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Monströse Welten 1: Gras

Monströse Welten 1: Gras

Titel: Monströse Welten 1: Gras Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sheri S. Tepper
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verneigte sich erneut, drehte sich um und verließ das Zimmer. Dann ging er die Treppe hinauf und verließ das Haus. Sie vernahm das Echo seiner Stimme, als er den anderen bon begrüßte und zusammen mit ihm ging. ›Gastgeber‹, hatte er gesagt. Nicht ›Nachbarn‹. Auch wenn sie sich fragte, ob ihm die Implikation überhaupt klar war, war sie sich des Unterschieds sehr wohl bewußt.
    »Worüber habt ihr denn gesprochen?« ertönte die Stimme hinter ihr, vom Korridor, der zu den Büros führte. Rigo.
    »Obermun bon Haunser hat gesagt, daß die Pferde noch nicht wiederbelebt wurden«, erwiderte sie und drehte sich zu ihrem Mann um. Er, schlank und nicht weniger aristokratisch als der Mann, der soeben gegangen war, war ganz in Schwarz gekleidet, bis auf den hohen, purpurrot gestreiften Kragen, der ihn als Botschafter auswies. Als solcher war er sakrosankt, eine Person, die unter der Androhung von Vergeltung durch Heiligkeit Immunität genoß vor Enteignung und Strafverfolgung – wobei die Organisation jedoch aufgrund der großen Entfernung sowie interner Querelen und der katastrophalen Lage auf Terra überhaupt nicht in der Lage war, diese Drohung auch wahrzumachen. Sein Gesichtsausdruck befand sich im ›häßlichen Modus‹ – diese Typologie behielt sie jedoch für sich –, hängende Mundwinkel, schmale Lippen, die schwarzen Augen beschattet von buschigen Brauen und gezeichnet durch zu wenig Schlaf. In diesem Zustand wirkte er düster und unnahbar. Er hatte aus seiner schlechten Laune auch kein Hehl gemacht, und nun wirkte er gereizt. Sie versuchte, ihn aufzumuntern und die Schatten zu vertreiben. »Weißt du, Rigo, es würde mich interessieren, ob die Kinder und ich auf diesem Planeten auch diplomatische Immunität genießen.«
    »Weshalb denn nicht?« Bei dieser Vorstellung trat ein zorniges Funkeln in seine Augen. Roderigo war ein sehr impulsiver Mensch.
    »Die hiesigen Frauen nehmen nicht den Namen des Mannes an, und nach dem, was der Obermun gesagt hat, bezweifle ich auch, ob sie seinen Status erlangen.« Nicht daß Roderigos Status höher gewesen wäre als der ihre. Wenn man die Stammbäume verglich, wäre sie vielleicht von noch edlerer Herkunft, obwohl sie das natürlich nie erwähnen würde. »Ich weiß nicht, ob die Frau eines Diplomaten überhaupt jemand ist.« Nicht daß sie es jemals angestrebt hätte, die Frau eines Diplomaten zu werden. Nicht daß Rigo auf eine Karriere als Diplomat zurückschaute! So viele Dinge waren anders gekommen, als sie es sich eigentlich gewünscht hätte. Allerdings bestand nach wie vor die Möglichkeit, daß diese ganze Sache sich doch noch als bedeutend und lohnend erwies.
    Er lächelte freudlos. »Nenn mir auch nur einen Punkt, über den man uns informiert hätte.«
    »Vielleicht irre ich mich ja auch.«
    »Deine Vermutungen sind oft so fundiert wie anderer Leute Gewißheiten, Marjorie«, sagte er mit sonorer Stimme, die er üblicherweise Frauen gegenüber ertönen ließ, einschließlich seiner eigenen. »Ich werde Asmir Tanlig mit der Überprüfung beauftragen.«
    »Asmir?«
    »Einer meiner Leute auf Gras. Heute morgen habe ich zwei engagiert, nachdem es mir endlich gelungen war, den Haunser ab zuschütteln.« Er kratzte sich die Handfläche und schnippte ein imaginäres Schmutzteilchen fort.
    »Ist der Tanlig, den du eingestellt hast, etwa ein bon?«
    »Meine Güte, nein. Jedenfalls nehme ich es nicht an. Vielleicht ein Bastard, dessen Großvater ein bon war.«
    »Lateral«, rief sie, stolz auf ihr Wissen. »Dann ist der Tanlig also ein sogenannter Lateraler.«
    »Ich habe auch einen Mechaniker eingestellt.«
    Das begriff sie nicht. »Einen Mechaniker?«
    »Eigentlich heißt er Mechanic. Philologischer Nachkomme der alten Smiths und Wrights. Sein Name ist Sebastian Mechanic, und er ist kein Blaublüter, wie er mir versicherte.« Er setzte sich auf einen Stuhl und rieb sich den Rücken. »Nach dem Kälteschlaf bin ich immer total erledigt.«
    »Ich fühle mich nur schläfrig und meschugge.«
    »Meine Liebe…«, hob er mit sonorer Stimme an, mit einem Anflug von Feindseligkeit.
    »Ich weiß schon. Du glaubst, ich sei immer meschugge.« Sie versuchte die Verletzung mit einem Lachen zu überspielen. Wenn Roderigo nicht der Ansicht gewesen wäre, seine Frau sei meschugge, hätte er nicht Eugenie Le Fevre gebraucht. Wenn er Eugenie Le Fevre nicht gehabt hätte, wäre Marjorie vielleicht nicht meschugge gewesen. Noch einmal im Kreis herum, wie eine Pferde-Quadrille,

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