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Monströse Welten 1: Gras

Monströse Welten 1: Gras

Titel: Monströse Welten 1: Gras Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sheri S. Tepper
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spielten. Die Spielsteine bestanden ebenfalls aus Lehm, wobei Blätter in die Oberseite gepreßt worden waren, so daß nach dem Ausbrennen der Blätter ein Relief zurückblieb. Miriam brannte sie im selben Ofen, in dem sie auch die Ziegel herstellte, dem lustigen alten Brennofen hinten im Hof, der noch mit Brennholz beschickt wurde.
    Es gab drei Zimmer, jeweils ein kleines Kinderzimmer für Rillibee und Song und ein großes Schlafzimmer für Joshua und Miriam. Manchmal rief Rillibee sie Mom und Dad, und manchmal nannte er sie auch bei ihrem richtigen Namen. Miriam sagte, das wäre schon in Ordnung, denn manchmal wollte er eben mit Mom oder Dad reden und manchmal nur mit Personen namens Miriam oder Joshua.
    Die Küche war geräumig, und das Wohnzimmer war noch größer, mit einem Portrait von Miriam über dem Kamin und zwei großen, gemütlichen Sofas. Der Boden war mit alten indianischen Teppichen ausgelegt, und dann gab es noch einen Tisch, an dem sie gemeinsam das Abendessen einnahmen. Das Frühstück fand meistens in der Küche statt.
    Joshuas Werkstatt befand sich in einem Anbau; der Keller verlief zum Teil unter der Werkstatt und zum Teil unter Rillibees Zimmer. Joshua nutzte den Keller als Lager für das Holz, aus dem er Tische, Stühle und Schränke zimmerte, nachdem es abgelagert war. Die Werkstatt war mit Elektrowerkzeugen ausgestattet und Miriams Töpferscheibe. Vom Anbau ging eine große Tür zum Bach, die den ganzen Sommer über offenstand.
    Das geduckte, langgestreckte Haus und die Werkstatt befanden sich zwischen dem Red Creek und riesigen alten Cottonwood-Bäumen, deren belaubte Äste die Gebäude beschirmten, grün im Sommer, Herzensbrechergolden im Herbst. Diesen Ausdruck hatte Miriam geprägt: Herzensbrechergolden. So schön, daß einem die Luft wegblieb, wenn die Sonne durchkam, wie eine Berührung der Hand Gottes. Miriam sagte öfter solche Sachen, altmodische Sachen. Selbst ihr Name war altmodisch. Ein wahrhaft antiker Name, aus längst vergangenen Zeiten.
    Der Name seines Vaters ebenfalls: Joshua. Das war auch ein antiker Name. Selbst die Dinge, die Joshua und Miriam taten, waren altmodisch, Dinge, die sonst niemand tat – Holzbearbeitung, Töpfern, Gartenarbeit, Handarbeit, Bodenbewirtschaftung.
    Wenn sie gerade einmal nichts herstellten oder anbauten, unternahmen sie Exkursionen mit Rillibee und Songbird und zeigten ihnen dieses und jenes, eine Blume, einen Vogel oder einen Fisch. Es gab viele Fische im Bach. Im Canyon gab es Wild. Auf dem Felsplateau gab es Bläßhühner und Truthähne. »Dies ist einer der wenigen Orte auf Erden, den die Menschen noch nicht in eine Müllkippe verwandelt haben«, sagte Joshua zuweilen und zeigte auf den Canyon. »Lebt in ihm. Beobachtet ihn. Kümmert euch um ihn. Geht jedes Frühjahr zum Rand des Canyons und pflanzt etwas, das euch überdauern wird.«
    Seit Joshua vor zwanzig Jahren von Reue zurückgekehrt war, hatten er und Miriam in jedem Frühling etwas angepflanzt. Dort, wo der Canyon parallel zum Bach verlief, wurde er von alten großen Bäumen gesäumt. Joshuas Großvater hatte sie gepflanzt. Unterhalb des Hauses befand sich ein Obstgarten, mit Apfel-, Kirsch- und Pflaumenbäumen, die viermal so hoch waren wie Joshua und sich im Frühling zu einem Blütenmeer entfalteten. Joshuas Vater hatte die Obstbäume gepflanzt. Dann kamen die Bäumchen, die Joshua selbst gesetzt hatte, junge Koniferen, die mit abnehmender Entfernung zu dem grünen Gürtel, den Joshua und Miriam angelegt hatten, immer kleiner wurden. Jenseits dieses Gürtels erstreckte sich das graue, flache Land: ausgetrockneter Boden, der vereinzelt mit dürren Sträuchern, Disteln und Dornbüschen bedeckt war und von der staubigen Straße durchschnitten wurde. Diese Straße führte zur Stadt und der Schule, eine Stadt von Heiligkeit und eine Schule von Heiligkeit. Rillibees Leute gehörten zwar nicht zu den Geheiligten, aber sie schickten ihn trotzdem auf diese Schule. Sie war am nächsten gelegen, und außer den Dingen, die Joshua und Miriam ihn lehrten, benötigte er auch eine Schulbildung. Die Schule befand sich nur eine Meile entfernt und war die meiste Zeit des Jahres leicht zu erreichen. Es kam zwar vor, daß sie im Winter für eine Woche eingeschneit waren, aber das geschah nur selten. Manchmal brachte Rillibee Schulkameraden mit nach Hause, aber das geschah auch nur selten. Die meisten hielten ihn für einen Sonderling.
    Die Eltern der anderen Kinder arbeiteten entweder zu Hause an

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