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Monkeewrench 06 - Todesnaehe

Monkeewrench 06 - Todesnaehe

Titel: Monkeewrench 06 - Todesnaehe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: P.J. Tracy
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vertrieben.
    «Siehst du was?», flüsterte Harley angespannt, die eigene Waffe entsichert im Anschlag.
    Grace zuckte unschlüssig die Achseln, deutete auf das Licht.
    Harley entspannte sich merklich. «Mondschein», sagte er. «Der Wald ist trügerisch. Hier oben verliert man das Gefühl für Entfernungen, weil es sonst keine Anhaltspunkte gibt.»
    Alle vagen Zweifel verließen Grace, und sie legte den verbliebenen Weg bis zur Telefonzelle mit drei großen Schritten zurück.
    Das Leben war wie ein Rouletterad, es bestand aus Zufälligkeiten und hielt keine Wunder bereit; Schicksal und Vorsehung gab es nicht, davon war Grace felsenfest überzeugt. Trotzdem: Als sie den schartigen Kunststoffhörer abnahm und ein Freizeichen hörte, glaubte sie einen Moment lang, die Hand Gottes zu spüren. «Ich fass es nicht», flüsterte sie Harley zu. «Das Ding funktioniert. Gib mir mal Kleingeld.»
    Mit gerunzelter Stirn wühlte Harley in seinen Hosentaschen. «Wer hat denn heutzutage noch Kleingeld? Ich benutze seit fünfzehn Jahren nur noch Karten.»
    Grace betrachtete das uralte Telefon und dachte an die Zeit zurück, als sie als Kind auf der Flucht gewesen war. Damals hatte sie täglich die Telefonzellen der Stadt abgeklappert, auf der Suche nach Münzen, die im Rückgabefach liegen geblieben waren. An guten Tagen hatte sie auf diese Weise genug zusammenbekommen, um sich Toastbrot und einen warmen Platz in irgendeinem Café zu leisten, wo sie dann Milchdöschen und Ketchuppäckchen klaute und sich daraus mit heißem Wasser aus dem Waschraum eine Suppe machte.
    Sie schob die Finger in das Fach und zog mit triumphierender Miene zwei Vierteldollarmünzen hervor. Anscheinend waren die Kinder heutzutage zu faul oder zu verwöhnt, um solche einfachen Geldquellen aufzusuchen.
    «Gut gemacht, Grace», flüsterte Harley, doch Grace hatte die Münzen bereits eingeworfen und wählte Magozzis Nummer. Sie sprach rasch, lauschte kurz und spürte dabei, wie sich Charlie an ihr Bein drückte. Als sie aufgelegt hatte und sich bückte, um den Hund zu streicheln, spürte sie seine Anspannung. Er hatte sich hingesetzt und presste sich fest gegen sie, doch den Blick hielt er starr auf den Hügel gerichtet, auf den auch Grace zuvor geschaut hatte, und auf das Licht in den Wolken darüber. Er winselte einmal kurz, dann stieß er ein leises, kehliges Knurren aus.

KAPITEL 42
    M
ukwa erwies sich als hartnäckiger Gast – auch in dieser Nacht erschien er dem Chief und zeigte ihm einen stillen, dunklen Winterwald. Dann führte er ihn tief in den Wald hinein auf eine kleine Lichtung, wo ein einzelner Mondstrahl durch die dürren, kahlen Baumkronen fiel. Der Waldboden, den er beleuchtete, war von einer hauchdünnen Schicht brüchigen Eises bedeckt. Darüber blitzten und funkelten die knorrigen Äste wie Kristall, vom Eissturm reich geschmückt.
    Ganz in der Nähe streckte
Waboo, der Hase, seine zuckende Nase unter einem Berberitzenstrauch hervor, schnupperte in die nächtliche Luft und hoppelte dann wachsam aus seinem Versteck, um sich auf Nahrungssuche zu begeben. Das war sonderbar, denn wegen der vielen drohenden Gefahren verließ Waboo seinen Bau sonst nie bei Nacht. Das Karnickel musste also wirklich hungrig sein.
    Trotz seines geringen Gewichts splitterte und knackte das Eis, das den Waldboden bedeckte, unter seinen weichen, pelzigen Pfoten. Waboo blieb wie erstarrt sitzen, weil er wusste, das Geräusch würde Raubtiere anlocken. Der Hunger hatte ihn leichtsinnig gemacht.
    Schatten lösten sich aus dem Wald, kamen näher heran.
    «Wiisagizi maa’ingan»,
sprach Mukwa. Es war das erste Mal seit Khe Sanh, dass er etwas sagte.
    Kojoten. Die trickreichen Schelme.
    Als der Chief erwachte, prasselte der Eisregen immer noch an sein Fenster. Er seufzte tief auf. Wenn Mukwa ihm bloß gezeigt hätte, was mit Waboo geschah!

    Gino hatte keine Ahnung, wie lange er geschlafen hatte. Gerade noch hatte er mit Magozzi geredet und versucht, ihn vom Verschwinden des Monkeewrench-Teams abzulenken, obwohl McLarens Bericht ja positiv gewesen war. Und jetzt spürte er plötzlich einen stechenden Schmerz im Nacken und eine Hand am Arm, die ihn sanft wachrüttelte. Als er die Augen aufmachte, sah er eine verschwommene Gestalt mit schwarzem Haar vor sich. Er konnte nur hoffen, dass es Magozzi war und kein Bär. «Oh … wie lang hab ich denn geschlafen?»
    «Zwei Stunden vielleicht.»
    «Tut mir leid, dass ich eingenickt bin.» Gino bewegte den Kopf hin und her, um die

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