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Monkeewrench 04 - Memento

Monkeewrench 04 - Memento

Titel: Monkeewrench 04 - Memento Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P.J. Tracy
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vor, im Angesicht echter Angst. Nie gekannte körperliche Reaktionen setzten in so schneller Folge ein, dass sie kaum Zeit hatte, sie wahrzunehmen. Ihre Muskeln spannten sich an, um loszurennen oder sich zum Kampf zu rüsten, Adrenalin schoss ihr durch die Blutbahn, bis ihr ganz heiß wurde, und Millionen Gedankenfetzen rasten ihr durchs Hirn: Wo bin ich sicherer, draußen oder drinnen, ich muss meine Waffe holen, soll ich das Haus durchsuchen, steht dazu was im Handbuch, wie viele Elektriker braucht man, um eine Glühbirne zu wechseln, und soll man sich unter Adrenalin nicht angeblich besser konzentrieren können, verdammte Scheiße?
    Sie holte tief Luft, zwang ihr Herz, ruhiger zu schlagen, ihre Knie, mit dem Zittern aufzuhören, und das ganze nichtsnutzige, verwirrende Adrenalin, sich wieder in seine ursprünglichen, gutmütigeren Einzelteile zu zerlegen und sie in Frieden zu lassen. Ganz offensichtlich gehörte sie nicht zu dem spannungsgierigen Menschenschlag, den Endorphine zu Höchstleistungen antrieben.
    Da hast du dir ja genau den richtigen Beruf ausgesucht, Rikker.
    Ein paar endlose Sekunden lang stand sie einfach nur da, starr wie ein Kaninchen, in der Hoffnung, einfach mit der Umgebung zu verschmelzen, damit der große böse Wolf sie nicht sehen würde. Wenn der große böse Wolf allerdings noch im Haus war oder auch draußen, war die Wahrscheinlichkeit recht groß, dass er sie sah, bei der Festbeleuchtung, die sie hier veranstaltet hatte.
    Jetzt, Iris. Jetzt forderst du Verstärkung an. Genau jetzt.
    Fünf Minuten später raste ein Streifenwagen in ihre Einfahrt, mit heulendem Martinshorn, flackerndem Blaulicht und Seitenscheinwerfern, die den Garten ausleuchteten. Er bremste scharf, direkt hinter ihrem Geländewagen, und gleich darauf kam Lieutenant Sampson auf das Haus zugerannt.
    «Drinnen oder draußen?», flüsterte er heiser, kaum dass er durch die Tür war. Er war unrasiert und nur notdürftig bekleidet, hatte sich die Stiefel nicht zugeschnürt und die Uniformjacke nicht zugemacht, doch sein Blick war wach und aufmerksam.
    «Ich weiß nicht.» Sie hauchte es mehr, als dass sie es sagte, und fühlte sich so wie andere Leute vermutlich auch, wenn sie in Not waren und die Polizei kam und sich der Sache annahm: sicher, geborgen, voller Dankbarkeit. Sie überlegte, wie sich das wohl von der anderen Seite anfühlte, und dann begriff sie zum ersten Mal, dass gute Polizisten genau aus diesem Grund Polizisten wurden und dass sie das und nichts anderes mit ihrem Leben anfangen wollte.
    Sampson musterte sie, wie sie da in einer Ecke der Küche kauerte: eine zierliche Frau, barfuß und im Pyjama, mit einem Tranchiermesser in der Hand. «Wo ist Ihre Waffe?»
    «Oben.»
    «Lieber Himmel.»
    Er bedeutete ihr, hinter ihm zu bleiben, und gab ihr mit seinem Körper Deckung. Während er das Schlafzimmer und den Schrank durchsuchte, zog Iris Jeans und Pullover über den Schlafanzug, schnallte sich das Gürtelhalfter um und zog ihre Waffe. Sie durchsuchten das ganze Haus vom Dachboden bis zum Keller, wo sie schließlich auf das offene Fenster stießen. «Da ist er reingekommen und raus durch die offene Hintertür», sagte Sampson.
    Iris musterte stirnrunzelnd ein paar offene Kisten direkt neben dem alten Heizkessel. Auf dem Betonboden lagen Kleidungsstücke verstreut.
    Sampson folgte ihrem Blick. «Das ist ein potenzieller Brandherd. Viel zu nah an der Zündflamme.»
    «Die waren vorher nicht da. Sie standen dahinten an der Wand, verschlossen und zugeklebt.»
    «Fehlt irgendwas?»
    «Kann ich nicht genau sagen. Mein Exmann hat sie hiergelassen. Wintersachen und ein paar Werkzeuge.»
    Sampson richtete seine Taschenlampe auf den unordentlichen Haufen, runzelte die Stirn und schob dann mit dem Fuß ein paar Kleider beiseite. «Wie's scheint, hat Ihr Ex auch seine Brieftasche dagelassen.»
    Iris betrachtete die quadratische Lederbörse, die er in der behandschuhten Hand hielt. «Die ist nicht von Mark.»
    Sampson klappte die Brieftasche auf, warf einen Blick auf den Führerschein unter seiner durchsichtigen Plastikhülle und sah dann mit eigenartiger Miene zu Iris hinüber. «Stephen P. Doyle. Mein Gott, Iris. Kurt Weinbeck war hier unten.»

KAPITEL 24

    Noch während sie die Kellertreppe hinaufliefen, forderte Sampson über das Funkgerät an seiner Schulter Verstärkung an.
    So schnell, dachte Iris. Das geht alles so schnell. Etwas passiert, und man hat gar keine Zeit, darüber nachzudenken, man kann nur weitermachen

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