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Monströse Welten 1: Gras

Monströse Welten 1: Gras

Titel: Monströse Welten 1: Gras Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sheri S. Tepper
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Bitte achte darauf, daß sie sie nicht gegen Psychopharmaka eintauscht.« Trotz aller Bemühungen, den Handel mit Psychopharmaka in St. Magdalen zu unterbinden, machten die Dealer einen guten Umsatz.
    »Gib’s mir«, winselte Lily und schnappte nach dem Paket.
    »Später«, sagte ihre Mutter. »Später, mein Liebling. Ich gebe es dir später.«
    Nachdem sie die Angelegenheit mit Bellalou beendet hatte, trat Marjorie wieder nach draußen auf die schlammige Straße. Es herrschte eine drückende Hitze. Sie war froh, daß sie die Visite erledigt hatte und war im Grunde auch nicht motiviert, das halbe Dutzend anderer Hütten aufzusuchen, die sie sich für heute noch vorgenommen hatte. Es gab so wenig, was sie tun konnte. Nahrung für die hungrigen Kinder. Ein paar antiseptische Präparate und Schmerzmittel, die nicht auf dem medizinischen Index standen. Die hiesige Provinz wurde hauptsächlich von den Geheiligten bewohnt, was zur Folge hatte, daß Empfängnisverhütung und Abtreibung gesetzlich untersagt waren. Und wenn man dem nun das planetare Bevölkerungsgesetz gegenüberstellte, das jeder Mutter nur zwei Kinder erlaubte, was war dann das Resultat? St. Magdalen’s Town. Breedertown. Eine Stiftung, die von reichen alten Katholiken gegründet worden war, um den Unglücklichen oder Unklugen Zuflucht zu gewähren, die entweder ihrer Neigung oder der Religion gefolgt waren. Als Vorsitzende des Inspektions-Komitees sah Marjorie mehr als die meisten anderen. Sie ordnete die derangierte Frisur und korrigierte sich: Sie sah mehr als jeder andere. Man hatte sich beeilt, ihr wegen ihres Engagements Bewunderung zu zollen, aber man ließ sich verdammt viel Zeit, ihrem Beispiel zu folgen.
    Was nur dazu beitrug, ihre Zweifel zu mehren. Ihre Vorgängerinnen im Amt waren nur dem Namen nach Vorsitzende gewesen, oder aber die Frauen waren auch nicht reicher gewesen als Marjorie und hatten Stellvertreterinnen für die Visiten engagiert. Weshalb bestand sie darauf, die Inspektionen selbst durchzuführen?
    »Du hältst dich wohl für eine Heilige«, hatte Rigo gespottet. »Olympiasiegerin hat dir wohl nicht gereicht? Meine Frau zu sein ist dir auch nicht genug? Obendrein mußt du noch die heilige Marjorie sein, die sich für die Armen aufopfert?«
    Das hatte sie getroffen, obwohl es im Grunde überhaupt nicht stimmte. Die Goldmedaille lag schon lange zurück, vor ihrer Hochzeit. Die junge Marjorie Westriding hatte Gold gewonnen, ja, aber bei der Verleihung der Medaillen ließen die Juroren und Funktionäre sich von einer Vielzahl subjektiver Kriterien leiten. Trotz des Stolzes auf den Erfolg war man sich also nie sicher, inwieweit er überhaupt auf persönlichem Verdienst beruhte; so hatte Marjorie es zumindest einem skeptischen Rigo beibringen wollen, der indes ein bellendes Gelächter ausstieß und sich auch dann noch als ungläubiger Thomas gab, als er sie leidenschaftlich drückte. Die ehrliche Antwort auf seine Frage hätte gelautet, nein, die Goldmedaille war nicht genug. Außerdem war es schon lange her. Nun brauchte sie wieder eine vergleichbare Herausforderung, etwas nur für sich, eine perfekte Leistung. Bisher hatte sie geglaubt, diese Erfüllung würde sie in ihrer Familie und den Kindern finden, aber offensichtlich stimmte das nicht…
    Also hatte sie das hier versucht, und es funktionierte genausowenig. Sie biß die Zähne zusammen, trat in den Schlamm und machte sich auf zur nächsten Hütte.
    Als sie Stunden später zum Gleiter zurückkehrte, war sie müde, schmutzig und zutiefst deprimiert. Eines ihrer ›Mädchen‹ war in dieser Woche von einer Bevölkerungs-Patrouille exekutiert worden. Zwei Kinder einer Familie lagen anscheinend im Sterben; sie litten wahrscheinlich an einer Infektion, die man hätte heilen können, wenn Antibiotika für Illegale zugänglich gewesen wären. Das waren sie aber nicht. Vor tausend Jahren hätte man die Einwohner von Breedertown nach Australien verschiffen können. Vor ein paar hundert Jahren hätte man ihnen die Ausreise zu einem wilden Kolonialplaneten gestattet. Aber nun gab es Heiligkeit, das massiv intervenierte, wann immer die Menschen versuchten, sich auszubreiten. Unter diesen Umständen war keine Kolonisierung mehr möglich. Der einzige Ort, an den man überschüssige Menschen noch schicken konnte, war Reue; sofern sie lange genug lebten, um dorthin zu gelangen.
    Aber Reue mochte wirklich die schlechtere Alternative sein. Nun, da Marjorie sich zu dieser Ansicht durchgerungen

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