Monk - 03
Paul Frank und die Jeans von Von Dutch heraus, wie ich es auch erwartet hatte. Als sie aber die Nike-Joggingschuhe auspackte, erlitt ihre Freude einen deutlichen Dämpfer.
»Was ist los?«, fragte ich.
»Für mein letztes Zeugnis wären die super gewesen.«
»Und wieso jetzt nicht mehr?«
»Weil die völlig veraltet sind«, sage Julie. »Nike hat diese Produktlinie schon vor Monaten eingestellt.«
Ich habe keine Ahnung, woher meine Tochter all ihr Insiderwissen über die aktuellen Trends in der Modebranche hat oder woher sie Wörter wie Produktlinie kennt. Ihr Wissen und ihre Wortwahl hatten zwar etwas Amüsantes an sich, trotzdem machte mich ihre Einstellung ein wenig sauer.
»Darum waren sie im Ausverkauf, und darum können wir sie uns leisten«, erklärte ich ihr.
»Und nächste Woche steht am Freeway ein Lkw, der sie für ein paar Dollar verkauft.«
»Dann sollte ich dieses Paar vielleicht besser zurückbringen und nächste Woche eines auf dem Freeway kaufen, das mich noch weniger kostet.«
»Du schnallst das nicht, Mom«, sagte Julie. »Wenn ich diese Schuhe trage, bin ich total out.«
»Der Himmel möge das verhindern«, kommentierte ich.
»Und alle werden wissen, dass wir arm sind«, fügte sie an.
»Alle werden wissen, dass du gut mit Geld umgehen kannst. Anstatt zweihundert Dollar für das Paar hinzulegen, kaufst du sie nagelneu für nur neununddreißig Dollar. Die anderen sollten sich lieber schämen, dass sie für die gleichen Schuhe so viel Geld ausgeben, anstatt ein bisschen zu warten und eine Menge zu sparen.«
»Du hast echt keine Ahnung vom Leben«, maulte Julie und stampfte wütend mit einem Fuß auf.
Schon seit ihrem dritten Lebensjahr hat Julie die Angewohnheit, mit dem Fuß aufzustampfen. Ich finde das immer noch so süß wie damals, und wenn sie es macht, muss ich unwillkürlich lächeln, was sie nur noch mehr ärgert.
Prompt stampfte sie mit dem anderen Fuß auf. »Mom! Hör auf damit!«
Ich wandte mich zu Monk um, weil ich hoffte, von ihm in meiner Einstellung unterstützt zu werden. Schließlich ging er mit seinem Geld mindestens genauso sparsam um, wofür mein monatlicher Gehaltsscheck ein deutlicher Beweis war. Doch Monk hatte einen sonderbaren, nachdenklichen Ausdruck angenommen. Er war im Geiste längst mit etwas anderem beschäftigt.
»Mr Monk?«, sagte ich so laut, dass er kurz zusammenzuckte, lächelte und dann Julie ansah.
»Wie würde es dir gefallen, noch mal mit dem Polizeiwagen zu fahren?«, schlug er dann vor.
»Fahren wir ein anderes Paar Schuhe kaufen?«, fragte sie hoffnungsvoll.
»Wir bringen dich aufs Revier, um dich zu verhören.«
»Echt?«
»Echt«, antwortete Monk.
»Tatsächlich?«, fragte ich.
»Tatsächlich«, erwiderte er.
»Cool!«, rief Julie, warf die Nike-Schuhe zur Seite und zog ihre Juicy-Jacke an. Ihre Schuhschande war für den Augenblick vergessen, ausgelöscht von der unwiderstehlichen Begeisterung, eine Kriminelle sein zu dürfen.
9. Mr Monk verbessert seine Statistik
Julie war nur einmal auf dem Revier gewesen, ausgerechnet an dem Tag, an dem sich die Polizei zu einer ausgedehnten Razzia im Tenderloin entschlossen hatte. Es wimmelte von Nutten, Betrunkenen, Junkies und Mördern, und es roch wie eine Mischung aus einer Männerumkleidekabine und der Bar, in der ich gearbeitet hatte, bevor Monk mich engagierte. Einige der Schimpfworte, die Julie an dem Tag zu hören bekam, hätten sogar Tony Soprano in Verlegenheit gebracht.
Julie liebte das. Für sie war es, als würde sie eine neue Attraktion in Disneyland besuchen, nur waren die Darsteller nicht Micky Maus oder Buzz Lightyear , sondern der Transvestit Georgette und der Zuhälter Julio. Es war ihr ein bisschen unheimlich gewesen, aber auf die Art, wie man auf einer Achterbahn Angst empfindet, obwohl man mit Sicherheit weiß, dass einem nichts passieren kann.
Das war nicht gerade das Umfeld, dem ich meine Tochter aussetzen wollte, aber an dem Tag war die Schule ausgefallen, ich musste arbeiten, und niemand hatte Zeit, auf sie aufzupassen. Außerdem gab es auf dem Revier nur das zu sehen, was die Straßen von San Francisco auch zu bieten hatten – vom Union Square bis Fisherman's Wharf, von Chinatown bis zum Golden Gate Park. So ist San Francisco nun mal.
Sie würde diesen Dingen auf der Straße ohnehin begegnen. Ich bin der Ansicht, dass es Aufgabe der Eltern ist, die Kinder auf ein selbstständiges Leben vorzubereiten, damit sie in unserer Welt überleben können. Sie
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