Monkeewrench 04 - Memento
nach Hause kommen, Sie machen die Fenster im Erdgeschoss zu, bevor Sie schlafen gehen, und lassen sicher auch nicht ohne weiteres Fremde ins Haus. Das sind ganz normale Vorsichtsmaßnahmen, die Frauen überall auf der Welt ergreifen, um für ihre eigene Sicherheit zu sorgen. Nichts anderes tun wir hier in Bitterroot, nur in etwas größerem und aufwändigerem Maßstab, weil unsere Bewohnerinnen überdurchschnittlich gefährdet sind.»
«Dann haben Sie also ein Gefängnis gebaut, in das Sie die Unschuldigen einsperren», bemerkte Magozzi. Es klang sehr viel kritischer als eigentlich beabsichtigt.
Maggie lächelte, doch es war ein hartes Lächeln. «Durchaus möglich, Detective, dass unsere Sicherheitsmaßnahmen an ein Gefängnis erinnern. Aber uns geht es nicht darum, die Unschuldigen ein-, sondern darum, die Ungeheuer auszusperren. Und das gelingt uns ausgesprochen gut.»
Dem, dachte Magozzi, konnte man wahrhaftig nichts entgegenhalten. Wenn es in Bitterroot wirklich seit sechzig Jahren nicht ein Gewaltverbrechen gegeben hatte, machten sie ihre Sache in der Tat verdammt gut und beschützten die Menschen hier auf eine Weise, wie er, Gino, Sampson und Sheriff Rikker es niemals leisten konnten. Für einen Polizisten war es hart, sich ein solches Versagen einzugestehen - wahrscheinlich fiel es ihm auch deshalb so schwer, nicht ständig in die Defensive zu gehen. Das alles kam ihm einfach so verkehrt vor: Das Rechtssystem musste doch eine Zuflucht bieten, anstatt einen Massenexodus in ein Hochsicherheitsgelände auszulösen, das selbst ein Gefängnis wie San Quentin alt aussehen ließ.
Offenbar standen ihm seine Gedanken in großen Lettern ins Gesicht geschrieben, denn Maggie Holland musterte ihn mit einem kleinen Lächeln, wie man es gern für Ignoranten bereithält, die einfach nicht kapieren, worum es geht. «Ich denke, es wird Zeit, Ihnen das eigentliche Bitterroot zu zeigen», sagte sie sanft. Doch Magozzi schluckte den Köder nicht.
«Wir müssen mit Julie Albright reden. Deswegen sind wir hier.»
«Selbstverständlich. Aber Julies Tochter ist erkältet, deshalb wird sie nicht hierherkommen, sondern wir besuchen sie zu Hause. Es ist nicht weit, und auf dem Weg dorthin können Sie sich unser Dorf anschauen.» Ihr ganzes Verhalten hatte sich plötzlich verändert: Sie wirkte nicht mehr tough und professionell, sondern zuckersüß und bedachte sie alle mit einem freundlichen Großmutterblick, wie ihn, davon war Magozzi überzeugt, sicher auch der böse Wolf bei Rotkäppchen eingesetzt hatte. Das reinste Chamäleon, diese Frau.
KAPITEL 18
Magozzi, Gino, Sampson und Iris gingen hinter Maggie Holland einen Flur entlang und traten dann durch eine Seitentür auf einen eingezäunten Parkplatz. Die einzigen Fahrzeuge, die dort parkten, sahen aus, als hätte Walt Disney sie entworfen.
«Was sind denn das für Dinger?», fragte Gino. «Die sehen ja aus wie Golfcarts auf Wachstumshormonen.»
Maggie lächelte liebenswürdig. «Damit liegen Sie gar nicht so falsch, Detective Rolseth. Es sind Elektrowagen, genau wie Golfcarts, allerdings haben sie größere Reifen und sind geländetauglich. Und der hiesigen Witterung entsprechend sind sie natürlich geschlossen und groß genug, dass wir alle in einem Platz haben, wenn es Ihnen recht ist, kurz ein wenig zusammenzurücken. Andere Fahrzeuge sind im Dorf nicht erlaubt.»
Sie öffnete eines der Autos mit einer Schlüsselkarte und setzte sich ans Steuer, während die anderen hinter ihr einstiegen. Es gab drei Reihen mit jeweils einem Sitz rechts und links. Gino und Magozzi setzten sich ganz nach hinten und tasteten automatisch nach den Sicherheitsgurten.
«Die brauchen Sie hier nicht, Detectives», rief Maggie ihnen zu. «Die Höchstgeschwindigkeit dieser Wagen liegt bei fünfundzwanzig Stundenkilometern, aber so schnell fährt man praktisch nie, weil die Straßen dafür zu kurvig sind.»
Die Heizung sprang sofort an - das einzig Gute an Elektroautos, dachte Gino, während er aufmerksam zusah, wie Maggie das Parkplatztor mit einer Fernbedienung öffnete und auf einen schmalen, asphaltierten Streifen fuhr, der eine scharfe Kurve nach rechts beschrieb und offensichtlich nirgendwo anders hinführte.
«Das hier ist der einzige Weg ins Dorf», sagte Maggie zu Iris, die neben ihr saß, und Gino kam sich vor wie in einem Touristenbus mit einer nervtötenden, geschwätzigen Reiseführerin. «Man muss durch das Unternehmensgebäude mit all seinen Sicherheitsmaßnahmen, dann durch
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