Monströse Welten 1: Gras
leichter Schmerz.«
»Wann bist du zuletzt beim Arzt gewesen?«
»Vor einigen Wochen, Älterer Bruder.«
»Und was hat er gesagt?«
»Mein Körper stößt die transplantierten Organe ab.«
»Vielleicht solltest du nach Heiligkeit zurückfliegen.«
»Auf keinen Fall, Älterer Bruder. Viel zuviel Arbeit hier.«
Der Ältere Bruder Jhamless runzelte die Stirn, kratzte sich an der rudimentären Nase und wippte auf den Zehenspitzen. »Fuasoi…«
»Ja, Älterer Bruder?«
»Hast du vielleicht etwas von einer… Krankheit auf Gras gehört?«
Fuasoi starrte ihn ungläubig an. Krankheit? War der Mann verrückt? Natürlich gab es hier Krankheiten. »Worauf bezieht der Ältere Bruder sich?«
»Oh, auf schwere Erkrankungen jeder Art. Jede… äh… nun… äh… die Pest?«
»Heiligkeit lehrt uns, daß es die Pest nicht gibt«, sagte Bruder Fuasoi mit fester Stimme. »Der Ältere Bruder stellt doch nicht die Lehre von Heiligkeit in Frage?«
»Mitnichten. Ich dachte eher an etwas… etwas Ansteckendes, weißt du, das vielleicht die Abtei gefährdet. Aber es ist gut zu wissen, daß keine Gefahr besteht. Nicht die geringste. Paß auf dich auf, Fuasoi. Laß es mich wissen, wenn du zurückkehren möchtest…« Dann verließ er den Raum und eilte den Korridor hinunter.
Na so was, sagte Fuasoi sich. Ich frage mich, was das sollte.
»Shoethai kommt«, störte Yavi ihn bei seinen Überlegungen. »Ich höre ihn auf dem Gang.« Er erhob sich und ging zur Tür, öffnete sie einen Spaltweit und schaute seinen Vorgesetzten fragend an.
»Er soll reinkommen«, wies Fuasoi ihn mit einem Kopfnicken an. Die Bauchschmerzen hatten sich gelegt. Der andere Schmerz, der ihn nachts aus dem Schlaf riß, bei dem er schwitzte und weinte, würde erst dann verschwinden, wenn alles vorbei war. Er wischte sich die Stirn mit einem Papiertaschentuch ab und schaute zur Tür. »Ich möchte mich unter vier Augen mit ihm unterhalten.«
Achselzuckend verließ Yavi den Raum, als Shoethai gerade hereinkam.
»Eure Eminenz.« Shoethai fiel auf die Knie.
»Steh auf!« befahl Fuasoi ungeduldig. »Hast du es mitgebracht?«
Shoethai nickte, erhob sich und stellte das Päckchen auf den Schreibtisch. »Es mußte erst herausgesucht werden. Es hat eine Weile gedauert, bis jemand sich um mich gekümmert hat.«
Mit einem Fingerzeig bedeutete der Ältere Bruder ihm, das Päckchen herüberzureichen. Er öffnete es sorgfältig und stieß auf ein faustgroßes Gebinde.
»Ist es das?« fragte Shoethai, begierig zu erfahren, ob er den Auftrag auch korrekt ausgeführt hatte.
»Das ist es.« Sein Vorgesetzter lächelte zufrieden. Die Arbeit konnte nun weitergehen, und seine Schmerzen würden ein Ende finden. »Pestviren. Extra für Gras abgepackt.«
Die Brüder Mainoa und Lourai trafen gerade rechtzeitig auf Opal Hill ein, um eine Auseinandersetzung zu beenden. Als Persun Pollut die Ankunft eines Gleiters mit den Grünen Brüdern an Bord meldete, verfiel Marjorie für einen Moment in Passivität. Sie hatte ganz vergessen, aus welchem Anlaß die beiden überhaupt hier erschienen. Als sie sich gesammelt hatte, ging sie nach draußen und begrüßte die Brüder, in der Hoffnung, daß ihre Ankunft dem Zwist mit Rigo und Stella zumindest ein vorläufiges Ende setzen würde.
Rigo ignorierte die Ankunft der beiden Fremden und schrie Stella weiter an. Er war wütend, weil sie ihm die Absicht verheimlicht hatte, zu reiten und weil sie überhaupt ohne seine Erlaubnis ausgeritten war. Obwohl auch Tony und Marjorie zornig waren, weil die beiden ihr Leben aufs Spiel gesetzt hatten, waren sie der Ansicht, daß es nun genug war. Marjorie unterbrach die Auseinandersetzung, indem sie die Brüder ihrem Mann und ihrer Tochter vorstellte.
Als Rigo sich mit noch immer zornrotem Gesicht umdrehte und Bruder Mainoa die Hand geben wollte, erinnerte er sich plötzlich an die Bemerkung, die er bezüglich dieses Mannes gegenüber Marjorie gemacht hatte. Der Bruder war kurzsichtig, ältlich, mollig und hatte eine Halbglatze. Schlagartig wurde Rigo sich bewußt, daß er sich mit jener Anschuldigung lächerlich gemacht hatte und momentan auch nicht besonders vorteilhaft wirkte. Immerhin verstand er sich zu einer Entschuldigung und zog sich dann zurück, wobei Stella ihm wie ein kleines, bissiges Tier folgte. Nun durften Marjorie und Tony Schadensbegrenzung betreiben.
Mit einer Handbewegung gab Bruder Mainoa ihr zu verstehen, daß er eine Entschuldigung für überflüssig hielt. »In jeder
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