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Monkeewrench 04 - Memento

Monkeewrench 04 - Memento

Titel: Monkeewrench 04 - Memento Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P.J. Tracy
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bedeckt, aber es waren unzweifelhaft Fußspuren. Zwei Paar: Die eine führte zum Haus, auf die Veranda, die andere weg vom Haus, zurück zur Einfahrt.

KAPITEL 22

    Iris hatte das Gefühl, ihre Füße nicht mehr bewegen zu können. Sie fragte sich, ob man wohl schon nach ein paar Sekunden Stillstehen am Boden festfrieren konnte. So stand sie da, rührte sich nicht vom Fleck, während die Eiskörner von der Kapuze ihres Anoraks abprallten, und starrte im gelblichen Lichtschein von der Veranda auf die Fußspuren.
    Das Wetter verwischte sie bereits, doch sie waren ganz offensichtlich größer als ihre eigenen. Viel größer. Es waren die Fußabdrücke eines Mannes.
    Sie schloss die Augen und holte tief Luft. Super, Iris. Heute Morgen hast du dich vor der Dunkelheit gefürchtet, und jetzt hast du Angst vor ein paar Fußspuren. Ganz schön albern, oder?
    Dann entschied sie, dass es gar nicht so albern war. Schließlich hatte sie heute eine blutverschmierte Leiche in einem Schneemann gesehen, eine Geistergeschichte gehört und erfahren, dass ein Mörder in der Gegend frei herumlief. Solche Kleinigkeiten ließen ein paar Fußspuren dann doch sehr viel bedrohlicher wirken.
    Sie machte die Augen wieder auf, straffte die Schultern und atmete rasch und heftig ein und aus, als könnte sie mit dem Sauerstoff auch Mut in sich hineinsaugen.
    Kluge Cops rufen Verstärkung. Dumme Cops sterben. Dieses Mantra hatte der Ausbilder für den Polizeidienst ihnen wochenlang immer und immer wieder eingebläut. Als Frau, die plötzlich ganz allein im Leben zurechtkommen musste, fand sie es seltsam beruhigend zu wissen, dass sie bei der Arbeit nie allein sein würde. Schwierig war nur zu entscheiden, wann man das in der Praxis umsetzen sollte. Hier ist Sheriff Rikker. Ich habe Fußspuren vor dem Haus. Bitte schicken Sie Verstärkung.
    Bei dem Gedanken musste sie innerlich kichern und revidierte ihren ursprünglichen Entschluss. Sie war trotz allem albern, fast schon paranoid. Sie hatte also Fußspuren im Vorgarten. Na und? Gut, sie wohnte definitiv weitab der wenigen Wege in der Gegend, und in dem einen Jahr, das sie jetzt hier wohnte, war nie jemand einfach so bei ihr vorbeigekommen, aber das hieß ja noch lange nicht, dass das nicht passieren konnte. Vielleicht hatte ja jemand nach dem Weg fragen wollen. Vielleicht war auch Mark vorbeigekommen, um sich die Wintersachen zu holen, die er noch im Keller gelagert hatte, und hatte sie um die Chance gebracht, ihn mit ihrer großen neuen Dienstwaffe abzuknallen. Oder ein Zeuge Jehovas, der sich auch vom schlimmsten Schneesturm nicht von seinem Missionierungsauftrag abbringen ließ.
    Sie nahm ungefähr gleichzeitig wahr, dass sie fror und genervt war. Sie hatte einfach keine Lust mehr, ständig Angst zu haben. Was würden ihre Wähler von ihr denken, wenn sie erfuhren, dass sie als neu gewählter Sheriff sich von ein paar Fußspuren ins Bockshorn jagen ließ? Niemals hätte sie damit gerechnet, diesen Posten zu bekommen, aber jetzt hatte sie ihn nun einmal, und es wurde höchste Zeit, dass sie anfing, wie eine Polizistin zu denken und zu agieren, und nicht mehr wie eine verschüchterte, zurückhaltende Frau, die jedes Mal Angst bekam, wenn sie abends im Dunkeln nach Hause fuhr.
    Sie zückte ihre Taschenlampe, schaffte es endlich, ihre Füße zu bewegen, und folgte den Fußspuren, die von der Veranda weg um das Haus herumführten.
    Bis auf das Rieseln des Graupeis und das gelegentliche Knarzen der Bäume, deren Aste sich über die immer schwerere neue Graupellast beklagten, herrschte atemlose Stille. Alle paar Schritte blieb Iris stehen und leuchtete mit der Taschenlampe den Garten aus, doch abgesehen von den Fußspuren, denen sie folgte, war die Schneedecke völlig unberührt.
    Auf der anderen Seite des Hauses tauchte der hässliche, röhrenförmige Umriss des Zweieinhalb-Kubikmeter-Propangastanks auf. Die Metallummantelung glänzte im Schein der Taschenlampe, und direkt vor dem Tank wurden die Fußspuren undeutlicher und verwischter.
    «Ach, du lieber Himmel», murmelte Iris vor sich hin. Sie spürte, wie ihre Schultern sich gleich um mehrere Zentimeter senkten, als die Anspannung abrupt nachließ.
    Der Gasmann. Der einzige Mensch, der sie regelmäßig besuchte, und sie hatte überhaupt nicht an ihn gedacht. Ein großer, runder, freundlicher Teddybär von einem Mann mit großen Füßen und einem großen Lachen, der gerade so viel schwarze Magie beherrschte, um immer genau zu wissen, wann ihr

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