Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Monster

Monster

Titel: Monster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
Vom Netzwerk:
gießt, um den Stress am Dreh zu vergessen, ein paar Meter daneben vielleicht der Kerl, der Ward Cleaver gespielt hat, wie immer er auch heißen mochte.
    Ich war schon in diversen Restaurants am Riverside, aber noch nie im Oak Barrel. Wie sich herausstellte, handelte es sich dabei um ein recht ansehnliches Ensemble aus Klinkersteinen und Rauputz an einer südwestlichen Biegung der Straße im schummrigen Schein der Straßenbeleuchtung. Der Parkplatz war doppelt so groß wie das Restaurant selbst und deutete darauf hin, dass es in den späten Vierzigern oder frühen Fünfzigern errichtet worden war. Es gab keinen Parkservice, sondern nur markierte Parkplätze, von denen etwa ein Viertel besetzt war. Lincolns, Cadillacs, Buicks und noch mehr Lincolns.
    Die Tür bestand aus Eichenholz mit einem blasigen Glaspaneel. Wir traten ein und fanden uns einer Gitterstellwand gegenüber. Dann gelangten wir in eine kleine Empfangshalle, an deren Ende die Cocktailbar lag. Von den vier Gästen an der Bar sah man zunächst nur die Ellbogen. Über einer Wand voller Flaschen flackerten die Fernsehnachrichten ohne Ton. Die Luft war eisig, gewürzt mit Pianoklängen, und die Beleuchtung war so trübe, dass man Schwierigkeiten hatte, irgendwelche Farben zu unterscheiden. Allerdings trug der Maitre d’ ein grünes Jackett von einer solchen Strahlkraft, dass es selbst bis zu uns durchdrang.
    Er war groß gewachsen, mindestens siebzig Jahre alt und hatte weißes, straff zurückgekämmtes Haar. Sein Gesicht sah italienisch aus, und er trug eine schwarze Hornbrille. Vor ihm auf einem Eichenpult lag aufgeschlagen das Reservierungsbuch. Jede Menge freie Tische.
    Der Maitre d’ sagte: »Guten Abend, meine Herren.« Ein verhaltenes Lächeln, die klare Aussprache untermalt von einem italienischen Akzent. Als wir näher kamen, sagte er: »Ah, Detective. Schön, Sie wieder zu sehen.« Auf einer rechteckigen Goldplakette an seinem Jacket stand »Lew« eingraviert.
    »Hey, Sie erinnern sich noch an mich«, sagte Milo mit einer Jovialität, die sogar echt klang.
    »Das Gedächtnis funktioniert noch. So oft kommt die Polizei hier nicht her. Jedenfalls nicht hier zu uns. Und Sie? Heute kommen Sie aber zum Essen?«
    »Zum Trinken«, sagte Milo.
    »Hier entlang.« Sein Ärmel schwenkte grün leuchtend herum. »Machen Sie Fortschritte mit Richard?«
    »Ich wollte, es wäre so«, sagte Milo. »Aber wo wir gerade davon reden, ist diese Frau jemals hier gewesen?« In seiner Hand materialisierte sich ein Foto von Ciaire wie ein Kaninchen aus dem Zylinder eines Magiers.
    Lew lächelte. »Wo wir gerade davon reden, hm? Sind Sie hier, um außer Informationen noch was zu sich zu nehmen?«
    »Sicher. Bier, wenn Sie so was führen.«
    Lew lachte und betrachtete das Foto. »Nein, tut mir Leid, die hab ich nie gesehen. Ist sie eine Bekannte von Richard?«
    »Das würde ich gern herausfinden«, sagte Milo. »Gibt es vielleicht sonst noch was, das Ihnen eingefallen ist, seit ich das letzte Mal hier war?«
    Der Maitre d’ reichte ihm das Foto zurück. »Nein, Richard war ein guter Junge, ruhig, fleißig. Normalerweise stellen wir keine Verhinderten an, aber er war in Ordnung.«
    »Verhinderte?«, sagte ich.
    »Verhinderte Schauspieler, verhinderte Regisseure - meistens taugen die nichts. Halten sich für was Besseres, glauben, in einem Restaurant zu arbeiten ist unter ihrer Würde und dass man froh sein soll, wenn sie überhaupt auftauchen. Neunzig Prozent von denen können nicht mal einen Brotkorb tragen, oder sie blaffen irgendwann einen Stammgast an, und ich kann dann zusehen, wie ich wieder Ordnung ins Chaos bringe.
    Wir bevorzugen hier die älteren Jahrgänge«, sagte er. »Alte Knaben, mit solider Ausbildung und Klasse. Wie ich selbst. Dafür, dass er so jung war, war Richard ganz in Ordnung. Höflich - >Madam< und >Sir<, nicht dieses bescheuerte »Hier entlang, Leute<. Deswegen habe ich ihn angestellt, auch wenn er eigentlich Schauspieler werden wollte. Außerdem hat er mich so angebettelt. Er hat gesagt, er würde das Geld wirklich brauchen. Und ich habe mich in ihm nicht getäuscht. Kommen Sie, gehen wir rüber, damit ihr Jungs was zu trinken bekommt.«
    Die Bar war eine riesige Parabel aus lackiertem Nussbaum mit einer roten Lederpolsterung am Rand. Fußstützen aus Messing, rote Hocker mit Messingbeinen. Die anderen vier Gäste waren Männer mittleren Alters in Sportsakkos. Sie alle hatten bereits glasige Augen, saßen mit einigem Abstand zu einander an der

Weitere Kostenlose Bücher