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Monster

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Titel: Monster Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jonathan Kellerman
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ausgefressen? Jemanden umgebracht?« Sie blickte nach links. Itatani war aus seinem Wagen ausgestiegen und stand nun auf dem Rasen vor dem grünen Haus.
    »Es ist immer das Gleiche mit Vermietern, die sich nie blicken lassen. Denen ist es einfach egal, an wen sie ihre Buden vermieten. Also, was hat der Drecksack ausgefressen?«
    »Das versuchen wir gerade herauszufinden, Ma’am.«
    »Sie reden um den heißen Brei rum. Was hat er ausgefressen?« Sie stemmte die Hände in die Hüften. Die Seide gab ein helles Zischen von sich, und der Morgenmantel teilte sich am Kragen und gab den Blick frei auf ihren gepuderten Kehllappen, ein paar Zentimeter ihres knochigen Brustkorbes, aus dem die glänzenden Rippenbögen herausragten wie elfenbeinfarbene Handgriffe. Ihr Lippenstift war rot wie Arterienblut. »Wenn ich Ihnen was erzählen soll, dann tischen Sie mir nicht so ‘ne Scheiße auf.«
    »Mr. Orson steht im Verdacht, Drogen und Medikamente gestohlen zu haben, Mrs. -«
    »Miss«, sagte sie. »Sinclair, Miss Marie Sinclair. Drogen. Was für eine Überraschung. Wurde ja auch langsam Zeit, dass ihr Jungs euch den mal vorknöpft. Als der Penner hier gewohnt hat, sind andauernd Autos hier vorgefahren. Es war ein einziges Kommen und Gehen. Die ganze Nacht lang.«
    »Haben Sie je die Polizei gerufen?«
    Marie Sinclair sah aus, als würde sie ihm gleich eine Ohrfeige verpassen. »Gütiger Gott - nur sechsmal. Ihre so genannten Officers haben gesagt, sie würden mal vorbeifahren. Falls sie’s wirklich gemacht haben, haben sie jedenfalls ‘ne Menge erreicht.«
    Milo machte sich Notizen. »Was hat Orson noch getan, das Sie gestört hat, Miss Sinclair?«
    »Als ob es nicht genug gewesen wäre, dass die ganze Nacht Autos vorgefahren sind. Ich versuche zu üben, und die Scheinwerfer scheinen andauernd durch die Vorhänge. Da drüben.« Sie deutete auf ihr Vorderfenster, das mit einer Gardine verhangen war. »Was üben Sie, Ma’am?«, fragte Milo.
    »Piano. Ich gebe Unterricht und Klavierabende.« Sie spreizte ihre weißen Spinnenfinger. Die Nägel waren passend zum Lippenstift rot lackiert, aber kurz geschnitten.
    »Früher habe ich für’s Radio gearbeitet«, sagte sie. »Live Radio - in den alten RKO-Studios. Ich kannte Oskar Levant - was für ein Irrer. Hat auch keinen Bogen um die Drogen gemacht, das kann ich Ihnen sagen. Aber was für ein Genie. Ich war die erste Frau, die im Coconut Grove als Pianistin aufgetreten ist, ich habe im Mocambo gespielt und bei einer Party bei Ira Gershwin zu Hause oben am Roxbury Drive. Ich kann Ihnen ein Lied singen von wegen Lampenfieber - George und Ira als Zuhörer. Die beiden waren damals ganz groß, Titanen; heutzutage gibt’s nur noch mentale Zwerge und -«
    »Orson hat Mr. Itatani erzählt, er sei Filmregisseur.«
    »Mr. haiverauchimmer« - ein höhnisches Lachen - »gibt einen Scheiß drauf, an wen er seine Bude vermietet. Nachdem der Drecksack ausgezogen ist, hat er mir zwei völlig vergammelte Jungs vor die Nase gesetzt, das waren richtige Schweine, und danach einen schwulen Coiffeur. Damals, als ich das Haus hier gekauft habe -«
    »Als Orson hier gewohnt hat, ist Ihnen da je aufgefallen, dass nebenan Dreharbeiten im Gange waren?«, sagte Milo.
    »Klar, er war Cecil B. DeMille - nein, nie. Nur Autos, andauernd, ein einziges Kommen und Gehen, wie im Taubenschlag. Ich versuche zu üben, und andauernd scheinen hier die Scheinwerfer rein wie -«
    »Sie üben nachts, Ma’am?«
    »Na und?«, sagte Marie Sinclair. »Ist das mittlerweile verboten?«
    »Nein, Ma’am, ich wollte nur -«
    »Hören Sie«, sagte sie. Ihre Hände lösten sich von den Hüften, nur um sich einen Augenblick darauf wieder darin festzukrallen. »Es geht Sie zwar nichts an, aber ich bin ein Nachtmensch. Ich bin gerade aufgestanden, wenn Sie das was angeht. Das kommt von der jahrelangen Arbeit in Nachtclubs.« Sie trat hinaus auf die Veranda und ging auf Milo zu. »Nachts fängt das wahre Leben an. Der Morgen ist nur was für Schlappschwänze. Morgenmenschen sollte man in eine Reihe stellen und erschießen.«
    »Ihre Hauptbeschwerde gegen Orson richtete sich also gegen den Betrieb.«
    »Ich sage Ihnen doch, es ging zu wie im Taubenschlag, und es wurde mit Drogen gehandelt. Bei dem Pack, das hier aufgekreuzt ist, wer sagt denn, dass da nicht mal einer eine Kanone zieht. Und die Deppen können ja nicht mal geradeaus schießen. Man hört doch andauernd von irgendwelchen mexikanischen oder farbigen Kids, die

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