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Monströse Welten 1: Gras

Monströse Welten 1: Gras

Titel: Monströse Welten 1: Gras Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sheri S. Tepper
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Zimmer und beugte sich über den Tisch, um einzuschenken.
    Da war eine Blessur an Dads Nacken. Klein. So groß wie eine Erdnuß. Wie die Wunde an Moms Arm. Als Dad wieder in die Küche ging, wollte Rillibee Song darauf hinweisen, aber Song saß nur da, starr und stumm. Dann bemerkte er den Verband um ihre Hand und fragte sich, wie lange sie den schon trug, ohne daß es ihm aufgefallen war.
    Er stand auf, ohne das Päckchen aufzumachen und ging aus dem Haus, durch den Obstgarten zum Wäldchen, immer weiter, wobei die Bäume immer kümmerlicher wurden, bis er schließlich die Wüste erreichte…
     
    »Hast du sie jemals wiedergesehen?« fragte Bruder Mainoa.
    Daraufhin trat ein langes Schweigen ein. Rillibee schaute zum Fenster hinaus, mit leicht geöffnetem Mund und tränenüberströmtem Gesicht. »Ich habe in der Schule die Nerven verloren und irgend etwas geschrien. Als ich an jenem Abend nach Hause kam, war niemand da. Nur der Mann von Heiligkeit, der sagte, ich solle mitkommen. Ich würde Ministrant werden, sagte er. Über Miriam, Joshua und Song verloren sie kein Wort. Als ich mich erkundigte, hieß es, meine Leute seien schon vor langer Zeit gestorben; ich hätte es nur vergessen. Sie fragten mich nicht einmal, ob meine Familie zu den Geheiligten gehört hätte. Das war auch nicht der Fall. Ich bin heute noch keiner von ihnen.«
    Bruder Mainoa nippte an seiner Suppe und hieb gelegentlich auf einen Knopf, der immer wieder herauszuspringen drohte. »Bruder Lourai – wie klingt das?«
    »Wie?«
    »Nun, der Konsonant l steht für Langmut, und das r steht für Rigidität. Ich dachte, das charakterisiert dich ganz gut.«
    »Und was bedeutet das m in Mainoa?« fragte Rillibee müde. »Und das n?«
    »Resignation«, murmelte der andere.
    »Hast du ›Rebellion‹ gesagt?«
    »Schweig, Junge. Lourai ist ein guter Name. Du solltest dir nur mal die Zungenbrecher anhören, welche die Akzeptable Doktrin sich manchmal einfallen läßt. Fouyaisoa Sheefua. Und wie würde dir das gefallen? Foh-oo-yah-ee-soh-ah Shee-foo-ah. Oder Thoirae Yoa-nee. Ich glaube nicht, daß du dir einen solchen Wurm anhängen lassen möchtest. Lourai. Das genügt.«
    »Was ist denn die Akzeptable Doktrin?«
    »Akzeptable Doktrin?« gab Bruder Mainoa die Frage zurück. Er nahm die leeren Tassen und warf sie in den Recycler. »Nun, wenn du etwas älter gewesen wärst, bevor man dich nach Heiligkeit verschleppte, wüßtest du, was es mit dem Büro für Sicherheit und Akzeptable Doktrin auf sich hat. Hierbei handelt es sich um den Klüngel der Erleuchteten, die uns sagen, was wir glauben dürfen und was nicht und die auch dafür sorgen, daß wir ihre Gebote befolgen. Hier auf Gras werden sie vom Älteren Bruder Jhamless Zoe geleitet, mit dem Älteren Bruder Noazee Fuasoi als Vize.«
    »Wie die Hierophanten«, rief Rillibee. »Um Himmels willen, ich wünschte, ich könnte von hier verschwinden.«
    »Das kannst du auch. Tauch einfach im Grasland unter. Laß den Spaten fallen und geh. Niemand wird dich verfolgen. Ich hätte das schon oft tun können, aber ich war immer gespannt auf den nächsten Spatenstich und das nächste Mauerstück; also bin ich geblieben. Alles in allem bin ich ganz zufrieden. Du solltest dich auch mit den Gegebenheiten arrangieren. Verneige dich einfach und sage in beflissenem, demütigem Ton ›Ja, Älterer Bruder‹, und dann werden sie dich schon in Ruhe lassen.«
    »Wie kann man das nur mit sich machen lassen?« fragte Rillibee verächtlich. »Das ist doch unwürdig.«
    Bruder Mainoa nahm wieder an den Kontrollen Platz und überflog mit skeptischem Blick die Anzeigen und Knöpfe. »Nun gut, Junger Bruder Lourai, ich werde es dir sagen. Falls du mich zitieren solltest, werde ich alles dementieren; also versuch es erst gar nicht. Als erstes mußt du dir bewußt werden, daß die Scheißkerle sich irren. Insbesondere Jhamless und Fuasoi. Und zwar nicht nur ein bißchen, sondern grundlegend. Weder mit Worten noch mit Taten wirst du sie von diesem Irrtum abbringen. Sie sind zu ewigem Irrtum verdammt, weil es Gottes Wille ist. Kannst du mir folgen?«
    Rillibee nickte zweifelnd. Was auch immer er erwartet hatte, das jedenfalls nicht.
    »Und wenn du dann noch berücksichtigst, daß diese bekloppten Furzärsche ihre Macht über dich nur aufgrund eines kosmischen Rechenfehlers erlangt haben, gelangst du zwangsläufig nur zu einem Schluß.«
    »Und der wäre?«
    »Sich zu verneigen und in höflichem, demütigen Ton ›Ja, Älterer Bruder‹

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