falls irgend etwas los ist. Ich habe ihm den Stock neben das Bett gestellt.“
    Ich holte aus der Küche einen zweiten Teller und noch ein Glas. Jetzt, da ich Gesellschaft hatte, konnte ich schon ein Glas Wein trinken. Marc war nett und lieb wie immer, aber das Gespräch wollte nicht recht in Gang kommen. Es war, als ob er immer horchte, während er dasaß. Nach einer knappen halben Stunde stand er auf.
    „Ich komme gleich zurück, Moni. Ich muß einmal sehen, wie es geht.“
    Als er zurückkam, sah er ruhiger aus. „Opa schläft fest. So, ist noch etwas in der Flasche, Moni?“
    Natürlich war etwas in der Flasche. Sehr viel sogar. Ich goß wieder ein, und dann machte ich die elektrischen Weihnachtsbaum-Kerzen an. Ich mag elektrische Kerzen am Baum eigentlich nicht, aber ich sehe ein: Wo ein kleines Kind im Hause ist, da sind sie berechtigt.
    „Sag mal, Marc, wie hast du den Tag heute vor einem Jahr verbracht?“
    „Heute vor einem Jahr? Das kann ich dir genau sagen. Da war ich eingeladen bei unserer gemeinsamen Freundin, Frau Peters. Es kommen so viele junge Menschen zu ihr. Sie ist so wach, so lebendig. Sie interessiert sich für alles. An diesem Abend war ich der einzige Gast. Alle anderen verbrachten ja den Heiligen Abend bei ihren Verwandten.“
    „Und früher, Marc, wie war es in deiner Kindheit?“
    „Das kannst du dir doch denken! Sie machten es immer sehr schön für uns im Kinderheim. Da kam ein Weihnachtsmann. Geschenke erhielten wir auch, jedes Kind ein Geschenk. O ja, doch… es war recht schön.“
    „Und bei deinem… wie hieß er doch gleich…? Bei Major Krüger, war es da auch schön?“
    „Ja, ich würde lügen, wenn ich was anderes behauptete. Es gab immer ein sehr gutes Essen. Ich bekam auch wertvolle Geschenke. Ja, natürlich war es schön…“
    Es waren nicht die Worte, es war seine Stimme, die mich tief beeindruckte. Ich sah plötzlich vor mir den kleinen Jungen im Kinderheim – wie hatte Mutti gesagt: Er hätte nie einen Menschen gehabt, den er .Mutter’ oder ,Vater’ und ,Onkel’ oder .Tante’ genannt hatte? Ich sah den kleinen Jungen, der von einem unpersönlichen gemieteten Weihnachtsmann beschenkt wurde, jedes Kind ein Geschenk. Dann sah ich den jungen Mann, der in dem stilvollen, korrekten Haus bei Major Krüger wohnte. Es wäre recht schön gewesen, hatte Marc gesagt, aber seine Stimme war freudlos gewesen. Und dann dachte ich an meine Heiligen Abende mit meiner lieben guten Mutti, die immer alles so schön für mich gemacht hatte. – Und dann handelte ich also vollkommen unüberlegt. Ich weiß nicht, woher ich den Mut nahm… Ich stand auf, ging um den Tisch zu Marc, legte meinen Arm um seinen Hals und küßte ihn auf die Wange.
    Er saß ganz still. Dann kam seine Hand und streichelte mir übers Haar.
    „Moni…“,sagte er.
    „Marc, wenn du wüßtest, was ich dir alles wünsche! Selber habe ich es immer so gut gehabt, und du…“
    „Bloß kein Mitleid, Moni“, sagte Marc. „Ich bin froh und dankbar, weil du mir deine Freundschaft gibst, aber dein Mitleid… ich glaube beinahe, ich habe einen Anti-Mitleidskomplex!“
    „Jetzt verlangst du aber zu viel von mir. Klar, daß ich Mitleid mit einem Menschen habe, der nie seine Eltern gekannt hat, der nie ein normales Zuhause gehabt hat! Aber Marc, es ist kein unpersönliches, verwaschenes Mitleid. Nicht das Mitleid wohltätiger Tanten für ein Waisenkind. Mein Mitleid geht Hand in Hand mit meiner ehrlichen Freundschaft. Es ist doch so einfach, Marc. Alles liegt daran, daß ich dich eben leiden mag!“
    Marc stand auf. Er stand mir gegenüber. Nun legte er seine Hände auf meine Schultern.
    „Ich mag dich auch sehr, sehr gern leiden, Monilein, und das darfst du nie vergessen. Ich weiß nicht, wann unsere Wege sich wieder trennen. Vielleicht wird es recht bald sein. Aber du darfst nie vergessen, daß ich dein Freund bin, und daß ich dich sehr gern leiden mag.“
    Er sah mir in die Augen, und plötzlich nahm er seine Hände zurück.
    „Ich muß nach Opa sehen, Moni. Ich komme gleich zurück.“ Und schon war er weg.
    Wieder horchte ich. Wieder hörte ich Schritte, dann Marcs Stimme. Nanu, was war denn das? Warum schlief der Großvater nicht? Dann wieder Schritte auf der Treppe, schnelle Schritte. Ich hatte die Tür schon aufgemacht.
    „Moni, bitte, ruf schnell den Arzt an. Hier ist die Nummer. Und wenn er kommt, lauf runter und mach die Tür auf, so lange kannst du weg. Ich muß bei Opa

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