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Monströse Welten 1: Gras

Monströse Welten 1: Gras

Titel: Monströse Welten 1: Gras Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sheri S. Tepper
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draußen zu folgen. Er führte ihn durch eine gewundene Halle in einen breiten Korridor.
    »Wie ist dein Name?« hatte Rigo gefragt.
    »Wir haben keine…«, erwiderte der Ministrant mit Grabesstimme.
    »Das interessiert mich nicht. Wie ist dein Name?«
    »Rillibee Chime.« Die Worte tröpfelten in die Stille, wie Regenwasser in einen Pool.
    »Stirbt er?«
    Einen Moment Pause. »Das Flüstern sagt, daß er stirbt«, erwiderte er schließlich, als ob die Beantwortung dieser Frage schwierig oder gar unzulässig gewesen wäre.
    »Was hat er?«
    »Alle sagen… Pest.« Das letzte Wort kam so bitter wie Galle und verschlug ihm die Sprache. Das anonyme Gesicht wandte sich ab. Die anonyme Person keuchte. Er hatte ein schlimmes Wort ausgesprochen. Es bedeutete das Ende der Zeit. Es bedeutete, daß zwei Jahre vielleicht nicht ausreichen würden, von diesem Ort zu verschwinden.
    Auch Rigo kam das schwer an.
    »Pest!« entfuhr es ihm grunzend.
    Dieser Tage bedeutete das nur eines. Ein heimtückisches Virus mit einer langen Inkubationszeit. Ein Virus, das den Körper dazu veranlaßte, sich in einem Anfall von biologischem Selbsthaß selbst zu verzehren. Vater Sandoval hatte darauf bestanden, Rigo ein auf dem Index stehendes Dokument zu zeigen, das von einem anderen, bereits verstorbenen Priester in einem Lazarett erstellt worden war, wo Pestopfer behandelt wurden und geistlichen Beistand erhielten. Alle Betten waren belegt gewesen; manche Patienten waren noch am Leben. Rigo hatte das Bild überflogen, ohne es eigentlich sehen zu wollen. Der Würfel hatte ihn aber dazu gezwungen. Er hatte nämlich auch einen Audio- und olfaktorischen Modus, und er war vor dem Gestank zurückgewichen, während er versuchte, den gutturalen, qualvollen Husten und die verstümmelten Körper zu verdrängen, deren Augen so tief in den Höhlen lagen, daß die Gesichter wie Totenschädel aussahen.
    »Pest«, murmelte er erneut. Es ging das Gerücht, wonach die Seuche von einem Planeten zum anderen übertragen worden und nach Jahrzehnten überall gleichzeitig ausgebrochen war, ohne daß man ihren Ursprung lokalisieren und sie eindämmen konnte. Ein weiteres Gerücht besagte, daß die Wissenschaft hilflos war; den Forschern war es wohl gelungen, das Monster zu isolieren, aber wenn das Virus sich erst einmal in einem menschlichen Wirt eingenistet hatte, war es nicht mehr aufzuhalten. Dieses Gerücht war über zwanzig Jahre umgegangen. Wenn es sich wirklich um die Pest handelte, mußte die Anzahl der Opfer bereits in die Milliarden gehen. Es handelte sich allerdings nur um Gerüchte, denn Heiligkeit bestritt die Existenz der Pest, und was von Heiligkeit dementiert wurde, wurde auch von den Kolonialwelten dementiert – in der Regel.
    »Du meinst meinen Onkel?« fragte Rigo.
    »Bis heute habe ich nicht gewußt, daß er Euer Onkel ist. Der Hierarch.« Der Ministrant drehte sich um und schaute ihn aus plötzlich menschlichen Augen an. »Eigentlich dürfte ich überhaupt nicht mit Euch sprechen, Sir. Bitte sagt ihnen nicht, daß ich es getan habe. Hier befinden sich die Räumlichkeiten des Abteilungsleiters Missionen, Sir. Wenn Ihr Fragen habt, müßt Ihr Euch an den Abteilungsleiter wenden. Ihr müßt Sender O’Neil fragen.«
    Der Ministrant wandte sich um und verschwand im Strom der namenlosen Ministranten; an der Biegung des Korridors drehte er sich noch einmal zu Roderigo Yrarier um, der noch immer mit gesenktem Blick vor der Tür stand, einen Ausdruck der Abscheu im Gesicht.
     
    »Dieser Ministrant sollte diszipliniert werden«, forderte ein Beobachter. »Seht nur, wie er herumsteht und gafft.« Der Beobachter selbst gaffte angestrengt durch eine unmerklich geöffnete Tür, wobei seine mit Altersflecken übersäte Hand zitternd an der Wand lag.
    »Er ist bloß neugierig«, sagte sein Kamerad über die Schulter hinweg. »Was glaubst du denn, wie oft er einen Geheiligten zu sehen bekommt. Mach die Tür zu. Hast du denn verstanden, was der alte Mann sagte, Hallers?«
    »Der Hierarch? Er sagte, sein Neffe hätte die Chance, das zu finden, was wir suchen; wegen der Pferde.«
    »Und glaubst du, daß Yrarier Erfolg haben wird?«
    »Nun, Cory, er ist eine so repräsentative Erscheinung, nicht wahr? Das schwarze Haar und die weiße Haut und die roten Lippen. Ich glaube, seine Chancen stehen so gut wie bei jedem anderen.«
    Der als Cory bezeichnete Mann verzog das Gesicht. Er war nie eine repräsentative Erscheinung gewesen, und oft hatte er diesen Umstand

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