Monster
Ardullo und Theresa Mclntyre. Das Brautkleid, ein »wogender Traum mit einem drei Meter langen, handgestickten Schleier mit belgischer Spitze und Süßwasserperlen, war eigens in San Francisco angefertigt worden.« In diesem Falle allerdings kein Dekollete. Theresa Ardullo mochte es lieber hochgeschlossen und mit langen Ärmeln.
Ich nahm mir den nächsten Stapel vor.
Ein halbes Jahr nach dem Besuch der Immobilieninvestoren gab es noch immer keinerlei Berichte über Landverkäufe oder Verkaufsverhandlungen. Ebenso wenig wie über Angebote von anderen Firmen.
Waren Crimmins’ Angebote abgewiesen worden, weil Scott Ardullo sich geweigert hatte zu verkaufen und niemand sich mit halben Sachen begnügen wollte?
Falls dem so war, ließ Crimmins keinerlei Kommentar verlauten. Im Juli 1978 unternahmen er und Sybil eine Kreuzfahrt zu den Bahamas. Schnappschüsse von ihr auf dem Schiffsdeck, wie sie, ihre Formen von einem knapp sitzenden Bikini mit Blumenmuster notdürftig verhüllt, ein großes Longdrinkglas in der Hand hielt. Der Bildunterschrift zufolge »unterhielt sie ihre Mitreisenden mit schwungvollen Versionen von Broadwaymelodien.«
In der Folgezeit nichts von besonderem Interesse. Dann stieß ich auf einen Bericht vom 5. Januar 1980 über »den Wohltätigkeitsball der landwirtschaftlichen Interessengemeinschaft zum Neujahrstag« in der Silver Saddle Lodge in Fresno.
Am unteren Ende von Seite vier entdeckte ich schließlich ein bekanntes Gesicht.
Scott Ardullo beim Tanz, allerdings nicht mit seiner Frau.
In seinen Armen hielt er Sybil Crimmins, deren langes weißblondes Haar bis hinab zu ihren nackten Schultern wogte. Sie trug ein trägerloses schwarzes Abendkleid, das vorne reichlich knapp saß, und ihre Brüste schmiegten sich an seine frisch gestärkte weiße Hemdbrust. Ihre Hände waren ineinander verschlungen, und der protzige Diamantring an ihrem Finger schimmerte zwischen den seinen. Er schaute zu ihr hinab und sie zu ihm hinauf. In seinem Blick lag ein seltsamer Ausdruck, der nicht so recht zu dem Erscheinungsbild eines seriösen jungen Geschäftsmannes passen wollte - als würden die Hitze und die Helligkeit seine Hirntätigkeit beeinflussen.
Ein Trottel, der in die Falle gegangen war.
Vielleicht lag es daran, dass er zu viel getrunken hatte. Oder das ungewohnte Gefühl, jemand anderes als seine Frau im Arm zu halten und ihren warmen Atem auf seinem Gesicht zu spüren. Konnte aber auch sein, dass die große Party den beiden eine Gelegenheit geboten hatte, endlich ansatzweise das auszuleben, was sie ohnehin schon in dunklen Hinterzimmern betrieben.
Vielleicht lag hier der Grund für Jacob Haas’ plötzliche Wortkargheit, als die Rede auf Sybil Crimmins kam. Die Tatsache, dass Scott, ein Junge, für den er nie etwas anderes als Bewunderung gehegt hatte, einer platinblonden Schlampe aus L.A. auf den Leim gegangen war?
Während ich das Bild betrachtete, schien es mir beinahe so, als sei die Hitze, die es ausstrahlte, physisch spürbar. Es sagte in der Tat mehr als tausend Worte. Ich war überrascht darüber, dass der Intelligencer es überhaupt abgedruckt hatte.
In der Ausgabe drei Wochen später stieß ich auf einen Leitartikel, der eine Erklärung dafür bot:
Nachdem wir eingehend mit uns zu Rate gegangen sind und uns aus erster Hand über die Erfolge und Bemühungen jener informiert haben, die in aufrechter Manier - manch einer würde sagen, im vergeblichen Kampf gegen die Windmühlen der Zeit - nicht nur gegen die Unbilden der Natur, sondern auch gegen die wesentlich bösartigeren Mächte in hohen Regierungsetagen anzukämpfen versucht haben, ist diese Zeitung zu der Überzeugung gelangt, dass es mittlerweile geboten ist, dem Selbsterhaltungstrieb und der Vernunft nachzugeben.
Es mag ja schön und gut sein, wenn jene, die mit dem goldenen Löffel im Mund zur Welt gekommen sind, nicht müde werden, abstrakte Ideale zu propagieren und immer wieder zu betonen, dass der landwirtschaftliche Familienbetrieb etwas Heiliges darstellt, doch dem Großteil der Bevölkerung, jenen hart arbeitenden Männern, auf denen die schwere Knochenarbeit lastet, die mit der Urbarmachung des Bodens, der Hege und Pflege ihrer Bäume und dem Einbringen der Ernte einhergeht, stellt sich die Angelegenheit ganz anders dar.
Der Durchschnittsbürger von Treadway - und, so wagen wir zu behaupten, jeder anderen landwirtschaftlich orientierten Gemeinde - plagt sich Tag für Tag für einen Hungerlohn ab, ohne die geringste
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