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Monströse Welten 1: Gras

Monströse Welten 1: Gras

Titel: Monströse Welten 1: Gras Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sheri S. Tepper
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um die Emigranten zu kümmern, die durch ihre Auswanderung die Erde überhaupt erst gerettet hatten. Das am Rande der Arktis gelegene Heiligkeit kontrollierte seine Anhänger, während es für alle anderen Terraner ums reine Überleben ging. Jedes Terra-Jahr veranstaltete Heiligkeit ein Fest, das mit Flaggen und Ansprachen garniert wurde und zu dem auch Besucher von anderen Planeten eingeladen wurden. Den Rest des Jahres hätte Heiligkeit ebensogut in der Versenkung verschwinden können. Heiligkeit war nicht Terra. Terra war ihre Heimat, nicht Heiligkeit. Obwohl Marjorie das mit Inbrunst hatte sagen wollen, unterließ sie es.
    »Würden Sie mir die Ställe zeigen?« fragte sie. »Ich nehme an, unsere Pferde sind wiederbelebt und ausgeliefert worden?«
    Bis zu diesem Augenblick hatte sie kein Anzeichen von Unbehagen auf dem Gesicht des Aristokraten wahrgenommen. Er hatte sie im Empfangsbereich des Revivatoriums auf dem Raumhafen begrüßt, sich um ihr Gepäck gekümmert und zwei Gleiter bereitgestellt, mit denen sie zur Estancia flogen – die Gleiter standen ihnen während ihres ›Besuchs‹ zur freien Verfügung. Er war geblieben, um sie durch die Sommerquartiere zu führen, während ihr Mann, Roderigo Yrarier, zusammen mit Eric bon Haunser, einem jungen, aber nicht weniger pflichtbewußten Mitglied der Aristokratie von Gras, die Winterquartiere und die Büros der neuen Botschaft in Augenschein nahm. Im Verlauf dieser recht umfangreichen Tour war Obermun bon Haunser die Ruhe in Person gewesen, bis die Erwähnung der Pferde ihn nervös machte. Er verlor jedoch nicht die Contenance, sondern ließ nur kurz und unmerklich die Mundwinkel hängen.
    Marjorie, die in den olympischen Disziplinen Dressurreiten, Mächtigkeitsspringen und Ausdauerreiten Gold gewonnen hatte, verstand sich auf die Interpretation solcher Zuckungen. Pferde teilten sich nämlich auf die gleiche Art mit. »Stimmt etwas nicht?« fragte sie scheinheilig, wobei sie sich bemühte, sich nichts anmerken zu lassen.
    »Wir hatten nicht…« Er verstummte und überlegte, wie er es ihr beibringen sollte. »Wir sind nicht vorab über die Tiere informiert worden.«
    Tiere? Seit wann waren Pferde denn ›Tiere‹?
    »Stellt das ein Problem dar? Auf Semling hieß es, die Estancia würde über Stallungen verfügen.«
    »Nein, keine Stallungen«, erwiderte er. »In der Nähe gibt es ein paar Unterstände, die von den Hippae genutzt wurden. Natürlich, bevor diese Estancia errichtet wurde.«
    Weshalb natürlich? Und Hippae? Das wäre das hiesige Pendant zum terranischen Pferd. »Sind sie denn so verschieden, daß unsere Pferde nicht in ihre Ställe passen?«
    »Hippae lassen sich nicht in Ställe sperren«, entgegnete er, wobei das sicher nur die halbe Wahrheit war. Die Contenance kam ihm so weit abhanden, daß er am Daumennagel knabberte, bevor er fortfuhr: »Die Unterstände in der Nähe von Opal Hill werden nicht mehr von den Hippae genutzt, und sie dürften auch nicht für Ihre Pferde geeignet sein. Wie dem auch sei, zum Zeitpunkt Ihrer Ankunft verfügten wir über keine geeigneten Transporter für große Tiere.« Erneut versuchte er ein Lächeln. »Bitte entschuldigen Sie, Lady Marjorie. Es handelt sich lediglich um ein momentanes Mißgeschick. Ich bin sicher, daß wir das Problem in ein paar Tagen gelöst haben.«
    »Dann sind die Pferde also noch nicht wiederbelebt worden«, konstatierte sie schärfer als beabsichtigt, an der Grenze zum Zorn. Die armen Wesen! Lagen dort draußen in diesem kalten, alptraumhaften Nichts.
    »Noch nicht. In den nächsten Tagen.«
    Sie riß sich zusammen. Es hätte keinen Zweck, die Beherrschung zu verlieren und sich eine Blöße zu geben. »Wünschen Sie, daß ich zum Hafen komme? Oder soll ich eines der Kinder schicken. Wenn Sie niemanden haben, der sich mit Pferden auskennt, würde Stella gerne gehen. Oder Anthony.« Oder ich, sagte sie sich. Oder Rigo. Jeder von uns, Mann. Der armen Tiere wegen…
    »Ihr Sohn?«
    Er klang so unglaublich erleichtert, daß ihr klar wurde, das war ein Teil des Problems gewesen. Eine diplomatische Geste, kein Zweifel. Vermutlich galt es als unschicklich, daß der Botschafter oder seine Frau sich mit solchen Angelegenheiten befaßten, aber wer hätte es denn sonst tun sollen? Egal. Zeige keine Angst. Riskiere wegen ein paar Tagen nicht die Akzeptanz der Botschaft – diese Botschaft kam fast der Erhörung ihrer Gebete gleich, diese Gelegenheit, etwas Bedeutendes zu bewirken. Don Quichote und El Dia

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