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Monströse Welten 1: Gras

Monströse Welten 1: Gras

Titel: Monströse Welten 1: Gras Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sheri S. Tepper
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sicher, ob Reue dem sicheren Tod vorzuziehen war.
    »Das meinst du doch nicht im Ernst, Lily«, protestierte Bellalou.
    »Ich meine es verdammt ernst.«
    Marjorie intervenierte und versuchte, sowohl sich selbst als auch das Mädchen zu überzeugen. »Sieh es mal so, Lily. Auf Reue kannst du so viele Babies bekommen, wie du willst.« Wenigstens das entsprach der Wahrheit. Reue litt so dramatisch an Unterbevölkerung wie Terra an Überbevölkerung. Die auf Reue geborenen Babies würden Bürger dieses Planeten sein.
    »Will keine Babies dort. Will mein Baby, das ihr genommen habt.« Dies war die jüngste Beschwerde seit der von Marjorie arrangierten Abtreibung, wobei sie ihre eigene Freiheit und möglicherweise auch ihre Ehe aufs Spiel gesetzt hatte. Weder Rigo noch das örtliche Gericht hätten diesen Akt der Mildtätigkeit mit Wohlwollen betrachtet. Marjories Beichtvater, Vater Sandoval, wäre darob auch nicht sonderlich entzückt gewesen, wenn er es denn gewußt hätte. Von diesem Schritt auf einem Weg, der hoffentlich, Marjorie betete darum, keine Einbahnstraße war, hatte sie ihm nämlich nichts erzählt.
    »Lady Wesridin’ hat dein Baby genommen, Lily. Wenn du nit diese Abtreibung hätt’st machen lass’n, wärst du sofort erschossen wor’n, wenn die Bevölk’rung dich so gesehen hätt’.« Bellalou schaute ihre Tochter bittend an. »Illegale dürfen das nicht tun.« Ab dem dritten Kind waren alle illegal. Auch wenn Bellalou selbst keine Illegale war, so hatte sie dennoch keinen höheren Status inne. Als Elternteil einer Illegalen hatte man ihr nämlich die bürgerlichen Ehrenrechte aberkannt. »Auf Reue wirst du es besser haben«, versuchte sie ihrer Tochter die Sache schmackhaft zu machen.
    »Will nicht nach Reue. Will lieber erschossen werden«, sagte das Mädchen weinend.
    Weder Marjorie noch Bellalou widersprachen ihr. Marjorie ertappte sich bei dem Gedanken, weshalb sie den Dingen nicht einfach ihren Lauf gelassen hatte. Armes kleines Hascherl. Sie war völlig lebensuntüchtig. Die Hälfte der Zähne war ihr schon ausgefallen, und sie konnte weder lesen noch schreiben. Es war verboten, Illegale zu unterrichten oder sie medizinisch zu betreuen. An ihrem sechzehnten Geburtstag würde Lily zum Hafen gebracht werden und sich einer Rotte anderer junger Illegaler anschließen, deren Schicksal es war, auf dem Kolonialplaneten zu leben und zu sterben; und wenn sie nicht die Abtreibung hätte durchführen und sich ein illegales Kontrazeptivum mit einer Wirkung von fünf Jahren implantieren lassen, hätte die arme kleine Kuh nicht einmal bis zur Deportation überlebt. Das planetarische Gesetz forderte, daß eine schwangere Illegale erschossen wurde, zusammen mit der illegalen oder entrechteten männlichen Person, die der Vaterschaft bezichtigt wurde – sofern die Frau den Vater benannte, was indessen erstaunlich oft geschah. Weil durch diese Praxis jedoch auch einige honorige Männer in Mißkredit gebracht worden waren, hatte man sich dazu veranlaßt gesehen, besagtes Gesetz zu novellieren. Nun gab es nur noch weibliche Wachen in Breedertown. Und das Inspektions-Komitee bestand ebenfalls nur aus Frauen.
    »Ihr dürft Kinder kriegen«, winselte Lily. »Ihr reichen Leute!«
    »Zwei Kinder«, sagte Marjorie. »Nur zwei, Lily. Wenn ich ein drittes Kind hätte, wäre ich eine Illegale genau wie du. Sie würden mir die Bürgerrechte entziehen wie deiner Mutter. Sie würden meine älteren Kinder dazu veranlassen, mich zu verstoßen, wie dein Bruder und deine Schwester es mit Bellalou getan haben.«
    Ihrem Tonfall nach zu urteilen glaubte sie selbst nicht daran. Reiche Leute kamen nämlich erst gar nicht in eine solche Bredouille. Das war noch nie vorgekommen. Nur die Armen mußten dran glauben: aufgrund von Unwissenheit, religiöser Konditionierung und anmaßenden Gesetzen, die von den Leuten, die sie aufgestellt hatten, nonchalant gebrochen wurden. Marjorie hatte selbst ein Implantat, das aus der Humanistischen Enklave an der Küste importiert worden war. Wieder so eine Sache, die sie Vater Sandoval unterschlagen hatte. Rigo hatte sie es auch nicht gesagt, aber der hatte sicher einen Verdacht. Vielleicht hatte seine Konkubine ebenfalls ein derartiges Implantat.
    Sie erhob sich und strich die Hose glatt. »Ich habe dir für die Reise ein paar Sachen mitgebracht«, sagte sie zu dem Mädchen. »Und einige Dinge, die du auf Reue brauchen wirst.« Sie gab Bellalou das Paket. »Lily wird diese Sachen brauchen, Bellalou.

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