Monster
war ein Bezirk, in dem die verschiedenen Rassen mit einem gewissen unverbindlichen Stolz nebeneinanderher lebten, wo aber dennoch eine diffuse Spannung in der Luft zu liegen schien.
Das, was Griffith Wark vor zweiundzwanzig Monaten sein Heim genannt hatte, war ein blassgrüner Bungalow im spanischen Stil mit überaus gepflegtem Rasen ohne weiteren Zierrat, in dessen Mitte ein Schild mit der Aufschrift »Zu vermieten« steckte. In der Auffahrt stand ein Oldsmobile Cutlass neueren Jahrgangs. Milo fuhr ein Stück weiter den Block entlang, parkte kurz und überprüfte die Nummernschilder. »TBL Immobilien, sitzen auf dem Wilshire Boulevard ungefähr auf Höhe von La Brea.«
Er wendete und parkte vor dem grünen Haus. Ein knorriger alter Magnolienbaum in der Auffahrt des Nachbarhauses warf seinen Schatten auf den Olds. An den Stamm genagelt war ein Flugblatt mit dem verschwommenen Foto eines Rottweilers, der die Zähne bleckte. »Hat irgendjemand Buddy gesehen?« Darunter eine Telefonnummer und ein maschinengeschriebener Text: Buddy wurde seit über einer Woche vermisst und brauchte täglich Medikamente für seine Schilddrüse. Wer ihn fand, dem winkte eine Belohnung von hundert Dollar. Aus irgendeinem Grund kam mir Buddy bekannt vor. Allmählich erinnerte mich alles an irgendwas.
Vorbei an einer niedrigen Rauputzmauer, die eine kleine Veranda umgrenzte, gingen wir zum Eingang des grünen Hauses. Die Tür glänzte und verströmte einen beißenden Geruch - frisch lackiert. Ein Türklopfer aus glänzendem Messing. Milo hob ihn und ließ los.
Schritte. Ein asiatisch aussehender Mann öffnete die Tür. Er war etwa Mitte sechzig, trug ein beigefarbenes Arbeitshemd, dessen Ärmel bis zu den Ellbogen hochgerollt waren, passende Hosen und weiße Turnschuhe. Die Ähnlichkeit zu den Insassen von Starkweather jagte uns beiden einen kurzen Schauer über den Rücken.
»Ja?« Seine Haare waren weiß und spärlich, seine Augen schmale Schlitze. In einer Hand hielt er einen zusammengeknüllten grauen Lappen.
Milo zeigte ihm seine Polizeimarke. »Wir sind hier wegen George Orson.«
»Wegen dem.« Ein müdes Lächeln. »Das überrascht mich nicht. Kommen Sie rein.«
Wir folgten ihm in ein kleines, leer geräumtes Wohnzimmer. Daneben lag die Küche, ebenfalls leer, wenn man von einer Sechserpackung Küchentücher auf der braun gekachelten Arbeitsfläche absah. In einer Ecke lehnten ein Mopp und ein Besen wie Marathonläufer nach einem anstrengenden Rennen. Das Haus stand ganz offensichtlich leer, war aber immer noch erfüllt von schalen Gerüchen - gebratenes Fleisch, Zigarettenrauch und muffige Luft -, die sich einen Kampf mit Putzmittel, Salpeter und dem Türlack lieferten.
Es stand leer, wirkte aber immer noch bewohnter als Claires Haus.
Der Mann streckte uns die Hand entgegen. »Len Itatani.«
»Arbeiten Sie für den Besitzer, Sir?«, fragte Milo. Itatani lächelte. »Ich bin der Besitzer.« Er zückte zwei Visitenkarten.
TBL IMMOBILIEN
LEONARD J. ITATANI, PRÄSIDENT
»Die Firma ist nach meinen Kindern benannt. Tom, Beverly und Linda. Also, was hat Orson ausgefressen?«
»Hört sich an, als hätten Sie Probleme mit ihm gehabt, Sir«, sagte Milo.
»Ausschließlich«, sagte Itatani. Er ließ seinen Blick durch den Raum schweifen. »Entschuldigen Sie, dass ich Ihnen keinen Stuhl anbieten kann. Haben Sie Durst? Es gibt allerdings nur Mineralwasser. Eigentlich ist es viel zu heiß zum Saubermachen, aber der Sommer ist, was Vermietungen angeht, nun mal Hochsaison, und ich will, dass die Bude hier in Ordnung kommt.«
»Nein danke«, sagte Milo. »Was hat Orson angestellt?«
Itatani zog ein zusammengefaltetes Papiertaschentuch aus der Brusttasche seines Hemdes und tupfte sich über seine glatte, breite Stirn, obwohl er, soweit ich es beurteilen konnte, überhaupt nicht schwitzte. »Orson war ein Penner. Hat seine Miete immer mit Verspätung gezahlt und schließlich überhaupt nicht mehr. Die Nachbarin hat sich beschwert, er würde Drogen verkaufen, aber davon habe ich keine Ahnung, und wenn, hätte ich sowieso nichts dagegen machen können. Sie sagte, nachts würden hier alle möglichen Autos vorfahren, kurz parken und dann wieder wegfahren. Ich hab ihr gesagt, sie soll sich an die Polizei wenden.«
»Und hat sie das?«
»Da müssen Sie sie selbst fragen.«
»Welche Nachbarin?«
»Die gleich nebenan.« Itatani deutete nach Süden.
Milo nahm seinen Notizblock. »Sie haben sich also nie mit Orson über irgendwelche
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