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Monika B. Ich bin nicht mehr eure Tochter: Ein Mädchen wird von seiner Familie jahrelang misshandelt (German Edition)

Monika B. Ich bin nicht mehr eure Tochter: Ein Mädchen wird von seiner Familie jahrelang misshandelt (German Edition)

Titel: Monika B. Ich bin nicht mehr eure Tochter: Ein Mädchen wird von seiner Familie jahrelang misshandelt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Jäckel
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auszusprechen. Wäre Georg oder Stefan im Kinderzimmer gewesen, hätte er es nie fertig gebracht. Aber Georg war bei Oma Grete, und Stefan übernachtete schon lange nicht mehr regelmäßig zu Hause.
    Um Boris zu zeigen, dass ich mich mit ihm aussöhnen wollte, legte ich den Arm um ihn. »Von mir aus. Ich hab ja angefangen.«
    Boris grinste. Seine Finger krabbelten über meinen Bauch zum Mund. »Kommt ein Bär, der tappt so schwer«, sagte er dabei. »Kommt eine kleine Maus, schlüpft in ihr Haus.« Das Haus war mein Ohr. Ein Kleinkinderspiel. Es war süß. Wir mochten es alle.
    »Weißt du was?« Boris kicherte. »Jetzt spielen wir Mama und Papa.«
    Ich dachte mir nichts dabei. Wir hatten schon oft Mama und Papa gespielt, früher.
    »Du bist Mama«, sagte Boris und drückte mir ein Pornoheft in die Hand. »Guck dir das ganz genau an.«
    »Bist du verrückt?«, schrie ich, wütend und ängstlich zugleich. »Hast du sie nicht mehr alle?« Ich versuchte, Boris abzuschütteln. Er lachte nur. Er war stark, viel stärker als ich. Seine Hände waren dreist, aber nicht brutal. Meine Mutter hatte ihn gründlich angelernt.
    »Hör auf!«, schrie ich und trommelte mit den Fäusten auf ihn ein. »Ich sag’s Papa!«
    Boris lachte, während er über mir kniete und zurückzuschlagen begann. »Du willst was sagen, ausgerechnet du? Wer ist hier älter, du oder ich? Seit wann verführt einer, der jünger ist, eine, die älter ist? Wenn du das Maul aufreißt, sage ich, wie’s wirklich war – nämlich dass du mich gezwungen hast. Dann wollen wir doch mal sehen, wem dein heiliger Papa wohl eher glaubt.«
    »Du lügst!«, schrie ich. »Papa weiß genau, dass ich keinen zwinge. Er schlägt dich zusammen. Er macht dich fertig. Hau ab! Lass mich in Ruhe!«
    »Was, du zwingst mich nicht?«, keuchte Boris. »Meinst du, ich bin aus Stein, oder was? Liegst hier nackt rum und machst mich an. Wer hier wohl wen verführt! Dir zeig ich’s! Halt still!«
    Mit den Händen drückte er meine Arme zurück, während er in mich eindrang. Es machte ihm nichts aus, dass ich mich unter ihm wand und drehte. Es schien ihm zu gefallen. Weinend hielt ich still und versuchte nur noch, seinen Lippen auszuweichen. Wenigstens küssen sollte er mich nicht – nie mehr!
    »Wenn du die Klappe aufmachst«, sagte er hinterher und benutzte meine Hand, um sich zu streicheln, »sorge ich dafür, dass du beim nächsten Besuch, den unsere Alten haben, keine freundliche Einladung mehr zu ihren Spielchen bekommst, sondern eine Zwangsumsiedlung. Wenn Mama erst spitzkriegt, dass du’s nicht bloß mit Stefan treibst, sondern auch mit deinem kleinen Bruder, kannst du sicher sein, dass die Freundlichkeit aufhört. Du kannst dir vorstellen, was ich meine, oder?«
    Und ob ich mir das vorstellen konnte!
    Boris’ zweiter Versuch fiel weit hässlicher aus als der erste. Er tat mir entsetzlich weh. Aber ich wehrte mich nicht. Ich ließ alles geschehen, hoffte nur, es möge schnell vorüber sein.
    Wie hatte ich nur so dumm sein können? Wie hatte ich nur auf sein Liebes-Schwesterchen-Gehabe hereinfallen, ihn in mein Bett lassen, ihn streicheln und umarmen können? Warum hatte ich die Warnsignale nicht erkannt?
    Wieder war etwas geschehen, das ich nicht einmal mit Georg teilen konnte. Ich wusste, wie gern er Boris hatte. Würde er nicht viel eher Boris glauben als mir? Und würde er dann nicht aufhören, mir überhaupt noch zu vertrauen? Müsste er nicht Angst bekommen, ich werde mich auch an ihn noch heranmachen?
    Nein, ich musste diesen Vorfall mit mir allein ausmachen. Dummheit musste bestraft werden. Aber eine neue Gelegenheit wollte ich Boris nicht bieten, ich schwor es mir.
    Natürlich fiel Georg sehr bald auf, dass irgendetwas nicht stimmte. Kein Wunder, schließlich ging ich nicht mehr ohne Schlafanzug ins Bett und bat jeden Abend, in seinem Arm schlafen zu dürfen.
    »Ist etwas?«, fragte er. »War was?«
    »Nö«, sagte ich. »Was soll sein?«
    Aber so leicht war Georg nicht zu täuschen. »Ich krieg’s raus«, versprach er. »Und wenn ich dich jeden Tag löchere.«
    Da gab es eine neue Angst.
    Berlin. Nichts anderes mehr hatte Platz in meinem Kopf. Ich fieberte den Osterferien entgegen.
    Vielleicht hätte mein Vater sein Versprechen, mich zur Belohnung für mein Stillhalten nach Berlin reisen zu lassen, nie gehalten, wenn nicht zwei Ereignisse eingetreten wären, die es ihm geraten erscheinen ließen, mich für eine Weile aus dem Verkehr zu ziehen.
    Das erste Ereignis war

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