Moni träumt vom großen Glück
morgen schenkst.“
Das tat ich nun allerdings nicht; denn ich hatte einmal ausgesetzt mit Sparen: Ich hatte Mutti für selbstverdientes Geld ein Paar hübsche Handschuhe gekauft. Das war ein wunderbares Gefühl.
Der Heilige Abend kam. Mutti und ich saßen ruhig und gemütlich beisammen. Mein Geschenktisch sah allerdings ein bißchen merkwürdig aus. Die meisten Verwandten hatten wie immer bei Mutti angefragt, was Moni sich wünsche, und Mutti schien ihnen beigebracht zu haben, daß Moni ein Sparbuch habe und sich am meisten über einen kleinen Beitrag dazu freuen würde. Auf meinem Platz lagen viele kleine Briefumschläge, deren Inhalt mich ein Stück näher an die Erfüllung meiner Träume brachte: zwei Fünfmarkstücke, zwei Zehnmarkscheine, und von Opa kam sogar ein grüner Zwanzigmarkschein.
Mutti hatte es selbst anscheinend anders gehalten. Von ihr war ein riesengroßes Paket da. Ich entfernte das Packpapier, machte einen Karton auf – , darin war ein kleineres Paket – , wieder auspacken, wieder ein kleineres Paket, und so ging es fünf- bis sechsmal. Endlich hielt ich eine winzige Schachtel in der Hand. Ich mußte lachen.
„Ach Mutti, du wirst auch wohl nie erwachsen? Was hast du dir nun einfallen lassen?“
„Darf ich um ein winziges Fünkchen Respekt vor meinen grauen Haaren bitten!“ neckte mich Mutti. Dabei hat sie kein einziges graues Haar! „Willst du nicht aufmachen?“ Ich machte auf. In der klitzekleinen Schachtel lag ein Stückchen zusammengefaltetes Papier. Mit Rotstift und säuberlichen Buchstaben war darauf gemalt: „Dieser Schein berechtigt die Inhaberin zu fünf Stunden Fahrunterricht.“
„Oh, Mutti!“
„Na, zufrieden?“
„Und ob! Fünf Stunden – das ist ja eine ganze Menge. Oh, du ahnst nicht, was ich in fünf Stunden lernen werde. Und die restlichen Stunden, die werde ich schon selbst schaffen.“
Die Zeit verflog viel zu schnell. Ehe wir uns umgesehen hatten, war es halb acht und Mutti mußte zum Dienst. Sie hatte mir ein Päckchen mit Obst und Süßigkeiten zurechtgestellt, das ich hinten auf mein Rad schnallte. Dann brach ich auf zu meinen Pflichten, zu meinem Babysitten. Und… die kleine Hoffnung hatte ich ja… zu Marc. Ich würde ihn doch bestimmt im Laufe des Abends sehen. Hoffentlich hatte Familie Clausen nichts dagegen, daß er mich schnell besuchte. Ach was – das hatten sie bestimmt nicht, sie verstanden sich doch gut mit Marc. Sollte ich fragen, ob sie es erlaubten? Nein, lieber nicht. Wenn sie nein sagten, war alles aus. Aber solange ich nicht gefragt hatte, konnte ich in gutem Glauben handeln.
Ich hatte mir ein paar französische Sätze zurechtgelegt, aber ich brauchte sie gar nicht. Es zeigte sich, daß der kleine Gerard eine Menge Deutsch gelernt hatte. Er begrüßte mich lieb und fröhlich und aufgeregt von den vielen Weihnachtsgeschenken in einwandfreiem Deutsch. Die einzige Schwierigkeit, die ich an diesem Abend mit ihm hatte, war, ihn zum Schlafen zu bringen. Er hatte eine elektrische Eisenbahn bekommen, und wenn es nach ihm gegangen wäre, hätte er die ganze Nacht damit gespielt. Aber endlich hatte ich ihn im Kinderbettchen – umgeben von Eisenbahn, Autos und tausend anderen Dingen. Er schlief zuletzt vor lauter Übermüdung ein.
Frau Clausen hatte im Wohnzimmer einen reizenden Tisch für mich gedeckt. Da gab es delikate belegte Brote, Kuchen, Obst und sogar eine halbe Flasche Wein. Da mußte ich lachen. Glaubte sie wirklich, daß ich ganz allein dasitzen und Wein trinken würde? Das kam überhaupt nicht in Frage!
Gérard schlief. Wie war es still im Haus! Ich lauschte. Oben hörte ich Schritte. Da hörte ich Stimmen. Ob der Opa müde war? Ob er bald ins Bett ging, und ob Marc bald kam? Natürlich hatte ich ihm erzählt, daß ich am Heiligen Abend eine Treppe tiefer Babysitter machen würde. Es wurde neun Uhr – es wurde halb zehn – beinahe zehn Uhr. Ich konnte ja nicht nach oben gehen. Ich durfte Gérard nicht verlassen. War etwas los da oben? Ging es dem Großvater nicht gut?
Doch da! Endlich hörte ich Schritte auf der Treppe, und bevor Marc klingelte, hatte ich die Tür aufgemacht.
„Es hat lange gedauert, Marc. Geht es deinem Großvater nicht gut? Schläft er jetzt?“
„Nein, schlafen kann er nicht. Ich weiß nicht. Ich bin ein bißchen unruhig. Er hat mich runtergejagt. Er wußte ja, daß du hier bist. Aber ich werde in einer halben Stunde schnell nach oben gehen und sehen, wie es ihm geht, und er hat hoch und heilig
Weitere Kostenlose Bücher