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Monika B. Ich bin nicht mehr eure Tochter: Ein Mädchen wird von seiner Familie jahrelang misshandelt (German Edition)

Monika B. Ich bin nicht mehr eure Tochter: Ein Mädchen wird von seiner Familie jahrelang misshandelt (German Edition)

Titel: Monika B. Ich bin nicht mehr eure Tochter: Ein Mädchen wird von seiner Familie jahrelang misshandelt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Karin Jäckel
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Halbschlaf über mich ergehen zu lassen. Selten war ich völlig klar im Kopf. Noch seltener wünschte ich, es zu sein.
    Zu seinem 15. Geburtstag schenkte Vater Boris ein Wochenende in der Eifel. »Du erinnerst dich doch noch an die Leute, die das Superhaus mit dem Swimmingpool und den Reitpferden haben?«
    Bei mir klingelten alle Glocken Alarm. Auch Georg begriff sofort. »Dürfen wir mit?«, fragte er. »Alle?«
    Mein Vater lachte. »Und ob! Sind wir eine Familie oder nicht?«
    »Muss ich da echt mit?«, mäkelte Boris. Wir alle starrten ihn an. Er wagte es, aus der Reihe zu tanzen, Papa sein Geburtstagsgeschenk um die Ohren zu hauen?
    »Hast du etwas Besseres vor?« Die Stimme meines Vaters klang sanft, gefährlich sanft. Oder deutete ich sie nur falsch? War es wirklich freundlich gemeint? Verstand er vielleicht sogar, was in seinem Sohn vorging, der ihm ja angeblich im Wesen so ähnlich war?
    »Stefan hat mich ins Kino eingeladen«, sagte Boris. »Schließlich ist er mein Bruder, rausgeschmissen oder nicht.« Er hielt dem Blick meines Vaters stand, die Fäuste trotzig in den Hosentaschen.
    Langsam begann mein Vater zu grinsen. »Nee, Freund«, sagte er und schlug Boris auf die Schulter. »Diesmal kommst du mit. Ich garantiere dir, du kommst voll auf deine Kosten. Den Film mit Stefan ziehst du dir ein andermal rein. Okay?«
    Kein Krach, keine Schläge. Warum nur gelang es mir nie, Papa gegenüber so aufzutreten? Bewundernd schaute ich Boris an. Als er meinen Blick bemerkte, blinzelte er mir zu. Ich fühlte einen Stich ins Herz und Schmetterlinge im Bauch.
    In mein Tagebuch schrieb ich: »Ich glaube, ich liebe ihn, und das nicht zu knapp. Meinen eigenen Bruder! O lieber Gott, bin ich wahnsinnig, oder was?«
    Diesmal riss uns das Haus am Berg nicht mehr zu Bewunderungsrufen hin. Der Swimmingpool hatte alle Anziehungskraft auf mich verloren, obwohl es sommerlich heiß war. Lieber zog ich mich in den Schatten zurück und achtete misstrauisch darauf dem feisten Hausherrn aus dem Weg zu gehen.
    Boris hielt sich wie ein Wachhund in meiner Nähe auf. Der fette Schleimer schien ihm noch weniger zu gefallen als mir.
    »Gehen wir zu den Pferden?«, rief er plötzlich und zog mich an der Hand aus dem Gras hoch. »Mal sehen, ob die Gäule echt was drauf haben oder bloß olle Klepper sind.«
    Kaum hatten wir die Hausecke in Richtung Pferdestall hinter uns gelassen, blieb er stehen und nahm mich heftig in den Arm. »Merkst du eigentlich nicht, was hier gespielt wird?«, rief er und schüttelte mich. »Oder macht dir das etwa Spaß mit der Schweinebacke?«
    Ein paar Tränen quollen plötzlich aus meinen Augen. Wütend schüttelte ich den Kopf.
    »Ich will nicht, dass der dich anrührt«, sagte Boris wild. »Ich will nicht! Hast du verstanden? Du sagst nein! Kapiert? Nein!«
    Trotz allen Kummers musste ich lachen. »Mensch, Boris, du bist ja eifersüchtig. Du bist nicht mein Macker, du bist mein Bruder, vergiss das nicht!«
    »Na und?« Boris hielt mich so fest an den Armen, dass es schmerzte. »Was macht das? Ist Papa etwa nicht dein Vater? Ist das etwa erlaubt, was ihr macht?«
    Der Schlag saß. Ich mochte den Kopf nicht mehr heben.
    »Ich liebe dich«, sagte Boris sehr leise und sehr schüchtern. »Nicht weil du meine Schwester bist. Ich will nicht mehr dein Bruder sein. Ich will dich für mich, anders, als Frau, verstehst du?«
    »Aber du bist mein Bruder«, sagte ich und wusste, wie weh ich ihm damit tat.
    Boris stieß mich so heftig zurück, dass ich taumelte. »Dann nicht, liebe Tante!«, schrie er und stürmte quer über den Hof davon. »Dann treib’s doch mit dem Schlappsack. Wirst schon sehen, was du davon hast!«
    Ich weiß nicht, wie lange es dauerte, bis ich es fertig brachte, wieder zum Haus zurückzugehen. Georg und Elvira spielten Fußball, rangelten im Gras. Zwei Kinder. Es tat mir weh, ihnen zuzusehen.
    Was Boris über den Fettwanst gesagt hatte, stimmte natürlich. Schon während des Mittagessens sprachen seine Blicke Bände. Auch mein Vater hatte diesen öligen Ausdruck in den Augen, wenn er Elvira zufällig berührte. Mich grauste.
    »Wie wär’s mit einem Mittagsschläfchen, Freunde?«, schlug der Fette vor, nachdem das Mahl beendet war. »Nach dem Essen sollst du ruh’n oder tausend Schritte tun. So heißt es doch, wenn ich mich recht erinnere. Ich für mein Teil ziehe bei dieser Affenhitze die Ruhe vor. Und ihr?«
    »Einverstanden«, sagte mein Vater. »Das gilt auch für euch, Kinder. Wir hatten eine

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