Monsieur Papon oder ein Dorf steht kopf
abzurechnen.
Kapitel 7
Serge Papon saß am Fenster des Cafés Galopin und starrte auf den Fluss hinaus, der über das Wehr stürzte, blind gegenüber der Schönheit der Sonne, die auf der Wasseroberfläche schimmerte. Eine Espressotasse schmiegte sich in die gekrümmten Finger seiner linken Hand, während seine rechte einen ungeduldigen Stakkato-Rhythmus auf die metallene Tischoberfläche trommelte.
Er schaute auf seine Uhr, und Zorn stieg in ihm auf.
Wo steckte der Blödmann nur? Er hätte schon längst da sein sollen. Sie hatten nicht viel Zeit. Bestenfalls zwei Stunden.
Zwei Stunden. Das war alles, was zwischen ihm und seiner süßen Rache stand. Zwei Tage waren seit der Prüfung vergangen, und die Auberge war seinem Zugriff ein Stück näher gerückt. Die beiden Ausländer durften bald ihre Heimreise antreten. Was Christian betraf, so hatte der genauso reagiert wie erwartet. Unter seinem behäbigen bäurischen Gebaren lag ein Verstand verborgen, der beinahe so scharf war wie sein eigener. Er hatte nur eine große Schwäche. Christian zog es vor, fair zu spielen.
Serge kicherte, als er den Rest seines Kaffees austrank. Von so etwas ließ er sich in seinem Leben nicht einengen. Im Gegenteil. Und genau das war der Grund, warum er amfrühen Nachmittag in diesem halb leeren Café saß und auf den Fluss hinausschaute.
Als er seine Tasse senkte, nahm er eine Bewegung jenseits der Pont Vieux wahr. Ganz flüchtig nur, und doch fiel etwas Orangefarbenes ins Auge. Serge konzentrierte sich auf das Menschengewühl, das die Brücke im Herzen von St. Girons überquerte. Und tatsächlich erblickte er weiter hinten Bernard Mirouze, der von einem Ladeneingang zu einer Säule flitzte und sich dann an die Fersen einer alten Dame mit Pudel heftete, ganz offenbar um die Unauffälligkeit bemüht, die Serge ihm einzubläuen versucht hatte. Nur leider zierte dabei die orangefarbene Baskenmütze seinen Kopf, die er für gewöhnlich bei der Jagd trug.
Serge stöhnte. Der Mann war wirklich ein Idiot. Wie zum Teufel konnte dieser Fettklops nur glauben, mit dieser Kopfbedeckung unauffällig durch St. Girons huschen zu können? Der cantonnier bewegte sich mit der Anmut eines angeschossenen Elefanten, und einige Leute zeigten schon lachend auf ihn, als er in seiner Camouflagehose die Brücke überquerte und seine Baskenmütze in den schrägen Strahlen der Wintersonne leuchtete.
Schließlich erreichte Bernard die Tür des Cafés, schlüpfte hinein und fuhr herum, um nachzuschauen, ob ihm jemand folgte. Dabei stieß er mit seinem breiten Hintern gegen den nächststehenden Tisch, der daraufhin umstürzte. Er sprang erschrocken zurück und warf den Garderobenständer um, der auf der anderen Seite des Eingangs stand. Als der Besitzer auf ihn zueilte, um weiteres Chaos zu verhindern, und Bernard unter Fluchen von der Tür fortscheuchte, bemerkte dieser Serge, der an einem Tisch im hinteren Teil des Raumes saß, und strebte auf ihn zu.
»Ich glaube nicht, dass mich jemand gesehen hat«, versicherte er mit einem triumphierenden Lächeln.
Serge schluckte die Entgegnung hinunter, die ihm auf der Zunge lag und bestellte per Handzeichen zwei Espressos, was sowohl als Wiedergutmachung für den entstandenen Schaden dienen sollte, als auch um Zeit zu gewinnen, sich abzuregen.
»Du bist spät dran«, quetschte er schließlich zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor.
Bernards Lächeln erstarb, und an seine Stelle trat ein besorgtes Stirnrunzeln. »Tut mir leid, Bürgermeister. Ich musste erst noch nach Hause, um meine Baskenmütze zu holen. Die hatte ich heute Morgen nämlich vergessen. Und ich sollte doch vorsichtig sein. Also dachte ich mir, ich trage am besten etwas zur Tarnung, und da doch heute Mittwoch ist, also Jagdtag, na ja, ich dachte, das ist doch goldrichtig, da wird niemand irgendeinen Verdacht hegen und –«
Serge hielt eine Hand in die Höhe, um dem Redeschwall des nervösen cantonnier Einhalt zu gebieten. Vielleicht war das mit dem Espresso doch keine so gute Idee gewesen. Der Mann war schon kribbelig genug.
»Das reicht«, sagte er. »Dafür haben wir jetzt keine Zeit. Die Gemeinderatsversammlung ist in zwei Stunden, und du musst etwas für mich tun. Etwas, wovon niemand sonst wissen darf.«
In seinem Eifer, dem Bürgermeister zu Diensten zu sein, lehnte sich Bernard nach vorn und brachte den Kaffee zum Überschwappen, als sein Bauch gegen den Tisch stieß. Er versuchte die Schweinerei halbherzig mit einer Serviette
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