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Monkeewrench 04 - Memento

Monkeewrench 04 - Memento

Titel: Monkeewrench 04 - Memento Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P.J. Tracy
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diesem blieb man immer Außenseiter, solange man nicht in einem Farmhaus zur Welt gekommen war, das der Urgroßvater noch höchstpersönlich mit seinen eigenen Händen und zwei Maultieren errichtet hatte, oder sonst einen Blödsinn dieser Art vorzuweisen hatte.
    «Wir stellen jeden Winter so eine Rostlaube auf den See», erläuterte Sampson. «Dann wettet der ganze Bezirk, an welchem Tag um welche Zeit sie einbricht. War schon so, als ich klein war. Der Sieger kriegt die Ehre, der Erlös wird gespendet. Diesmal hat irgendein Arschloch den Wagen direkt auf eine Quelle gestellt. Nach dem warmen Wetter der letzten zwei Wochen ist das Eis gestern aufgeplatzt, und weg war der Wagen, noch vor dem ersten Schnee.»
    Iris unterdrückte ein Schaudern und versuchte, eine Sheriff-Miene aufzusetzen. «Dann ist die Leiche also in dem Wagen?»
    «Nee. Bisschen Smalltalk. Die Leiche ist da drüben.» Er deutete mit dem Kopf zum See. «Gleich hinter den Hütten dahinten. Kommen Sie.»
    Er war schon drei Meter weg und fast im zunehmend dichteren Schneetreiben verschwunden, als Iris es endlich schaffte, die Beine in Bewegung zu setzen und ihm ans Ufer und auf die Eisfläche zu folgen, die vermutlich nur auf einen falschen Schritt des Stadtmädchens wartete, um zu brechen und sie in eisige Tiefen hinunterzuziehen. Sie war sich sicher, dass dieser Mistkerl ihr nur von dem Wagen erzählt hatte, damit ihr klar wurde, dass das Eis jeden Moment unter ihr nachgeben konnte.
    Mistkerl, Mistkerl, Mistkerl, schimpfte sie stumm vor sich hin, während sie hinter ihm über die gefrorenen Schneewehen stolperte, die wie große Wellen aussahen. Sie schwitzte unter ihren Kleiderschichten und sagte sich immer wieder, dass sie es schaffen würde. Wenn sie den Weg dorthin überstand, war das Inspizieren der Leiche ein Kinderspiel. Schließlich hatte sie schon Tote gesehen, war auf Beerdigungen gewesen. Und natürlich hatte sie sich ihren Exmann tot vorgestellt, unzählige Male, am liebsten gleich mitsamt der neunzehnjährigen Schlampe, mit der er abgehauen war, einen knappen Monat, nachdem er Iris in ein altes, halb verfallenes Farmhaus verschleppt hatte, so fern der Stadt, dass die Leute eine andere Sprache sprachen - eine Sprache ohne vollständige Sätze.
    Sampson war so plötzlich stehengeblieben, dass sie fast mit ihm zusammengestoßen wäre. Iris blinzelte durch das Schneegestöber und sah zwei weitere Deputys in Winterkleidung, die einfach nur dastanden. Der eine musterte sie unfreundlich und sagte kein Wort. Der andere, der nur aus Babyspeck und blauen Augen zu bestehen schien, bedachte sie mit einem Nicken. «Morgen, Sheriff. Deputy Neville.»
    «Ihnen auch einen guten Morgen, Deputy Neville», sagte Iris. Dann schnappte sie nach Luft, als die beiden Deputys beiseite traten und den Blick auf das freigaben, was sich hinter ihnen befand.
    Es war in mancher Hinsicht weniger schlimm, als sie befürchtet hatte: kein Blut, keine Eingeweide, nicht einmal der sofortige Eindruck, dass sie einen toten Menschen vor sich hatte. Doch in anderer Hinsicht war es sehr viel schlimmer. Iris mochte zwar keinen funktionierenden Boiler und auch keine allzu gute Heizung besitzen, doch einen Fernseher hatte sie, und der war am Abend zuvor noch sehr lange gelaufen.
    «Mein Gott», flüsterte sie, als sie den dicken, eisverkrusteten Schneemann sah, der an einem Anglerhäuschen lehnte. Ein Schneemannkopf und ein Schneemannkörper - nicht ganz so bilderbuchmäßig wie die, die sie am Abend zuvor in den Nachrichten gesehen hatte, aber doch recht nah dran. Er war ganz und gar in festgedrückten Schnee gepackt. Nur die Hände lagen frei: Sie waren bläulichweiß und eindeutig menschlich und hielten eine Angelrute.
    «Sie haben gestern wohl auch Nachrichten gesehen», sagte Sampson.
    Iris konnte nur nicken.
    «Wie's aussieht, würde ich sagen, das hier ist Schneemann Nummer drei.»
    Iris fand genug von ihrer Stimme wieder, um zu krächzen: «Haben Sie schon den Gerichtsmediziner angerufen?»
    «Gleich nach Ihnen.»
    «Und wo ist er?»
    «In Mexiko.»
    «In Mexiko?»
    Sampson zuckte die Achseln. «Januar in Minnesota. Da ist alle Welt in Mexiko. Außerdem werden sich das MPD und die Spurensicherung sowieso selbst darum kümmern wollen. Ich wette, fünf Minuten nach unserem Anruf schwingen die die Hufe und kommen her.»
    «Aus Minneapolis?» Iris pustete kalte Luft in die anbrechende Morgendämmerung. «Bei den Straßenverhältnissen brauchen die Stunden, bis sie hier

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