Monströse Welten 1: Gras
bedauert. Nun war er einfach nur alt, wobei ihm Haare aus den Ohren wuchsen und die Augen mit Krähenfüßen umgeben waren. »Er hat zwar ein repräsentatives Äußeres, macht aber keinen besonders intelligenten Eindruck. Ich hoffe aber trotzdem, daß er Erfolg hat. Wir sind auf ihn angewiesen, Hallers. Wir brauchen es.«
»Das mußt du mir nicht sagen, Cory. Wenn wir nicht bald das Gegenmittel bekommen, werden wir sterben. Alle.«
Dann trat eine Pause ein. Hallers drehte sich um und sah, wie sein Gefährte nachdenklich auf den Boden starrte. »Auch wenn wir es schnell bekommen sollten, halte ich es für besser, wenn wir es nicht jedem zugänglich machen.«
Unsicher und mit verwirrtem Gesichtsausdruck trat Hallers auf seinen Kameraden zu. »Ich verstehe nicht, was du meinst.«
»Nun, Hallers, angenommen, wir würden das Gegenmittel morgen bekommen. Weshalb sollten wir jeden retten? Unsere besten Leute, natürlich, aber wieso sollten wir uns um die anderen kümmern? Was gehen uns denn zum Beispiel die Kolonialplaneten an?«
Schweigen herrschte im Raum, während Hallers perplex dreinschaute und Cory Strange auf eine Reaktion wartete. Hallers war schockiert. Nun, nachdem Cory diese Idee gekommen war, war er zunächst auch schockiert gewesen. Aber dann hatte er den potentiellen Nutzen dieser Sache für Heiligkeit erkannt…
»Du würdest sie sterben lassen? Ganze, von Menschen besiedelte Welten?«
Der andere zuckte ungerührt die Achseln und stieß ein Wimmern aus, als ein Schmerz durch das Gelenk zuckte. »Langfristig dürfte Heiligkeit davon profitieren, glaubst du nicht auch? Die Menschheit ist jetzt schon zu weit verbreitet. Heiligkeit hat sich nach Kräften bemüht, die Kolonialisierung zu beenden, aber sie geht dennoch weiter. Hier eine Gruppe, da eine Gruppe, die hier und da eine kleine Grenzwelt in Besitz nimmt. Und was geschieht dann? Es entstehen Orte wie Shafne, wo wir nicht einmal imstande sind, einen Brückenkopf zu errichten! Nein, die Menschheit ist schon viel zu weit verbreitet, als daß wir sie noch kontrollieren könnten.«
»Ich weiß, daß das die aktuelle Ansicht des Ältestenrates ist, aber…«
»Auf jeden Fall«, fiel der andere ihm ins Wort, »müssen wir Yrarier im Auge behalten, damit wir über jeden seiner Schritte im Bilde sind. Hast du mir nicht gesagt, Nods sei nach Gras abkommandiert worden? Vorsitzender der Akzeptablen Doktrin bei den dortigen Büßern, war es nicht so? Oder habe ich das von jemand anders gehört?«
»Es muß jemand anders gewesen sein. Meinst du unseren alten Freund Noddingdale?«
»Genau den. Obwohl er sich einen dieser komischen Namen der Grünen Brüder zugelegt hat. Jhamless. Jhamless Zoe.«
»Jhamless Zoe?« Der andere lachte keuchend.
»Lach nicht. Die Brüder nehmen ihre religiösen Namen sehr ernst. Bleib solange, bis ich eine Notiz gemacht habe. Veranlasse einen deiner Schüler, sie in einem unauffälligen Gegenstand zu deponieren, mit einem Code zu versehen und in eine sich selbst zerstörende Hülle zu wickeln. Dann soll sie auf das Schiff gebracht werden, mit dem auch Yrarier fliegt.«
Er setzte sich an den Schreibtisch und schrieb: ›Mein lieber alter Freund Nods…‹, wobei er Schwierigkeiten hatte, die Buchstaben zu Papier zu bringen.
Sein gleichermaßen betagter Freund beugte sich ihm über die Schulter und brachte ihn aus dem Konzept: »Es heißt, der Hierarch hätte nur noch wenige Stunden zu leben. Ob der neue Hierarch wohl die gleiche Einstellung zu dieser Sache haben wird, Cory? Das Gegenmittel beschaffen und ein paar Welten einfach… über den Jordan gehen lassen?«
»Der neue Hierarch?« Cory lachte erneut, diesmal aus vollem Herzen, und richtete die großen, fanatischen Augen auf seinen Kameraden. »Soll das etwa heißen, du hättest es nicht gewußt? Richtig! Schließlich bist du für eine Weile draußen gewesen. Der Ältestenrat ist vor einer Woche zusammengekommen. Ich werde der neue Hierarch sein.«
4
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»Es scheint so, als ob hier immer Winter wäre«, bemerkte Marjorie Westriding Yrarier, wobei sie jedoch darauf achtete, daß diese Aussage nicht wie eine Beschwerde klang. Eine Beschwerde wäre nämlich ein diplomatischer Fauxpas gewesen, aber wegen einer bloßen Meinungsäußerung würde ihr Gastgeber und Begleiter, Obermun Jerril bon Haunser, sich nicht echauffieren. Das wäre nämlich ein noch
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