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Monströse Welten 1: Gras

Monströse Welten 1: Gras

Titel: Monströse Welten 1: Gras Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sheri S. Tepper
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Baßstimme. »Favorella Biskop. Janice Pittorney.« Rillibee nimmt den Ohrhörer heraus und betrachtet statt dessen den Altar.
    Tag für Tag sitzt ein Älterer hinter dem Altar und wartet darauf, daß der anonyme Ministrant ihm eine Liste mit Neuzugängen überreicht. Der Ältere nickt mit dem Kopf, und der Ministrant hebt an: »Auf der Welt Semling ist Martha und Henry Spike ein Mädchen geboren worden mit Namen Alevia Spike. Auf Sieg ist Brown Little und Hard Lost Blue ein Junge geboren worden mit dem Namen Broken Sound. Auf Reue ist Domal und Susan Crasmere ein Junge geboren worden mit dem Namen Domal Vincente II.«
    Nach jeder Meldung macht der Ältere eine tiefe Verbeugung und intoniert Worte, die wegen des inflationären Gebrauchs bereits komödiantisch wirken, Worte, die in den Türmen niemand mehr ernst nimmt. »Heiligkeit. Einheit. Unsterblichkeit.« Auf den Sinngehalt kommt es dabei nicht an. Allein die Äußerung dieser Worte öffnet schon die heilige Tür. Die reine Phonetik schreibt Geschichte. Nach der Intonation dieser Worte hält der in eine Kutte gehüllte Ministrant die Dokumente und Gewebeproben für einen Moment in Weihrauch, bevor er sie in Schlitze steckt, durch die sie über eine Rutsche aus poliertem Stein an einen Ort befördert werden, den besagter Ministrant, wie die meisten kürzer dienenden Ministranten, nie zu Gesicht bekommen wird. Dort werden die Namen archiviert, die Zellproben kommen in die Gewebebank und verhelfen der rotgesichtigen Alevia, dem schreienden Broke und dem schlummernden Dom somit zur Unsterblichkeit in der heiligen Geschichte.
    Ein paarmal hat Rillibee schon in dieser Gruft als Archivar Dienst geschoben. Dort unten befinden sich die genealogischen Maschinen und brabbeln vor sich hin, während sie Nummern vergeben und den genetischen Code der Zellproben registrieren, den Code, mit dem im Bedarfsfall die Körper von Alevia oder Broke oder Dom oder einer beliebigen Person, die jemals existiert hat, rekonstruiert werden kann, authentisch und individuell, wie neugeboren aus der Klon-Maschine. Natürlich nur als körperliche Entität. Bisher hat noch niemand einen Weg gefunden, die Erinnerungen oder die Personalität eines Menschen abzuspeichern. Trotzdem sei das besser als nichts, sagen die Geheiligten und reichen unverdrossen ihre Proben ein. Hauptsache, die Replika existiert körperlich; mit der Zeit wird sich auch ein neues Gedächtnis etablieren, und irgendwann wird die neue Kreatur schon eine gewisse Ähnlichkeit mit dem Original aufweisen. Wer wollte denn ausschließen, daß die neue Alevia aufgrund gewisser Umstände und déjà-vu-Erlebnisse ihr früheres Leben nicht noch einmal durchlebt? Und wer wollte ausschließen, daß Dom beim Blick in den Spiegel nicht den Geist seines früheren Ich erblickt?
    In den Tiefen von Heiligkeit sind die Namen aller Männer und Frauen der Menschheitsgeschichte gespeichert. Die Menschen, von denen keine schriftliche Biographie vorlag, sind von den Maschinen bis zur Morgendämmerung der Menschheit extrapoliert worden. Es sind Männer und Frauen in den Maschinen verzeichnet, deren Namen kein Historiker jemals gehört hat, Namen in Sprachen, die am Beginn der Zeit gesprochen wurden. Es tut der Sache keinen Abbruch, daß heutzutage niemand das Idiom des Homo habilis beherrscht; die Maschinen beherrschen die Sprache und kennen jeden, der sie gesprochen hat. Adam, der gerade von den Bäumen herabgestiegen ist, steht genauso auf der Liste wie Eva, die sich mit ihrer affenartigen Hand am Hintern kratzt. Ihre Genotypen sind auch abgespeichert, von den Maschinen rekonstruiert und mit den entsprechenden DNA-Abschnitten versehen. Jeder Mensch, der jemals gelebt hat, befindet sich hier, in Heiligkeit- Einheit-Unsterblichkeit.
    Und das alles, jede Maschine, jeder Eingang, jede Probe, alles wird bewacht. Die Wachen sind allgegenwärtig, beobachten, notieren, berichten. Sie observieren jene, die nicht mit dem Ideal von H-E-U konform gehen. Sie halten Ausschau nach Ministranten, die in lallenden Wahnsinn verfallen. Sie spähen nach Moldies, Mitgliedern jener Sekte, die wegen des mühseligen Lebens nur ein Ziel kennt, die Vernichtung von Heiligkeit, von Terra, von hundert Welten, des Lebens selbst – das Ende all dieser Männer und Frauen auf der ewigen Liste.
    Tag für Tag, in jeder der tausend Kapellen, werden Auszüge der Liste laut von den Maschinen verlesen, den ganzen Tag und die ganze Nacht. Nachdem die Liste vollständig verlesen wurde, fangen

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