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Monströse Welten 1: Gras

Monströse Welten 1: Gras

Titel: Monströse Welten 1: Gras Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sheri S. Tepper
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Roderigos alter Onkel – der nun schon lange tot war – sie gebeten hatte, zu kommen. Alles war so schnell wie möglich in die Wege geleitet worden, und trotzdem waren fast zwei Terra-Jahre verstrichen, seit diese Aristokraten kundgetan hatten, sie würden eine Botschaft tolerieren. Nun mußten die Yrariers die verlorene Zeit aufholen. »Die Grasgärten von Klive gehören zur Estancia der Damfels’?« fragte sie unschuldig.
    Er quittierte die als Fragesatz intonierte Feststellung mit einem Nicken. »Bon Damfels«, fügte er das Adelsprädikat hinzu. »Stavenger und Rowena bon Damfels wären erfreut gewesen, Sie willkommen zu heißen, aber sie haben einen Trauerfall in der Familie.«
    »Ach?« fragte sie.
    »Sie haben vor kurzem eine Tochter verloren«, erklärte er, wobei ein Ausdruck von Abscheu und Verlegenheit auf seinem Gesicht erschien. »Bei der ersten Frühjahrs-Jagd. Ein Jagdunfall.«
    »Ich spreche ihnen mein Beileid aus.« Dann legte sie eine kurze Pause ein, wobei sie einen wohlkalkulierten mitleidigen Gesichtsausdruck aufsetzte. Was sollte sie dazu sagen? Zu viel Mitgefühl wäre sicher unangebracht. Wäre Neugier deplaziert? Ein Jagdunfall? Der Gesichtsausdruck des Mannes legte es nahe, auf weitere Informationen zu warten, anstatt danach zu fragen. Sie wartete darauf, daß der Obermun fortfuhr, und als er es nicht tat, kam sie wieder auf das unverfänglichere vorherige Thema zu sprechen: »Was hat es denn zu bedeuten, wenn der Königsmantel an der Unterseite Purpur zeigt?«
    »In wenigen Tagen werden die Halme diese Farbe bis zur halben Höhe angenommen haben, und dann werden Sie sehen, wie die Gärten sich in voller Pracht entfalten – rose und bernsteinfarben, türkis und smaragdfarben. Diese Estancia wird Opal Hill genannt wegen des Farbenspiels, das sich in jedem Frühling entfaltet. Diese Gärten sind noch jung, aber gut angelegt. Den flachen Abschnitt dort unten am Treppenabsatz bezeichnen wir als Erste Fläche. Alle Gärten verfügen über ein solches eingeschlossenes, flaches Areal. Es ist der Ausgangspunkt für die Gartenspaziergänge. Von dieser Stelle führen Pfade zu allen Aussichtspunkten. In einer Woche werden die Winde nachlassen. Wir befinden uns nun in der Frühjahrskollekte. Am Ende der Periode…«
    »Eine Periode?«
    »Sechzig Tage. Wurde von den ersten Siedlern willkürlich festgelegt. Wenn ein Jahr mehr als zweitausend Tage hat, ist es schwer, aussagekräftige Zwischenperioden zu definieren. Eine Periode hat sechzig Tage, zehn Perioden ergeben eine Kollekte, und vier Kollekten – das Äquivalent einer Jahreszeit – ergeben ein Jahr. Wir würdigen unsere terranische Abstammung, indem wir die Perioden in vier Fünfzehn-Tage-Wochen unterteilen, aber das hat keine religiöse Bedeutung.«
    Sie nickte und riskierte es, »Kein Sabbat« zu bemerken.
    »Keine wie auch immer gearteten religiösen Feiertage. Das bedeutet aber nicht, daß wir hier keine Religion hätten; es ist nur so, daß wir Staat und Kirche strikt voneinander getrennt haben. Unsere Vorfahren waren zwar alle von edler Herkunft, stammten aber aus verschiedenen Kulturkreisen. Deshalb wollten sie entsprechende Konflikte vermeiden.«
    »Wir müssen noch einiges lernen«, erkannte sie und fingerte an der kleinen, in Leder gebundenen Bibel in ihrer Tasche herum. Vor dem Abflug von Terra hatte Vater Sandoval das Buch zur Exilkirche geschickt, um es vom Papst segnen zu lassen. Vater Sandoval, der den Anspruch erhob, sie besser zu kennen als sie sich selbst, war der Ansicht gewesen, es würde ihr Trost spenden, nachdem er erste Enthusiasmus verflogen war. Bisher hatte sie aber nur wenig Trost gefunden. »Die Behörden von Heiligkeit haben uns fast nichts von Gras erzählt.«
    »Nehmen sie mir das bitte nicht übel, aber die Terraner wissen auch fast nichts über Gras. Sie haben sich nie sonderlich für uns interessiert.«
    Wieder diese Verwirrung zwischen Terra, dem Planeten, und Heiligkeit, dem religiösen Reich. Sie nickte und nahm ihm diese Belehrung auch nicht übel. Er hatte nämlich recht. Die Terraner hatten sich nie für Gras interessiert. Genausowenig wie für Semling, Die Perlentore, Shafne, Reue oder einen der hundert von Menschen besiedelten Planeten, die über das Weltall verstreut waren. Die terranische Zivilisation war zu sehr damit beschäftigt, die Bevölkerungszahl zu reduzieren und eine Ökologie zu restaurieren, die von den Ansprüchen einer unersättlichen Menschheit fast vernichtet worden wäre, als sich

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