Monsieur Papon oder ein Dorf steht kopf
Mängeln«, bemerkte Serge ernst. »Lässt sich wohl nicht vermeiden, den Laden dichtzumachen.«
Major Gaillard verzog das Gesicht und zuckte mit den Schultern. »Nicht unbedingt. Natürlich kann ich den beiden erst bescheinigen, dass die Prüfung bestanden ist, wenn die Arbeiten abgeschlossen sind, und ich möchte auch gern einen Nachweis von einem zertifizierten Elektriker, dass mit der elektrischen Ausstattung alles in Ordnung ist. Aber sie können die Auberge mit Ihrem Segen weiterbetreiben, und wir könnten einen Fertigstellungstermin vereinbaren, bis zu dem alles erledigt sein sollte. Sagen wir, in einem Jahr?«
Serge lehnte sich auf seinem Stuhl zurück, der aufgrund seiner schmerzlichen Erfahrungen nun dem Feuer zugewandt war, und rieb sich das Kinn.
»Es handelt sich also um eine potenzielle Gefahr für die Gäste?«, fragte er.
»Nun ja, möglicherweise, aber …«
»Und besteht der Zweck einer solchen Prüfung nicht darin, nachzuweisen, dass solche Betriebe sicher sind?«
»Ja, aber …«
»Also sollten wir eigentlich empfehlen, die Auberge bis zur Beendigung der Modernisierungsmaßnamen zu schließen.«
Major Gaillard senkte langsam sein Glas, stellte es auf dem Tisch ab und drehte sich Monsieur Chevalier zu, dem beinahe vor Überraschung die Augen aus dem Kopf fielen.In all den Jahren, in denen sie Lokale im Verwaltungsbezirk Ariège geprüft hatten, von denen viele in einem sehr viel schlimmeren Zustand gewesen waren als die Auberge des Deux Vallées , hatte nicht ein einziges Mal ein Bürgermeister von sich aus das Ansinnen geäußert, einen Betrieb schließen zu lassen. Normalerweise kämpften sie mit allen Mitteln und nutzten ihren Einfluss, um genau dies zu verhindern. Was Bürgermeister Papon da vorschlug, ergab einfach keinen Sinn. Weder die Gemeinde noch die Besitzer hatten etwas davon.
»Entschuldigen Sie, ich verstehe das nicht«, brachte Major Gaillard schließlich hervor. »Wieso wollen Sie sie denn schließen lassen?«
Serge verzog kühl die Lippen. Ein Lächeln, das seine Augen nicht erreichte. »Ich handle einzig und allein im Interesse der Gemeinde.«
Major Gaillard unterdrückte ein Schaudern und stürzte den Rest seines Getränks hinunter, um es sich nicht anmerken zu lassen. »Letztendlich liegt die Entscheidung, die Auberge zu schließen, nicht bei mir, wie Sie wissen«, erklärte er, während er sich den Schnurrbart abwischte. »Das ist Sache der Gemeinde. Ich bin bereit, die Prüfung als mangelhaft abzuzeichnen. Was Sie dann damit anfangen, liegt ganz bei Ihnen.«
Und damit erhob er sich und verließ die Bar. Er wollte nichts mit dem zu tun haben, was in der Gemeinde von Fogas vor sich ging. Aber die neuen Besitzer der Auberge konnten einem leidtun, so viel stand fest.
Annie Estaque hatte ihren Einkaufsgang wirklich zeitlich perfekt abgestimmt. Aus dem Schutz der Épicerie sah sie zu, wie der Feuerwehrmann aus der Bar hinaus- und die Straße zu seinem Wagen hinunterstapfte, augenscheinlichunzufrieden mit der Diskussion, die soeben stattgefunden hatte und von Annie und Josette belauscht worden war.
»Er wird es dem Conseil Municipal anheimstellen müssen«, sagte Josette. »Er kann sie nicht einfach dichtmachen.«
Annie schnaubte und schüttelte den Kopf. »Erwirdschieschumachen. Laschdirdaschgeschagtschein.« Sie fasste die Griffe ihrer Einkaufstasche, die leichter war als gewöhnlich, da sie den größten Teil ihrer Besorgungen bereits am Freitag erledigt hatte.
»Bist du dir auch sicher, dass du sonst nichts mehr brauchst, Annie?«, fragte Josette. Das Funkeln in ihren Augen ließ erkennen, dass sie den wahren Grund für ihren Besuch in der Épicerie durchschaut hatte.
Anstelle einer Antwort gab Annie nur ein Kichern von sich und verließ den Laden genau in dem Moment, als Serge Papon aus der Bar heraustrat. Er schritt an ihr vorbei, ohne sie zu bemerken, und verzog gedankenversunken das Gesicht, als er auf seinen Wagen zumarschierte. Sie blickte ihm nach und bemerkte erst, dass sie die Luft angehalten hatte, als sie unwillkürlich tief einatmete, ganz so, als versuchten sich ihre Lungen von einem schlechten Geruch zu reinigen. Sie schritt die Straße hinunter, ohne sich darüber im Klaren zu sein, was sie tun sollte, aber sie war sicher, DASS sie etwas tun sollte.
Als sie auf einer Höhe mit der Auberge war, hörte sie, wie in der Ferne eine Tür zugeschlagen wurde, und aus dem Augenwinkel erblickte sie eine junge Frau, die von der Rückseite kommend um die Ecke
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